Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
wurde, die letztendlich nur ihr gegenüber verantwortlich waren.
Doch glücklicherweise waren die Dinge nicht ganz so einfach. Ein Teil der Korrespondenz, die ich las, verriet eindeutig, dass die Herstellung von Schwarzpulver und Kanonen längst nicht so gradlinig verlief, wie Lyssal sich das vorgestellt hatte. Salpeter musste durch Prozesse verfeinert werden, von denen niemand auf Breth etwas verstand. Schwarzpulver war instabil, und das hatte oft üble Folgen, wenn es falsch behandelt wurde. Kanonen explodierten manchmal, wenn sie abgefeuert wurden. Es war kein Wunder, dass Lyssal sich schließlich dem leichteren Weg zuwandte, Wahrer-Arbeiter zu bestechen, um ihr Ziel zu erreichen. Nach allem, was ich herausfand, war allerdings nicht einmal das so leicht, wie Lyssal gedacht hatte. Die Wahrer neigten zur Loyalität ihrem Inselreich gegenüber. Das Ausmaß der Vision der Brethherrin war beängstigend, aber die Entwicklung hielt nicht Schritt mit ihrem Traum als Dunkelmagierin.
Im Büro des Registrars von Breth konnte ich auch sehen, welche Grundlagen sie geschaffen hatte, um die Kosten ihrer Pläne zu decken. Angefangen hatte es damit, dass sie die Vermögenswerte von Hauptberater Ikaan und seiner gesamten Großfamilie durch das Nationale Schatzamt hatte einziehen lassen, wozu auch Grundbesitz gehörte, der sich über das gesamte Inselreich Breth von Yebaan bis zur Atis-Küste erstreckte, und außerdem noch eine Schiffsflotte. Dann fing sie an, systematisch andere reiche Familien ins Visier zu nehmen– allerdings keine brethianischen. Sie wählte Ausländer aus, die in Breth lebten, in dem Wissen, dass sie weniger Einwände erheben würden, wenn ihr Eigentum im Namen des Basteiherrn unter dem einen oder anderen erfundenen Vorwand beschlagnahmt wurde. Und brethianische Kaufmannshäuser lernten schnell; sie wussten jetzt, dass sie nur einen im Ausland geborenen Mitbewerber in Verruf bringen mussten, und er war nicht mehr länger ihr Mitbewerber. Als die Kaufleute und Händler glücklich waren, begann sie, ihre Steuern zu erhöhen.
Während ich mehr und mehr begriff, was in Breth vor sich ging, und mir dann klarmachte, dass Lyssal erst seit ein paar Wochen in diesem Inselreich war, schrumpfte jede Hoffnung in mir zu Nichts zusammen. Sie war nicht Morthred; ihr lag nichts daran, andere zu quälen oder zu vergewaltigen oder auch nur nach Lust und Laune zu töten. Nichtsdestotrotz tat sie, was sie tat, völlig gewissenlos. Und ich hielt es für unwahrscheinlich, dass sie, selbst wenn es uns gelingen sollte, sie zu retten und wieder zu dem Menschen zu machen, der sie einmal gewesen war, sich das alles jemals würde vergeben können.
Eines Nachts etwa vier Wochen, nachdem die ersten Silben eingetroffen waren, ging ich in die Büroräume des neuen Sekurias, um herauszufinden, wie viele Silbbegabte sich unten in den Zellen befanden. Ich hatte eine Laterne bei mir, die ich auf den Tisch stellte, während ich mich umsah. Ich war immer noch mit Suchen beschäftigt, als ich ein Klicken hörte. Mein Kopf zuckte hoch. Jemand versuchte, das Schloss öffnen, um in den Raum zu gelangen.
In einem Anfall von Panik breitete ich die Arme aus und versuchte, mich in die Lüfte zu erheben, aber ich schaffte es nicht, den Boden zu verlassen. Ich stürzte nur auf den Tisch und musste meine Gliedmaßen wieder auseinandersortieren. Schließlich gelang es mir, etwas Sinnvolles zu tun: Ich blies die Kerze aus und lief zu dem einzigen Ort, an dem ich vielleicht unbemerkt bleiben würde. Wie bei allen Palastzimmern gab es auch hier über die gesamte Zimmerbreite sich erstreckende Türen mit Holzlamellen, von denen aus man auf den Balkon kam. Ich trat nach draußen, schloss die Türen hinter mir und drückte mich flach an die Wand. Für diejenigen, die im Zimmer waren, würde ich unsichtbar sein, aber wer nach draußen trat, würde mich sofort sehen. Ich stand da und wünschte mir meine Flügel zurück. Ich schwitzte, was noch etwas war, an das ich mich noch nicht richtig gewöhnt hatte.
Einen oder zwei Augenblicke später hörte ich Stimmengemurmel. Es waren mindestens zwei Personen, aber ich konnte nicht ganz verstehen, was sie sagten. Gedämpftes, bläuliches Licht fiel durch die Lamellen der Tür nach draußen. Silblicht.
Ich blieb, wo ich war.
Als niemand auch nur das leiseste Interesse daran zu haben schien, auf den Balkon hinauszutreten, wagte ich es, mich etwas näher an die Tür heranzuschieben, um einen Blick durch die Lamellen zu
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