Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
sich auf ihrer Matratze auf die Seite und sah mich an. » Hast du Gabania und Stracey getötet?«, fragte sie.
Es war das erste Mal, dass sie irgendein Interesse am Verschwinden der beiden Frauen äußerte. Dass sie diese Frage gerade jetzt stellte, konnte bedeuten, dass sie vernünftiger war; aber es konnte auch das zielgerichtete Denken eines üblen Geistes sein und nicht eines, das sie zur geistigen Gesundheit zurückführte.
Ich versuchte zu antworten, wollte lügen– und konnte es nicht. Nicht ihr gegenüber. Wie auch immer, wenn sie darüber nachdachte, war es eigentlich offensichtlich. Ich war die einzige Person an Bord der Reizend gewesen, die nicht vollkommen unfähig gewesen war, die Dunkelmagierinnen zu verletzen, und die beiden Frauen waren ganz sicher nicht von allein über Bord gesprungen.
Also lag ich einfach nur weiter da und starrte sie an.
» Ruarth, Ruarth, was soll ich nur mit dir tun?«, fragte sie leise. » Wenn du sie töten konntest, kannst du auch mich töten.«
Ich schüttelte den Kopf und machte mit den Händen eine Geste der Verneinung, um mich doppelt klar auszudrücken.
» Vielleicht nicht«, räumte sie ein. » Aber du könntest mit den Leuten von Brethbastei reden. Du könntest alle meine Pläne vereiteln, indem du ihnen erzählst, dass ich umgewandelt worden bin.«
Ich kann nicht reden, gestikulierte ich. Das stimmte allerdings nicht mehr ganz. Ich hatte jeden Tag fleißig geübt, wann immer ich allein war, sowohl an Bord des Schiffes wie auch an diesem Strand. Ich sprach mit den Bauern, wenn ich etwas zu essen kaufte, und sie verstanden das meiste von dem, was ich sagte. Ich wollte nur einfach nicht, dass sie es wusste. Ich gestikulierte: Wenn ich es irgendjemandem in Brethbastei erkläre, werden sie dich töten. Darum werde ich es nicht tun.
» Du kannst schreiben«, sagte sie. » Du könntest den Menoden in Breth oder Tenkor einen Brief schicken. Du könntest an die Wahrer schreiben. An Glut. Wie kann ich dich mitnehmen? Du wirst mich verraten. Und ich kann dich zu nichts zwingen, weil du ein Wissender bist.«
Ich schwieg. Sie hatte natürlich recht. Es wäre dumm von ihr, sich von mir nach Breth begleiten zu lassen. Mich am Leben zu lassen. Der einzige Grund, weshalb ich so lange überlebt hatte, bestand darin, dass die echte Flamme noch immer irgendwo in ihrem Innern lauerte und sie daran hinderte, den logischen Kurs einzuschlagen, und nicht zuließ, dass Lyssal mich eines Nachts im Schlaf tötete oder jemand anderen dazu zwang, mich zu töten. Es war nur eine Frage der Zeit…
Wir starrten uns an, durch die Vergangenheit, unsere Liebe und unseren Kummer vereint– und durch die Dunkelmagie, die sie jetzt beherrschte, voneinander getrennt.
Das bringst du nicht fertig, gestikulierte ich.
» Es ist nur eine Frage der Zeit«, antwortete sie sanft und wiederholte damit meine eigenen Gedanken. Ich konnte den Kummer in ihren Worten hören, der sich mit einer schadenfrohen Erwartung mischte, die nichts als Gift war. » Er wird stärker. Er lässt von Tag zu Tag mehr Dunkelmagie in meinen Körper sickern.«
Er ist ein Embryo, erwiderte ich. Er kann nicht denken. Er kann nichts wissen. Noch nicht. Nur du kannst das, und du kannst Widerstand leisten.
» Und wenn er geboren ist, wirst du ihn töten… denn nur wenn er tot ist, wird deine zimperliche Flamme eine Chance haben. Oder zumindest glaubst du das. Wie kann ich das zulassen?«
Es stimmte, was sie sagte, jedes einzelne Wort. Ich schwieg.
» Oh, Ruarth, irgendwann, bevor er geboren wird, wirst du sterben müssen. Das, zu dem ich werde, wird schon bald das überwältigen, was ich war… und du wirst derjenige sein, der es als Erster mitbekommt.« Es war eine Warnung. Ich hörte die unausgesprochenen Worte, die Flamme nicht sagen konnte: Lauf, Ruarth, lauf weg, solange du noch kannst. Bring dich in Sicherheit.
Meine Anwesenheit stellte ein Dilemma dar, und niemand von uns beiden wusste, wie es zu lösen war. Ich konnte sie auf jede Weise verraten, die sie erwähnt hatte, aber ich wollte nicht, dass ihr etwas zustieß. Ich konnte nicht sicher sein, dass die Wahrer, wenn sie sie mitnehmen würden, wirklich in der Lage wären, sie zu heilen. Vielleicht würden sie sie einfach nur töten, genauso, wie sie ihre eigenen umgewandelten Silbmagier getötet hatten. Sie wären vielleicht ein bisschen weniger eifrig bei der Sache, wenn sie sahen, dass es sich um Lyssal handelte, das Burgfräulein, die Thronerbin und mögliche
Weitere Kostenlose Bücher