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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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das sprechen zu können, was mich interessierte. Ich nahm ein paar Gegenstände vom Beistelltisch und breitete sie auf dem kleinen Tisch aus; sie stellten die Monde dar, die Welt und die Sonne. Als der Diener mit dem Tee und allerlei Köstlichkeiten der Nabe kam, hatte ich eine improvisierte Karte der Nabenrinne ausgebreitet und ließ mich gerade über die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Flutwellen aus. Dem Mann blieb nichts anderes übrig, als das Tablett auf den Bibliothekstisch zu stellen.
    » Wenn also das Wasser der Flut in den schmaleren Kanal am Anfang der Nabenrinne gedrängt wird«, erklärte ich weiter, als der Diener gegangen war und dabei die Tür im Gegensatz zu Jesenda offen ließ, um der Schicklichkeit Genüge zu tun, » baut sich das Wasser genau an der Stelle auf, wo es auf die Abflussströmung trifft. Es entsteht eine Wasserwand– die stehende Welle–, die höher und höher wird, bis die Flutwelle schließlich die Abflussströmung überwältigt. Sie schwappt darüber hinweg und bewegt sich wie eine Welle flussaufwärts…«
    » Und wie groß sie ist, hängt erstens von den Mondphasen ab– das heißt, in welcher Position zur Sonne sich die Monde befinden– und zweitens davon, wie die Monde zueinander stehen?«, fragte Jesenda.
    » Ja, genau. Nun, vielleicht nicht ganz genau, weil es immer noch ein bisschen komplizierter ist als das. Das Wetter spielt auch noch eine Rolle. Und die Breite des Kanals. Die Position der Sandbänke. Die Windrichtung. Die Beschaffenheit des Meeresbodens. Wie viel Wasser herausgeströmt kommt… Genau deshalb hat die Gilde eine eigene Abteilung, die sich mit den Vorhersagen der Gezeiten beschäftigt. Es könnte sein, dass unser Leben davon abhängt zu wissen, was wir während einer bestimmten Flutwelle zu erwarten haben. Und dann sind da auch noch die Veränderungen, die wir von der Gilde selbst vorgenommen haben.«
    » Du meinst, indem ihr auf den Wellen reitet?«
    » Äh, nein. Diese Theorie, nach der wir Wellenreiter das Ausmaß einer Welle verringern, indem wir auf ihr reiten, ist höchstwahrscheinlich Unsinn. Frag irgendjemanden, der auf den Wellen reitet und die Kraft des Wassers spürt! Nein, ich beziehe mich auf das Wehr. Die Höhe der Welle, die die Rinne hochläuft, wird ja auch durch die Wassermenge bestimmt, die die Rinne hinunterläuft, und durch die zeitliche Abfolge. Bevor es das Wehr gab, hat die Kraft des abwärts fließenden Wassers kaum ausgereicht, um eine Welle zu erzeugen. Und das wiederum hat die hereinkommende Flut wenig vorhersagbar gemacht. Jetzt kontrollieren wir das ausströmende Wasser. Wir nennen es Ebbwoge, aber tatsächlich trifft es das nicht. Es ist Wasser, das wir ausströmen lassen, wenn wir es für richtig halten, und es hat wenig mit dem Mond zu tun. Die Menge ist sorgfältig berechnet, um von größtmöglichem Nutzen für unsere Gezeitenreiter zu sein, und daher auch für den Handel der Nabe.«
    Wir beugten uns beide über die improvisierte Karte, die ich geschaffen hatte. Die Haare fielen ihr über die Schulter und strichen über meinen Arm; sie dufteten üppig nach Jasmin. Dann richtete sie sich abrupt auf, als könnte sie die Woge meiner Begierde riechen. » Komm«, sagte sie. » Trink etwas Tee, bevor mein Vater mit den Briefen zurückkommt und du gehen musst.« Sie führte mich zu dem Bibliothekstisch, schenkte etwas Tee ein und legte ein paar von den Köstlichkeiten auf meinen Teller. Dann wechselte sie das Thema. » Sag, warum gibt es in eurer Gilde keine Frauen?«
    » Frauen sind nicht kräftig genug«, sagte ich und biss in ein Stück heißen, gedünsteten Brotkuchen, der mit gewürztem Watvogel gefüllt war. Ihr plötzliches Schweigen verriet mir, dass ich das Falsche gesagt hatte. Obwohl ich gerade einen zweiten Bissen nehmen wollte, sah ich auf und legte den Kuchen wieder auf den Teller zurück.
    » Erkläre mir das genauer«, sagte sie freundlich, doch ihre Augen blitzten dabei.
    Ich war kurz davor, ihr eine wortgewandte Antwort zu geben, eine oberflächliche Erwiderung, wie ich sie Cissy gegeben hätte. Aber dann entschied ich mich, ihr die Wahrheit zu sagen. Ich vermutete allerdings, dass sie ihr nicht gefallen würde. » Ein Ritt die Rinne hoch dauert etwa fünf Stunden. Auf jedem Zoll davon lauern mögliche Gefahren. Ein Stück Holz, das knapp unter der Wasseroberfläche treibt. Eine Sandbank an einer unerwarteten Stelle. Der aufgeblähte Kadaver einer Kuh, die weiter flussaufwärts ertrunken ist. Auf jedem

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