Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
ich ihm zuwarf, muss meine Skepsis verraten haben, denn er fügte hinzu: » Ich weiß, dass es… bizarr klingt.«
» Das tut es. Die Silbmagie einfangen?«
» Wir haben eine andere Sicht auf die Magie als Ihr. Ihr könnt sie geschehen lassen und wisst, was sie tut, aber Menschen mit Weißbewusstsein können sie sehen. Und riechen. Gilfeder… nun, Gilfeder riecht sie auch. Wir wissen daher beide, dass sie eine Ausdehnung hat. Eine messbare Wirklichkeit ist.«
» Und Ihr wollt sie also messen?«
» Ja. Wir wollen sie… sammeln.«
Das machte mich augenblicklich argwöhnisch. » Damit Ihr sie selbst benutzen könnt?«
Der Abscheu auf seinem Gesicht kam so spontan und eindringlich, dass ich wusste, dass ich alles Mögliche getroffen haben mochte, nur nicht die Wahrheit. » Nein. Wir wollen sie verstehen. Verstehen, was sie ist.«
» Aber wieso, wenn nicht, um sie zu benutzen?«
Er lächelte leicht. » Nun, wir würden es vorziehen, direkt mit Dunkelmagie zu arbeiten, aber wir konnten nirgends einen Dunkelmagier finden, der so entgegenkommend war wie Elarn Jaydon. Also müssen wir irgendwie damit klarkommen. Wir glauben, wenn wir die Dunkelmagie verstehen, werden wir sie auch besiegen können. Oder heilen. Es ist ein edles Ziel, wie Ihr sicher zugeben werdet.«
Ich dachte überrascht: Er ist ein Zyniker. Er glaubt nicht, dass er irgendwie edel ist. Das war seltsam; ich hatte immer gedacht, dass ein starker Glaube gewöhnlich nicht im Innern eines zynischen Wesens genährt werden könnte. Und ganz tief in mir drin war ich immer noch überzeugt davon, dass es da etwas gab, das er mir nicht sagen wollte. Und ich spürte das Prickeln eines gewissen Widerwillens. Wenn seine Forschungen ihn in die Lage versetzten, Silbmagie zu verstehen, konnte er dieses Wissen auch gegen Silben einsetzen. Ich erinnerte mich an die Frage, die er mir gestellt hatte: Wenn Ihr Euch von der Silbmagie befreien könntet, würdet Ihr das tun?
Er musste meine Zweifel gesehen haben, denn er fügte erklärend hinzu: » Wir haben eine gemeinsame Freundin, Gilfeder und ich. Sie ist eine Silbin, die durch Dunkelmagie vergiftet wurde. Ein Dunkelmeister hat sie umgewandelt. Wir möchten ein Heilmittel für sie finden.«
Das erklärte es nur zu gut. Nur– wieso glaubte ich dann kein Wort davon? Ich nahm mir vor, irgendwann die ganze Geschichte auszugraben. » Also, was soll ich für Euch tun?«, fragte ich.
» Erschafft zunächst einmal ein paar einfache Illusionen. Während Ihr das tut, möchten wir gern Proben nehmen, von Eurem Schweiß, Eurem Atem, Eurem Speichel, Eurem Urin. Das ist zunächst einmal alles. Vielleicht möchte Gilfeder später auch ein paar Blutstropfen haben.«
Es kam mir ziemlich einfach vor, und so machten wir uns an die Arbeit.
Sie arbeiteten hart, die beiden, das musste ich ihnen lassen. Und dann musste Reyder sich auch noch seinen Pflichten als Menode widmen, und Gilfeder war ständig zu schwangeren Frauen und Entbindungen unterwegs. Zuerst dachte ich, diese Tätigkeiten hätten mit der Arbeit an der Magie gar nichts zu tun, aber ich wurde schnell eines Besseren belehrt. Gilfeder half bei der Geburt von Kindern, deren Mütter Weißbewusstsein besaßen, und er nahm von dem, was er Nachgeburt nannte, Proben für seine Forschung. Ich wusste noch nicht einmal so richtig, was eine Nachgeburt war, bis er eine mitbrachte und es mir erklärte. Er grübelte über etwas, das– soweit es mich betraf– so attraktiv war wie eine rohe Leber, während er mir einen Vortrag über fötale Ernährung hielt. Bei Gilfeder genügten schon ein interessierter Blick und ein paar intelligente Fragen, um ihn zum Reden zu bringen, wie ich herausfand. Offenbar ging er der Frage nach, ob das Weißbewusstsein zusammen mit den Nährstoffen von der Mutter auf das Kind übertragen wurde. Es kam mir alles ziemlich verrückt vor.
Ich erzählte natürlich Jesenda, was ich tat. Ich erzählte ihr alles, aber sie verstand genauso wenig, worauf sie aus waren. Wir diskutierten es, und sie ermutigte mich, mehr herauszufinden und mir ihr Vertrauen zu verdienen. Ich war bereit, das zu tun, aber sie waren nicht gerade entgegenkommend.
Beide Männer hatten Geheimnisse, davon war ich überzeugt. Reyder schien übermäßig viel Zeit mit Beten zu verbringen, selbst für einen Patriarchen. Manchmal erinnerte er mich an einen Mann, der einen überwältigenden Verlust erlitten hatte und nicht darüber hinwegkam. Hin und wieder sah ich ihn, wie er mit einem Ausdruck
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