Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Reyder blieb noch; er lehnte an einem der Eckpfosten des Turms, hatte die Arme vor dem Oberkörper verschränkt und machte ein so beunruhigtes Gesicht, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte.
» Wie geht es ihr heute Morgen?«, fragte ich, als die anderen außer Hörweite waren.
» Sie ist immer noch ruhiggestellt«, sage er. » Deshalb ist es schwer zu sagen. Es scheint bis jetzt keine Probleme zu geben.« Er schüttelte den Kopf. » Arme Flamme. Sie hat ein solches Schicksal nicht verdient.«
» Von der Dunkelmagie umgewandelt zu werden? Niemand hat so etwas verdient.« Ich zitterte. » Und dennoch…« Ich holte tief Luft und nahm meinen ganzen Mut zusammen. Ich musste etwas sagen, und ich war mir nicht sicher, wie er reagieren würde. » Syr-Patriarch«, fing ich an, » obwohl es falsch war, dass diese sieben Personen getötet wurden, und das etwas ist, in das ich mich nie hätte verwickeln lassen dürfen… weiß ich nicht, ob es richtig war, Euch zu sagen, wie sie wirklich gestorben sind.«
» Was meint Ihr damit?«
» Ich, äh, habe Euch in die Lage versetzt, dass Ihr das Mittel so einsetzen könnt wie geplant– Ihr wollt sämtliche Magie vom Angesicht der Inseln verschwinden lassen. Und das könnt Ihr auch, nicht wahr? Ihr könnt Menschen dieses Mittel geben, die über keinerlei Magie verfügen, und sie werden zu Wissenden werden. Und das bedeutet, dass es nutzlos sein wird, ein Silbbegabter zu sein… die einzigen Menschen, die man dann noch mit Magie verzaubern kann, sind die eigenen Silbkameraden.«
» Das stimmt«, sagte er. » Klingt irgendwie nach poetischer Gerechtigkeit, oder?«
» Vielleicht. Aber es bedeutet auch das Ende der Silbheilung. Und des Theaters. Die Wahrer-Inseln werden auf eine Weise verwundbar sein, wie sie es in der Form gar nicht kennen. Der Wahrer-Rat wird nicht länger existieren können. So viele Dinge werden sich verändern müssen… Am Ende werden wir wahrscheinlich ein Erbkönigtum werden wie alle anderen auch, und ich kann nicht glauben, dass das besser ist als das, was wir jetzt haben.«
» Wir müssen uns nicht in ein Inselreich mit einem Herrscher verwandeln, der seine Position vererbt. Was wäre schlimm daran, eine auf ehrliche Weise gewählte Regierung zu haben?«, fragte er. » Wo die Anführer die Wahrheit sagen, statt sie mit Illusion zu verfälschen?«
» Das einfache Volk liebt die Illusion«, sagte ich. » Die Leute fühlen sich sicher, wenn sie gutaussehende, starke, zuversichtlich wirkende Menschen als Anführer haben. Jetzt werden sie sie so sehen, wie sie wirklich sind– nämlich genau so wie wir alle. So wie sie selbst. Und das einfache Volk wird denken, dass, wenn unsere Anführer nichts Besonderes sind, auch jeder andere herrschen kann… zum Beispiel auch ein… äh Fischverkäufer von Milbie vielleicht…«
» Oder ein Schneider von Magreg«, fügte er hinzu und lächelte leicht, als würde er sich an etwas erinnern. » Und vielleicht, nur vielleicht, ist das gar nicht so schlecht.«
Ich starrte ihn an und fragte mich, ob er das ernst meinte. Und er meinte es natürlich ernst. Am Ende geschah es dann auch genau so, und es war keine schlechte Sache. Aber mit der jugendlichen Arroganz, die ich mit zwanzig hatte, fehlte mir das Vorstellungsvermögen, das zu erkennen.
» Um das Thema etwas zu wechseln, habt Ihr bei Eurem Gespräch mit Jesenda irgendetwas über den Salpeter herausgefunden?«, fragte er.
» Oh– oh ja. Ich habe vergessen, es Euch zu sagen. Die Stolz der Wahrer und die Gerechtigkeit der Wahrer haben den ganzen Laderaum voll davon. Jesenda hat den Basteiherrn dazu gebracht, seine Unterschrift unter einen langfristigen Vertrag zu setzen, während er noch halb benebelt von Dunkelmagie war.«
» Schlau von ihr, wenn auch vielleicht nicht sehr anständig.« Er seufzte und lehnte sich gegen das Geländer, um stromaufwärts zu sehen. » Wir müssen zur Nabe, Gilfeder und ich. Wir müssen uns bei der Verhandlung für Glut einsetzen, so gut wir können.«
» Kelwyn wird es nicht dabei bewenden lassen«, sagte ich, fest davon überzeugt, dass ich recht hatte.
» Vielleicht nicht, aber zuerst werden wir sämtliche rechtlichen Mittel ausschöpfen… Das Problem ist, dass keine Boote zur Nabe fahren.«
» Und Ihr bittet mich, Euch hinzubringen? Das kann ich nicht tun. Ich würde ein Langboot stehlen müssen. Ich würde nie wieder in die Gilde zurückkehren können. Und Ihr und Gilfeder würdet rudern müssen.«
Er unterbrach mich. »
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