Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
ruhig, Glut«, sagte jemand in mein Ohr. » Keine Sorge, Mädchen. Es ist alles vorbei.« Kelwyn Gilfeder. Die Art und Weise, wie er mich » Mädchen« nannte, hatte etwas außerordentlich Beruhigendes. Aber was bei allen seelenlosen Höllen machte er eigentlich hier?
Ich sah hoch, versuchte, alles in mich aufzunehmen, konnte es jedoch immer noch nicht verstehen. Wir waren umzingelt, aber nicht von Menschen, sondern von Ghemfen. Ghemfen. Nackten Ghemfen noch dazu, weshalb ich zuerst auch gar nicht begriffen hatte, wer diese Wesen waren. Das alles ergab keinen Sinn. Ich gab den Versuch auf, es verstehen zu wollen, und ließ mein Schwert fallen, während ich mich an Thors Seite auf die Knie sinken ließ. Er lebte. Ich nahm seine Hand und drückte sie, aber er schien nicht sprechen zu können.
Kelwyn kniete sich an die andere Seite und begann, ihn zu untersuchen. Ohne den Blick zu heben sagte er: » Jemand muss meine Arzttasche vom Floß holen.« Seine Stimme verströmte die Zuversicht eines Mannes, der es gewohnt war, dass man ihm gehorchte. Ich blinzelte. Gilfeder? Hier?
Jetzt sprach Thor; er flüsterte, und seine Stimme klang rau. » Hübsche Kette, Liebes. Was hast du zuerst gemacht, dich aufgehängt oder dir die Handgelenke aufgeschlitzt?«
Ich sah an mir herunter. Ich trug immer noch die Schlinge um meinen Hals. Ich riss sie weg und schleuderte sie zur Seite. An die Handgelenke dachte ich im Augenblick nicht; sie bluteten noch, aber nicht allzu schlimm.
Thor richtete seine Aufmerksamkeit jetzt auf Kelwyn. » Wir hatten abgemacht, dass Ihr Flamme folgt.«
Kletten und Krebse, dachte ich, die beiden waren zusammen hergekommen. Ich konnte mir nicht einmal annähernd eine Erklärung dafür zusammenreimen.
Der Hochländer antwortete – ziemlich geistesabwesend, wie ich fand: » Das tue ich noch, keine Sorge. Ruarth verfolgt in diesem Augenblick ihre Spur.«
Ich begriff, dass er sich im Moment sehr viel mehr Sorgen um Thor machte. » Rührt Euch nicht und schweigt lieber.« Er sah zu den Ghemfen hin und deutete auf die, die uns am nächsten standen. » Ihr drei da, besorgt etwas Wasser zum Kochen. Und ich brauche Alkohol und eine sauber ausgekochte Schüssel oder einen Eimer oder etwas Ähnliches. Schrubbt irgendeinen Tisch in einer der Küchen von einem dieser Häuser vollkommen sauber und wischt ihn mit kochendem Wasser ab. Und von euch anderen sollen sich einige um den Jungen in der Scheune kümmern. Und findet diese fünf Silbbegabten, die das Dorf weiter oben bewacht haben, und die vier, die am See waren, aber um Himmels willen, tötet sie nicht. Wir brauchen sie vielleicht noch.«
Ein Ghemf brachte ihm seine Tasche, und in bemerkenswert kurzer Zeit und mit der erstaunlichen Fähigkeit, sich in wenigen, präzisen Worten verständlich zu machen, hatte er sämtliche Ghemfe dazu gebracht, irgendetwas zu tun: die Leichen zu begraben, sich um die bewusstlosen Sklaven zu kümmern, jenen zu helfen, die sich erholten, oder die Silbmagier zu umstellen, die nicht getötet worden waren. Und während er Ratschläge erteilte und Befehle gab, kümmerte er sich um Thor. Der Patriarch hatte verschiedene Schnitt- und Stichwunden einstecken müssen. Er hatte viel Blut verloren und wurde immer wieder für kurze Zeit bewusstlos.
Ich war überflüssig. Gilfeder, der ganz in seinem Element war, hatte alles unter Kontrolle. Ich konnte es nicht ertragen, zuzusehen. Ich mühte mich auf die Beine und ging zur Scheune, um nachzusehen, wie es Dek ging.
Die Doppeltür stand weit offen, und Sonnenlicht strömte in die Scheune. Dek lehnte mit dem Rücken an einer Wand, während ein Ghemf ihm das Gesicht mit einem nassen Tuch abtupfte. Er sah schrecklich aus: Beide Augen waren geschwollen, die Lippe aufgeplatzt, und einer seiner Vorderzähne war abgebrochen und locker. Außerdem war seine Nase gebrochen, und so, wie er sich bewegte, vermutete ich, dass es auch einige Rippen erwischt hatte. Ich sah mich um und stellte fest, dass alle Silbmagier – darunter auch Selmarian und der Mann, den ich getreten hatte – offensichtlich tot waren. Domino stöhnte und rollte sich hin und her, während er sich den Bauch hielt. Bauchverletzungen waren, wie ich wusste, besonders schmerzhaft. Die Ghemfe brachten bereits die Toten weg, aber keiner von ihnen kümmerte sich um Domino.
Deks Gesicht hellte sich auf, als er mich sah, was keine geringe Leistung war, so mitgenommen, wie er aussah. » Oh, Euch geht’s gut! Sie ham gesagt, Ihr wärt hier,
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