Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
gerade durchmacht.«
» Wie könntet Ihr auch nur die leiseste Ahnung haben? Ich habe meine Frau getötet !«
Sie machte eine beschwichtigende Geste mit der Hand. » In Ordnung, ich habe nie einen Ehemann getötet. Noch nicht, heißt das. Aber ich habe Niamor getötet – einen Freund, einen Mann, den ich gemocht und geachtet habe, obwohl er ein Schurke war. Es ist erst … erst vor einem Monat passiert, auf Gorthen-Nehrung.«
Meine Verbitterung strömte jetzt über. » Na und? Ihr tragt ein Schwert, Frau! Zweifellos habt Ihr damit eine ganze Reihe von Leuten getötet! Ich vermute, Ihr habt ein richtiges Geschäft daraus gemacht!«
» Aber ich töte nie meine Freunde. Grundsätzlich nicht.«
Ihre Stimme zitterte, und ich war so überrascht, dass ich stehen blieb und sie ansah.
Sie nutzte die Gelegenheit, um sich weiter zu erklären. » Der Dunkelmeister hat ihn angegriffen und dafür gesorgt, dass er verrottete. Ich kann mir keine schlimmere Art zu sterben vorstellen. Er hat mich gebeten, ihn zu töten, also tat ich es.«
Zu meiner großen Verwunderung glaubte ich, eine Träne auf ihren Wimpern glitzern zu sehen. Bei der Schöpfung, diese beiden Frauen verblüfften mich jedes Mal aufs Neue, immer wenn ich gerade dachte, ich würde sie verstehen. Zuerst Flamme, von der ich geglaubt hatte, dass sie so weich war wie in der Sonne stehen gelassene Selberbutter, und die sich dann als die treibende Kraft hinter dem Plan erwiesen hatte, die Inseln von einem Mann zu befreien, der angeblich ein Dunkelmeister war, ein mächtiger, böser Zauberer. Und jetzt Glut, die ich als so hart wie Selberhorn eingeschätzt hatte und die Tränen wegen eines toten Freundes vergoss und sich genügend aus meiner Verzweiflung machte, um mir davon zu erzählen.
» Man kommt nicht leicht darüber hinweg«, sagte sie. » Und es ist auch nichts, das man je vergessen wird. Ich dachte, es könnte Euch helfen zu wissen, dass jemand Euch versteht.«
Ich war merkwürdig berührt. » Ja«, brachte ich schließlich hervor, um dankbar zu erscheinen.
Wir drehten uns um und begannen, wieder zurück zum Lager zu gehen.
» Danke auch für die Salbe für Sucher«, sagte sie. » Das war sehr nett von Euch. Es erstaunt mich, dass Ihr trotz Eurer eigenen Sorgen an so etwas denken könnt. Ihr seid ein bemerkenswerter Mann, Kelwyn.«
» Nein. Ich bin ein Heiler, das ist alles. Und dieses Tier hat ein Problem mit seiner Haut.«
» Trotzdem danke«, sagte sie, und dann rümpfte sie die Nase. » Was ist das für ein Geruch? Ich erinnere mich nicht, dass ich das vorher gerochen habe.«
» Mondblumen. Sie blühen nur in der Nacht und nur in Doppelmondmonaten. Der Geruch ist angeblich ein Aphrodisiakum, und daher beschließen Jungvermählte häufig, die Selber zu hüten, um auf diese Weise kleine Stellen mit Mondblumen zu finden, wo sie sich hinlegen können …« Ich brach verlegen ab. Es war nicht gerade ein Thema, über das ich mit ihr reden wollte.
Sie lachte. » Dann können wir nur hoffen, dass es nicht auch dort welche gibt, wo wir unser Lager aufgeschlagen haben.«
Ich lächelte. » Nein, dort konnte ich keine riechen. Ich vermute ohnehin, dass es sich mehr um einen Mythos als um medizinische Tatsachen handelt. Obwohl …«
» Obwohl was?«
» Sie haben eine interessante Art und Weise, sich fortzupflanzen. Kommt. Ich zeige es Euch.«
Ich folgte der Spur des stärksten Geruchs, stolperte unbeholfen durch die Düsternis, bis ich auf eine Stelle mit Mondblumen stieß, die die Spitze eines Hügels wie Schnee bedeckten. Eine leichte Brise wehte hier und sandte den Geruch durch die Luft – ideale Bedingungen für den Befruchtungsprozess. Die weiblichen Blumen mit ihren cremefarbenen, durchscheinenden Blütenblättern, die wie Segel im Wind standen, waren die größten; um ihre Füße wuchsen zu Tausenden die winzigen weißen männlichen Blumen, die die niedrigen Büsche bedeckten und einfach nur zuzusehen und zu warten schienen.
» Sie sind hübsch«, sagte Glut, » wenn der Geruch auch ziemlich überwältigend ist.«
» Seht nur«, sagte ich.
Ein Windstoß verfing sich an einer der weiblichen Blüten, und sie löste sich von der Mutterpflanze, wobei die Duftdrüsen weit geöffnet wurden. Der Wind wehte sie hoch durch die Luft, während der Geruch stärker wurde. Als Antwort darauf sprangen Hunderte von männlichen Blumen in die Luft, die der Duft in Bewegung gesetzt hatte.
Ein Sturm aus weißen Blütenblättern wirbelte durch die Luft. Eine ganze
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