Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
hatte.
Als ich die Herz der Wahrer erreichte, war der Tenkor-Lotse an Bord, und das Schiff hatte bereits den Anker eingeholt. Ich musste eine Strickleiter hinaufklettern, die man über die Bordwand geworfen hatte, während das Schiff krängte und die Segel sich entfalteten und den ersten Wind einfingen. Seeleute zogen den Gezeitengleiter an Bord, ohne sich besonders um seine Oberfläche zu kümmern. Ein Matrose salutierte, als ich an Bord kam, und führte mich direkt zu Jesendas Kabine.
Als ich eintrat und sie sich zu mir umdrehte, sah ich, dass sie immer noch ziemlich wütend war. » Gott, ich könnte den Mann töten! Diesen Südinsel-Emporkömmling! Was glaubt er eigentlich, wer er ist?«
» Der nächste Hohepatriarch, nehme ich an. Und er ist es wohl kaum gewohnt, der Mitverschwörung bei einem tödlichen Angriff auf Agenten der Wahrer beschuldigt zu werden. Was im Namen aller Meere hast du dir nur dabei gedacht, Jes?« Ich wollte sie in die Arme nehmen und dann mit ihr im Bett versinken, aber selbst ich war weise genug, um erkennen zu können, dass mich das nirgendwo hinbringen würde.
» Ich wollte ihm eine Warnung verpassen«, sagte sie. » Vater hat mir erzählt, dass Reyder vorhatte, Glut als seine Mätresse zu halten, als sie Gorthen-Hafen verlassen haben. Der Mann ist anscheinend völlig vernarrt in diese Frau. Glut hat Flamme damals von der Herz der Wahrer befreit– also muss Reyder auch darin verwickelt gewesen sein, was Vater nur nicht beweisen konnte. Dann sind sie gemeinsam auf Xolchaspfeiler aufgetaucht. Was immer Glut getan hat, Reyder muss es gewusst und seine Zustimmung dazu gegeben haben.«
Einen Moment lang war ich so schockiert, dass ich schwieg. Dass Reyder sich zu Glut hingezogen fühlte, war eine Sache, aber dass er ihr Liebhaber sein sollte? Und gemeinsam mit ihr gegen Dasrick und die Wahrer-Interessen vorgehen sollte? Es war alles etwas zu viel für mich. Zuallererst einmal kamen sie mir als Paar ziemlich ungleich vor, und Reyder stand im Begriff, Hohepatriarch zu werden. Ein solcher Mann sollte, nun, sowohl tugendhaft als auch umsichtig sein. Ich sagte langsam: » Er hat jedenfalls in einem recht: Er kann kaum gewusst haben, dass du in Brethbastei auftauchen würdest. Was ist dort eigentlich passiert?«
» Das Miststück hat sich mit den anderen im Zimmer der Brethherrin verbarrikadiert, während die Frau das Kind geboren hat. Dann haben sie sie heimlich weggeschafft. Das Kind wurde getötet.«
» War es wirklich Morthreds Sohn? Hatte es Dunkelmagie?«
» Woher soll ich das wissen? Als wir die Tür endlich aufbrachen, war es schon tot. Der Basteiherr behauptet weiterhin, dass es sein Kind gewesen wäre– dass er mit Lyssal in Cirkase geschlafen hätte, aber ich glaube nicht, dass das wahr gewesen sein kann. Also ja, wahrscheinlich war es von Dunkelmagie besessen.«
» Und was ist dann passiert?«
Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen. » Glut ist zurückgeblieben, um den anderen die Flucht zu ermöglichen; zumindest dachte ich das. Der Basteiherr und sein Hof, sogar die Wachen, waren so verflucht in Dunkelmagie eingehüllt, dass sie nicht viel genützt haben, also habe ich den Befehl übernommen. Wir konnten eine der Türen einschlagen und fanden nur noch Glut vor, die das verdammte Schwert geschwungen hat. Möge der Graben das Miststück holen, aber sie ist gut.« Ihre Finger trommelten auf den Stuhllehnen herum. » Ihr eigentliches Ziel bestand darin, den Wissenden zu töten. Danach hatte ich niemanden mehr, der mir sagen konnte, wohin die anderen gegangen waren, niemanden, der Lyssals Spur folgen konnte. Sie konnten entkommen– und sind es auch.«
» Lyssal ist entkommen? Aber was ist mit ihr geschehen? Reyder und Kelwyn Gilfeder haben damit gerechnet, dass sie hier auftaucht, aber das ist nicht passiert.«
» Ein Schiff hat den Hafen verlassen, eines aus Xolchas. Als ich Lyssal nirgends finden konnte, kam ich zu dem Schluss, dass sie an Bord dieses Schiffes gewesen sein musste, aber da war es bereits zu spät. Sie ist irgendwo auf Xolchas, vermute ich. Auch wenn ich Xetiana, diese verfluchte Schabracke, nicht dazu bringen konnte, es zuzugeben.« Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. » Tut mir leid, ich bin nicht ich selbst. Ich sollte nicht so wütend sein, vermute ich. Die Reise war schließlich kein totaler Reinfall.« Sie brachte ein Lächeln zustande.
» Was ist passiert?«, fragte ich.
» Der Basteiherr von Breth war wie ein kleines Kind, das sich
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