Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
schwer, gleichgültig gegenüber dieser vollkommenen Entweihung zu bleiben, wo doch das Ergebnis wie ein ausgebreitetes Stück getrocknete Kälberhaut vor uns lag.
» Was ist los?«, fragte Glut, als wir schließlich am nächsten Tag diese Ödnis durchquerten. Wir folgten einem unbefestigten Weg, der vom Fuß des Steilhangs zur Stadt führte. » Was beunruhigt Euch?«
» Die Minen«, erwiderte ich angespannt. » Habt Ihr eine Ahnung, was sie alles getötet haben, damit es hier so aussieht?« Ich deutete mit der Hand über das Sandmeer, das hier und da von kleinen Teichen aus totem Wasser gesprenkelt war.
» Der Tod von Pflanzen beunruhigt Euch?«, fragte sie irritiert.
» Richtig. Jede einzelne Pflanze war einmal voller Leben. Das is alles weg.«
Sie sah mich verständnislos an und rang mit der Vorstellung, dass jemand sich über etwas aufregen konnte, das nicht-empfindungsfähigem Leben zustieß. » Spielt es eine Rolle?«, fragte sie schließlich.
» Die Zerstörung von Leben und Schönheit spielt immer eine Rolle«, sagte ich.
» Wir brauchen das Zinn.«
» Meine Leute brauchen kein Zinn.«
» Nicht alle können so leben wie die Hochländer.« Sie brach ab, als ihr die unbeabsichtigte Grausamkeit bewusst wurde. Jastriá. » Es tut mir leid. Es gibt keine einfachen Antworten, Gilfeder.«
» Ich würde sagen, ohne Wald ist es heißer«, mischte sich Flamme beschwichtigend ein. » Viel heißer als in der Umgebung von Mekatéhaven, wo es noch mehr Bäume gibt. Wie weit ist es bis zu diesem Lekenbraig?«
» Zu Fuß noch einen Tag«, antwortete ich.
» Und dann?«
» Dann kaufen wir uns Fahrkarten für das Postschiff nach Porth.«
» Wie lange werden wir wohl warten müssen?«
» Ich schätze, das is Glückssache. Zwischen Porth und Lekenbraig wird einiger Handel getrieben, daher fahren ständig Kaufleute hin und her. Der Punkt is allerdings eher, was passieren wird, wenn diejenigen, die hinter uns her sind, auch hier unten auftauchen. Und das werden sie ganz bestimmt, wenn sie erst begreifen, dass wir das Dach von Mekaté verlassen haben. Sie könnten uns aufstöbern, während wir auf das Boot warten.«
Ich hatte versucht, darauf zu bestehen, dass wir uns etwas unauffälliger machten. Ich trug Garwins unscheinbare und geflickte Reisekleidung. Meine roten Haare hatte ich mit der Flüssigkeit der Keth-Beeren – die gewöhnlich dazu benutzt wurde, um Muster auf das Steinzeug in den Dörfern der Himmelsebene zu malen – braun gefärbt, und ich hatte mir auch den Bart abrasiert, aber gegen die rötlichen Sommersprossen auf meiner Haut konnte ich nichts tun. Sommersprossen zu haben war etwas, das einfach dazugehörte, wenn man Hochländer war. Flamme hatte ihre goldenen Haare gehorsam unter einem Schal versteckt und und trug ihr Hemd jetzt ungegürtet – als könnte dies ihre Vorzüge verbergen. Was allerdings Gluts Größe und ihr Schwertgehenk betraf, gab es nichts, das sie tun konnte, um es zu verstecken. Sie weigerte sich rundweg, ihr Schwert und das Gehenk in ihren Umhang zu wickeln; als ich dies vorschlug, fauchte sie mich an. Ich vermute, dass sie aus der Ferne gut als Mann durchgegangen wäre, was Sucher noch unterstützte, denn er war ganz und gar nicht die Art Hund, den eine Frau sich gewöhnlich als Schoßtier hielt.
Beide wandten ein, dass es eigentlich gar keinen Grund für all diese Vorsichtsmaßnahmen gab, da doch ein paar Illusionen den gleichen Zweck erfüllen würden. Ich ging jedoch nicht darauf ein. Und ich reagierte auch nicht, als sie einen erheiterten Blick wechselten. Schwerer war es, das plötzliche Wiederauftauchen dieses süßlichen Geruchs zu ignorieren, der immer dann um Flamme herumwehte, wenn wir jemandem begegneten.
Wir stapften weiter durch die Hitze und den grellen Sand, bedauerten immer mal wieder, dass wir unsere Selber nicht hatten mitnehmen können. Gegen Mittag blieben wir bei einem der Teiche stehen, um uns etwas auszuruhen; wir konnten froh sein, dass wir einen der verstreuten Bäume gefunden hatten, die etwas Schatten boten. » In einem hattet Ihr recht, Gilfeder«, sagte Glut, als sie sich auf dem Sandboden am Rand des Wassers ausstreckte. » Dieser Ort ist so schrecklich wie verdorrte Gebeine. Er erinnert mich an Gorthen-Nehrung. Glaubt Ihr, man kann dieses Wasser trinken?«
Sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern trank einfach. Wir hatten keinerlei Brennstoff, um es zu kochen, und wir waren alle durstig. Als sie sich danach mit tropfendem Kinn wieder
Weitere Kostenlose Bücher