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Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler

Titel: Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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kontrollieren konnte, was andere sahen, wenn sie ihnen Halluzinationen eingab? Dies waren Rätsel, die ich nur zu gern erforscht hätte. Sie entfesselten meine medizinische Neugier, meine Freude am Wissen an sich.
    Reyder war sowohl amüsiert als auch verzweifelt über meine Entschlossenheit zu beweisen, dass Magie nur ein natürliches Phänomen war, für das wir einfach noch keine Erklärung gefunden hatten. » Wie könnt Ihr, ein rational denkender Mensch, an Magie glauben?«, fragte ich ihn einmal, als ich meinerseits frustriert darüber war, dass er so bereitwillig und fraglos das Konzept akzeptierte, dass die Silbbegabung und die Dunkelmacht eine Basis aus Magie hatten.
    » Ihr vergesst«, sagte er und lächelte dabei leicht, » dass ich an die Macht Gottes glaube. Von diesem Glauben ist es kein großer Schritt zu dem Glauben an eine entgegengesetzte Kraft des Bösen und der Dunkelmagie. Und es ist auch kein großer Schritt zu der Überzeugung, dass Gott die Samen der Silbmacht und des Weißbewusstseins gepflanzt hat, um uns die Chance zu geben, die Dunkelmagie zu bekämpfen. Magie ist für mich nur ein Name, der für übernatürliche Kräfte steht; sie sind auf die gleiche Weise übernatürlich, wie Gott es ist. Glaubt an Gott, Gilfeder, und es wird nicht lange dauern, bis Ihr die Existenz von Magie als nicht erkennbare Macht ebenso anerkennt.«
    Ich seufzte. Es gab keine Möglichkeit, wie ich einer solchen Aussage begegnen konnte, denn wir benutzten nicht die gleiche Basis für unsere Behauptung. Ich brauchte einen Beweis, oder zumindest ein gewisses Maß an Wahrscheinlichkeit; alles, was er benötigte, war der Glaube.
    Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich den Mann heimlich zu bewundern begann, auch wenn ich ihn eigentlich nicht sehr mochte. Aber die Art und Weise, wie er gegen seine Dämonen ankämpfte, musste ich einfach anerkennen. Obwohl seine natürliche Reaktion auf das Gefühl, bedroht zu werden, darin bestand, zu kämpfen und zurückzuschlagen, unterdrückte er diesen Drang, weil sein Verstand ihm sagte, dass es einen besseren Weg gab. Unglücklicherweise hatten Glut und ich diese Gewaltbereitschaft unwissentlich genährt, als wir zugelassen hatten, dass die Macht der umgewandelten Silbmagier in seinen Körper strömen konnte. Und wir hatten ihm eine neue Schuld aufgeladen: den Preis, den wir bezahlt hatten, um sein Leben zu retten. Er stellte sich beiden neuen Dämonen entgegen, während wir über das Meer fuhren, und verbrachte viele Stunden zurückgezogen im stummen Gebet zu einem Gott, dessen Mitgefühl er nicht länger spüren konnte. Ich fragte mich, ob es half, denn seine Wut schwelte nach wie vor, war nur so gerade eben unter seiner Kontrolle. Ich glaube nicht, dass Glut das ganze Ausmaß seines Kampfes begriff – aber ich tat es. Ich roch die leichte Vergiftung durch Dunkelmagie, spürte seine Schuld und seine Qual wegen etwas, das er als Unwürdigkeit gegenüber dem Preis empfand, der für sein Leben gezahlt worden war. Für mich war die Fassade der Ruhe, die er der Welt zeigte, wirklich nur das: eine oberflächliche Hülle. Darunter wütete ein Aufruhr an Gefühlen, ein schwelender Mix aus Wut auf die Welt und Groll gegenüber uns beiden, die ihm das angetan hatten – und all das wurde genährt durch die Dunkelmagie.
    Dennoch versuchte er im täglichen Umgang mit uns die Fassade der Höflichkeit aufrechtzuerhalten. Es muss ihm gewaltige Mühe und Beherrschung abverlangt haben. Von Zeit zu Zeit versagte er, und seine Verbitterung zeigte sich in gezielten Sticheleien oder einfach nur in einer gewissen Kälte in seinem Verhalten. Vielleicht war es die Liebe zu Glut, die für das notwendige Gleichgewicht sorgte; ich konnte sie hin und wieder für kurze Momente in seinen sehnsüchtig blickenden Augen erkennen. Und doch musste er auch gegen diese Liebe ankämpfen, denn sie war ohne Zukunft. Das Einzige, was er nicht zurückweisen konnte – sein Glaube –, war genau das, was die beiden voneinander trennte.
    Und so erreichten wir Xolchas, drei Menschen, die mit unterschiedlichen persönlichen Dämonen zu kämpfen hatten, und die alle versuchten, mit einer gemeinsamen Schuld fertig zu werden: unserem Versagen, Flamme zu beschützen, sowie unserer Unfähigkeit, sie – zumindest bis jetzt – zu retten. Uns alle quälten das Entsetzen, das ihre gegenwärtige Lage in uns wachrief, wie auch das Wissen, dass sie zum Gegenteil ihrer selbst verzerrt worden und fortdauernder Erniedrigung und

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