Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Mekaté.«
Ich lief hinter Gilfeder her. » Woher wusstet Ihr das?«, bohrte ich nach. » Woher wusstet Ihr, dass das Postschiff eingetroffen ist? Woher wusstet Ihr, dass er an Bord ist?«
» Junge, es gibt einige Geheimnisse, die ich Euch nich so einfach erzählen kann. Ich hab ihm nen Brief geschrieben und ihn gebeten, herzukommen, denn er is ein sehr guter Mann, wenn es um Kräuter und Arzneien geht. Es gibt keinen Besseren. Wir dachten, er könnte uns helfen.«
Ich wollte Einwände erheben und sagen, dass er unmöglich gewusst haben konnte, dass das Schiff am Eingang der Rinne war, und dass er auch unmöglich wissen konnte, ob sein Onkel an Bord war, aber er hob die Hand und kam einer Frage zuvor. » Nein, Junge, sag nichts. Denn dann wäre ich gezwungen, etwas sehr Albernes zu sagen, wie zum Beispiel, dass mein Onkel so kräftig riecht wie ein vom Regen nasses Selber.«
Ich fühlte mich verletzt. Er vertraute mir nicht, und das schmerzte– vielleicht, weil ich tief in meinem Innern die Weisheit dieses Misstrauens erkannte. Ich war nicht vertrauenswürdig. Was immer er mir sagte, ich hätte es an Jesenda weitergegeben. Ich wusste es, aber ich konnte keine Niedertracht darin sehen. Ich war gut darin, meine Handlungen zu rechtfertigen: All das geschah zum Wohle der Wahrer-Inseln. Um den Silben zu helfen. Wie auch immer, Reyder und Gilfeder waren mir gegenüber nicht ehrlich gewesen, also warum sollte ich ehrlich ihnen gegenüber sein?
Ich war erst zwanzig, vergesst das nicht, in vielerlei Hinsicht gewieft, aber es mangelte mir trotzdem an Weisheit.
Es stimmte, was Kelwyn Gilfeder gesagt hatte: verglichen mit seinem Onkel wirkte er normal.
Garwins graumelierte Haare und sein Bart waren noch wilder, sein Tagaird hüllte ihn ein wie eine Decke, die man um einen schiffbrüchigen Seemann wickelte, und sein Akzent war so stark, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Abgesehen davon war da etwas eindeutig Unheimliches an vielem, was er sagte. Er sah mich von oben bis unten an, als Kelwyn uns auf dem Kai vorstellte, und sagte: » Hmmf. Risikosucht is ne gefährliche Art und Weise, sein Leben zu verbringen, Junge.« Eine Woge der Angst ging zitternd durch mich hindurch, was seinen Kopf herumfahren ließ. Er sah mich wieder an. » Wunden Punkt getroffen, wie?«
Ich wurde rot, und zwar aus Scham, nicht aus Verlegenheit. Woher wusste er das? Wie konnte er so etwas nur wissen?
Seine Hauptaufmerksamkeit galt allerdings Kelwyn und nicht mir. » Deine Familie befindet sich bei bester Gesundheit, Junge«, sagte er. » Zumindest bei so guter Gesundheit, wie man das erwarten kann. Jaim und Tess erwarten bereits nen Knirps, was deine Mutter veranlasst hat, nach vorn zu schauen und nich zurück. Dein Vater… na ja, er hat aufgegeben, weißt du. Deine Großmutter, nun, vielleicht hat sie es am besten aufgenommen. Sie is ne ganz Große, meine Mutter. Schickt dir ihre Liebe und lässt dir sagen, dass › jene, die sagen, du musst in die Fußstapfen derjenigen treten, die vor dir gingen, die Schuhe eines anderen Mannes tragen ‹ . Du wirst sicher ne Weile darüber nachdenken müssen, um das zu verstehen.«
Kelwyn lachte. » Ah«, sagte er. » Es tut meiner Seele so gut, dich zu sehen, Onkel.«
» Ja, das mag sein, aber jetzt bist du dran. Was is mit den beiden Mädchen passiert? Und wie bist du hier gelandet, wo ich dir doch gesagt habe, dass du nach Breth gehen sollst?«
Kelwyn warf mir einen Blick zu und sagte: » Das is ne lange Geschichte, Onkel. Belassen wir’s im Augenblick dabei, dass Flamme schwanger mit Morthreds Kind is. Und wir glauben, dass sie durch das Kind vergiftet wurde. Der Patriarch Thor Reyder, von dem ich dir geschrieben habe– er und ich suchen nach nem Heilmittel.«
» Ah.« Garwin fuhr sich mit den Fingern durch seine wilden Haare. » Da hast du dir keine einfache Aufgabe vorgenommen.«
» Ja, ich weiß. Und wir brauchen deine Hilfe. Glücklicherweise gibt’s auch gute Neuigkeiten. Zwei Menodinnen, beides Silbbegabte, haben mir gestattet, ihre Kinder auf die Welt zu holen. Sie halten nich viel von Silbmagie.«
Sie begannen, über Einzelheiten der menschlichen Anatomie und die Übertragung von Krankheiten zu reden, und ich konnte ihnen schon nach ein, zwei Minuten nicht mehr folgen. Ich trottete hinter ihnen den Berg hinauf und fragte mich, wer wohl Flamme war.
Nachdem er sich in einem Zimmer in der Synode eingerichtet hatte, kam Garwin Gilfeder zu uns ins Labor, wo er sich daran machte, sämtliche
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