Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
wissen beide, dass es nicht funktionieren würde. Und er hat jedes Recht, sich bei jemand anderem zu holen, was er braucht.«
» Ja«, pflichtete ich ihr bei.
» Was nicht leicht ist oder oft vorkommt, wenn man ein unverheirateter Patriarch ist und deshalb zölibatär leben sollte.«
» Ja, so is das wohl.«
» Und man sagt nicht ungestraft nein zu einem Inselherrn.«
» Nein, vermutlich nich.«
Sie gab ein verärgertes Fauchen von sich. » Oh, haltet den Mund, Ihr selberhütender Heide.« Sie schleuderte mit überraschender Kraft ein Kissen auf mich. Sucher folgte, sprang von ihrem Bett auf, um mich mit wedelndem Schwanz und sabbernder Begeisterung zu begrüßen.
» Wo bei allen Himmeln kommt denn der her?«, fragte ich, glücklich darüber, das Thema wechseln zu können.
» Oh, ich habe um ihn gebeten. Ich habe Xetiana erklärt, dass er keine Vögel jagt. Setzt Euch, Kel, und lasst mich erzählen, was morgen passieren wird. Und was Ihr werdet tun müssen.«
Ich kam ihrer Aufforderung nach, aber ich litt dennoch mit ihr mit.
Das Pfeilerrennen, so erfuhr ich, war eine jährliche Veranstaltung, an der jeder Pfeiler seine besten Sportler teilnehmen ließ. Die Strecke verlief über Xolchasturm und neun oder zehn der Inneren Pfeiler, die darum herum gruppiert waren. Jeder einzelne musste auf der Spitze überquert werden, und zwar in einer bestimmten Reihenfolge. Es gab Wettbewerbsordner, die dafür sorgten, dass die Regeln auch eingehalten wurden. Die Art und Weise, wie man von einem Pfeiler zum nächsten kam, war ziemlich festgelegt: Boote oder Seeponys waren nicht gestattet. Einige Pfeiler waren mit Seilbrücken verbunden, die hoch über dem Wasser hingen; andere standen vereinzelt oder waren zumindest nicht mit dem verbunden, der der nächste im Streckenverlauf gewesen wäre. In einem solchen Fall musste man schwimmen. Man konnte entweder den Weg hinunter zum Ozean nehmen, oder man konnte das Seilnetz benutzen, das von den Guano-Sammlern angelegt worden war, was meistens schneller ging, aber sehr viel gefährlicher war. Wenn man wirklich wusste, was man tat, kletterte man einen Teil des Weges nach unten und ließ sich dann mit dem Kopf oder den Füßen voran ins Wasser fallen. Wenn man die Höhe falsch einschätzte, konnte es allerdings sein, dass man beim Aufprall auf die Wasseroberfläche bewusstlos wurde und ertrank. Wenn man die Stelle falsch einschätzte, auf der man landen wollte, konnte es sein, dass man auf einen der zahlreichen Felsen prallte, die es um den Fuß eines jeden Pfeilers herum gab.
Für einen durchschnittlichen Schwimmer wie mich klang es nach sicherem Selbstmord, und das erklärte ich Glut auch, während wir zusammensaßen und das späte Abendessen einnahmen, das sie sich von einem Diener hatte aufs Zimmer bringen lassen.
» Niemand verlangt von Euch, dass Ihr teilnehmt«, sagte sie mit einem Grinsen. » Ich kann mir vorstellen, dass der durchschnittliche Bürger des Dachs von Mekaté so gut schwimmt wie ein schwanzloser Hummer.«
» So was in der Art«, stimmte ich ihr zu. Die Flüsse in der Himmelsebene waren selten mehr als knietief, und das Wasser war kalt.
Sie zeichnete mit Kreide einen groben Plan der Pfeiler auf eine Schieferplatte. (Die Gemächer von Xetiana schienen mit allem ausgestattet zu sein, das man möglicherweise brauchen konnte.) » Seht hier, auf der ersten Etappe der Reise schwimmt man von Xolchasturm zu dem Pfeiler, der als Nase bekannt ist. Danach klettert man zur Spitze der Nase hoch. Inzwischen hat sich die Reihe der Wettkampfteilnehmer bereits in die Länge gezogen. Sie überqueren den Pfeiler in Richtung Brücke, um so zum Zahn zu kommen, überqueren diesen und gelangen über eine weitere Brücke zum Mahlzahn. Überall unterwegs befinden sich Kontrollstellen, die dafür sorgen, dass niemand betrügt. Als Nächstes überquert man den Mahlzahn, klettert nach unten zum Wasser, schwimmt zur Klaue hinüber und klettert dort nach oben. Danach überquert man die Spitze, springt rüber zu irgendwelchen Basaltsäulen, die Schoten genannt werden. Man springt von einer Schote zur anderen – insgesamt sind es zehn Stück – und kehrt dann zur Klaue zurück, die man erneut überquert. Dann klettert man die Felswand runter und schwimmt zur Kralle …«
» Ihr seid wahnsinnig«, sagte ich.
» Ich? Wieso?«
» Weil Ihr das mal getan habt.«
Sie zuckte mit den Schultern. » Es hat ziemlich viel Spaß gemacht, um die Wahrheit zu sagen. Enttäuschend war nur, dass ich
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