Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
verirrt hat und nach seiner Mutter jammert– er hat überhaupt nicht begriffen, was da eigentlich vor sich geht. Ich habe ihm einen Vertrag unter die Nase gehalten, auf dessen Basis wir unraffinierten Salpeter kaufen, und er hat wie ein Baby unterschrieben, noch dazu zu einem Preis, der meinen Vater glauben lässt, die Sonne scheint in meinem Lächeln. Ich habe die Gerechtigkeit und die Stolz losgeschickt, um die erste Lieferung in Kovo abzuholen, während ich das Xolchas-Schiff verfolgt habe. Unglücklicherweise habe ich es in der zweiten Nacht verloren. Ich bin bis Xolchasturm weitergesegelt, habe das Schiff aber auch dort nicht gefunden. Es könnte immer noch unterwegs hierher sein, schätze ich. Ihr Kahn ist nichts, verglichen mit einem Schiff unserer Flotte. Aber vielleicht hat dieses Dunkelmagie-Miststück sie auch mit ihrer abartigen Magie in die Luft gejagt.« Sie trommelte immer noch ungeduldig mit den Fingern auf die Stuhllehne. » Während ich in Xolchaspfeiler darauf gewartet habe, dass die Stolz und die Gerechtigkeit mich einholen, habe ich Lord Xetiana befragt und die ganze Geschichte über Morthreds Tod gehört. Hast du gewusst, dass es Kelwyn Gilfeder war, der den Dunkelmeister getötet hat? Glut und Reyder steckten aber auch bis zum Hals in der Sache drin und haben mit ihm zusammengearbeitet.«
Ich schnappte nach Luft. Kelwyn hatte Morthred getötet? Den Dunkelmeister, der ein ganzes Inselreich versenkt hatte? Der Gedanke war einfach zu bizarr. Irgendwie kam mir die ganze Geschichte sehr bizarr vor. » Willst du Glut wirklich wegen Mordes anklagen?«, fragte ich. Der Gedanke störte mich, weniger wegen Glut, sondern eher wegen der Vorstellung, wie sehr ihr Tod Kelwyn aufregen würde. In diesem Moment begriff ich mit einiger Überraschung, dass ich den Mann tatsächlich mochte.
» Natürlich!«, erwiderte Jesenda. » Sie hat den Wissenden getötet, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
» Du hast sie zu dem Zeitpunkt angegriffen.«
» Sie hat die Flucht einer Dunkelmagierin ermöglicht, die früher einmal das Burgfräulein war.«
» Du musst dich entscheiden– vorhin hast du Reyder noch gesagt, dass sie die Brethherrin entführt und den Erben von Breth getötet hätte.«
» Was spielt diese kleine Verschiebung für eine Rolle? Wichtig ist, dass sie verurteilt und aufgehangen wird… aufgehängt, wie sie es verdient hat.«
Ich runzelte die Stirn. Etwas an Jesendas leidenschaftlicher Ablehnung dieser Frau bereitete mir Unbehagen. Es wirkte beinahe krankhaft. » Hat sie es denn verdient? Mir kommt es so vor, als wenn sie entweder einen Dunkelmagier getötet hätte– das Baby– oder versucht hätte, die Erbin eines Inselreichs zur Heilung hierherzubringen. Beides kommt mir nicht gerade wie ein Verbrechen vor.«
» Sie hat einen meiner Männer getötet!« Dann verflog ihr Ärger schlagartig, und sie fügte wie beiläufig hinzu: » Möchtest du sie sehen? Die große Glut Halbblut ist bei weitem nicht so groß, jetzt, da sie im Schiffsbunker in Ketten liegt. Ich gehe ab und zu zu ihr runter. Sie stinkt.«
» Nein, danke«, sagte ich. Ich hatte nicht den Wunsch, Gluts Demütigung mitzuerleben.
» Wie du möchtest, Elarn. Erzähle mir, was in der Zwischenzeit mit Reyder und Gilfeder passiert ist.«
Ich schluckte meine Ungeduld hinunter und schob meine Gedanken daran, mit ihr ins Bett zu gehen, weg, während ich ihr stattdessen eine Zusammenfassung der Ereignisse gab. Ich versuchte, sachlich zu klingen, als ich den Tod der sieben Menoden-Silben beschrieb. Sie wirkte ganz und gar nicht beunruhigt, und sie schien auch nicht daran zu zweifeln, wer die Todesfälle verursacht hatte. » Varden?«, fragte sie. » Ich kenne ihn. Sehr gut im Umgang mit Giften, hat mein Vater mir einmal gesagt. Schlau von Vater, an ihn zu denken.« Ich stellte fest, dass ich ihr nicht ins Gesicht sehen konnte, und fuhr mit meiner Geschichte rasch fort.
Als ich geendet hatte, lachte sie. Es war ein volles, kehliges Lachen der Anerkennung, und dann klatschte sie in die Hände. » Das ist wundervoll! Elarn, du bist nicht nur der größte Silbmagier, den es je gegeben hat, sondern auch noch richtig schlau.« Sie küsste mich auf den Mund, und dann sagte sie: » All ihre Pläne sind zunichtegemacht. Sie sitzen da und haben den Erfolg vor sich stehen, in ihren kleinen Flaschen mit dem Heilmittel, und sie wissen es einfach nicht– sie könnten die Silbbegabten vom Angesicht der Erde verschwinden lassen und ahnen es nicht.«
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