Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
genau da– siehst du die Gebäude? Vielleicht war es sogar Arutha, die Hafenstadt. Brawena. Morthred ist tot! Wir können wieder nach Hause …«
Hintermeerwärts, 1797
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Anyara isi Teron: Tagebucheintrag
23 – 1 . Doppelmond – 1794
Ich frage mich, während ich in meiner Kabine an Bord der K.S. Seeströmung sitze und das hier schreibe, ob das alles wirklich wahr ist? Bin ich, Anyara isi Teron, tatsächlich an Bord eines Schiffes, das Kurs auf die Ruhmesinseln genommen hat? Die sommersprossige, bodenständige, gewöhnliche Anyara unterwegs zu einem Abenteuer, von dem sogar die meisten Männer nur träumen können – das alles kann doch wohl nicht wahr sein! Und doch ist es so. Ich, eine unverheiratete Frau, befinde mich unbelastet durch eine Familie auf diesem Schiff, und das Ufer von Kell schrumpft am Horizont mehr und mehr, während sich vor mir die Weite des Ozeans erstreckt … in der Tat ein Abenteuer.
Natürlich sitzt mir Schwester Lescalles isi God gegenüber, die in ihren religiösen Abhandlungen liest, während ich das hier schreibe, und für meine gottlose Seele betet. Meine Eltern haben dieser Reise nur unter der Bedingung zugestimmt, dass mich eine erfahrene Missionsschwester des Ordens der Himmlischen Nonnen begleitet, und Lescalles ist ganz bestimmt erfahren. Sie muss fast siebzig sein. Gewiss viel zu alt, um sich auf eine solche Reise zu begeben, und dennoch strahlen ihre Augen nur so vor missionarischem Eifer, wenn sie an all die Menschenseelen auf den Ruhmesinseln denkt, die sie retten will.
Und ja, auch Shor iso Fabold ist hier irgendwo an Bord. Er hat den Auftrag, » Anyara im Auge zu behalten, um sicherzustellen, dass ihr bei diesem verrückten Abenteuer nichts passiert«. Armer Shor. Er hasst mich inzwischen, und wenn es möglich wäre, würden wir uns aus dem Weg gehen. Aber wie kann man jemandem auf einem Schiff aus dem Weg gehen, das kleiner ist als der Garten unseres Stadthauses daheim in Hintermeerwärts? Wir essen am gleichen Tisch, benutzen die gleichen Niedergänge und halten uns auf den gleichen Decks auf. Wenn wir uns begegnen, nicken wir uns höflich zu und wünschen einander einen guten Morgen, aber unter der Oberfläche brodelt es in ihm. Wenn ich daran denke, dass es einmal eine Zeit gab, in der ich ihn geheiratet hätte, hätte er mich nur darum gebeten, und die Verbindung voller Freude eingegangen wäre …
Das war, bevor er herausgefunden hat, dass ich fest entschlossen war, zu den Ruhmesinseln zu segeln. Und bevor er herausgefunden hat, dass ich die Übersetzungen all seiner Gespräche mit Glut Halbblut und Kelwyn Gilfeder gelesen habe. (Ich habe den jungen Angestellten in der Bibliothek der Nationalen Gesellschaft für das Studium der nicht-kellischen Völker gebeten, heimlich Abschriften für mich anzufertigen; als Gegenleistung habe ich versprochen, ihm eine Stelle als Bibliothekar auf dem Landgut meines Vetters zu verschaffen. Wir haben beide unseren Teil der Abmachung eingehalten. So, da habe ich jetzt meine ganze Schlechtigkeit aufgeschrieben … und ich habe noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen.)
Natürlich liegt eine gewisse Ironie in der Abneigung, die Shor mir jetzt entgegenbringt. Schließlich wurde die Saat dessen, was er an mir jetzt so wenig mag, durch das gelegt, was ich über Glut Halbblut erfahren habe – und er selbst war es, der mir durch seine Gespräche mit Glut unbeabsichtigt diese andere mögliche Zukunft gezeigt hat. Durch sie habe ich erfahren, dass eine Frau auch ein anderes Leben führen kann, ein Leben jenseits von Gehorsam und Frömmigkeit und » im Garten eine Runde machen«, um frische Luft zu schnappen und die Gesundheit zu stärken. Ja, armer Shor. Er hat sowohl meine Unabhängigkeit als auch meine Intelligenz bewundert, aber letztlich hasst er es, wenn ich auch nur eines davon wirklich lebe. Allein schon die Vorstellung, dass meine Reise von königlicher Seite offiziell genehmigt worden ist – Ihre Exzellenz die Protektorin hat mich gebeten, über die Stellung der Frauen in der Gesellschaft der Ruhmesinseln zu berichten –, ist ihm ein Dorn im Auge.
Und so schleichen wir vorsichtig umeinander herum und tun so, als hätte es keine gemeinsame Vergangenheit gegeben. Es ist eigenartig, aber ich empfinde keinerlei Reue wegen dem, was ich getan habe. Es ist bedauerlich, dass ich ihn getäuscht habe, das weiß ich, aber er hätte mich nie die Gespräche lesen lassen, die er mit Glut Halbblut geführt hat. Was also hätte
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