Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
Silblichts, das mich in der Düsternis einer Nacht umgab, die nur von einem Mond erhellt wurde? Oder die Tatsache, dass ich zuvor an diesem Tag dem Tod entronnen war, während andere um mich herum gestorben waren? Dass ich Jesenda Dasrick gesehen und den Hochmut eines unberührten Herzens verloren hatte?
Vielleicht war es all das.
Irgendwann während meiner Reise bekam ich Gesellschaft. Etwas veranlasste mich, nach rechts zu sehen, und ich sah eine andere Gestalt in der Welle, die mit ungeschütztem Gesicht und Schultern ganz ohne Gleiter auf der Welle ritt. Ich war so verblüfft, dass ich unaufmerksam wurde und fast die Welle verloren hätte. Einen kurzen Moment lang starrten wir einander an und hatten gemeinsam teil an der Magie dieser Nacht. Nach dem ersten Schrecken verflog meine Angst. Es war nichts Bedrohliches an meinem Kameraden. Ich fragte mich, ob er eines der mystischen Seewesen war, von denen die Seeleute voller Ehrfurcht und Ehrerbietung sprachen. Meeresnymphen, so nannten sie sie, die manchmal Schiffbrüchige retteten und ans Ufer brachten. Langbootmänner und Gezeitengleiter sprachen ebenfalls von ihnen. Wellenkobolde, sagten sie, boshafte Geister, die den Gleiter oder das Boot umwarfen und einen in die Nabenrinne stießen.
Nach etwa fünf Minuten verschwand die Kreatur genauso unerklärlich, wie sie gekommen war, versank in der Welle und geriet außer Sicht, wurde zu einer weiteren Erinnerung an diese Reise die Rinne hinunter, zu einem weiteren Teil des Ganzen, das mir unvergesslich geblieben ist. Es ersteht alles so klar und deutlich vor meinem inneren Auge, als wäre es erst gestern geschehen: jede einzelne Nuance, jeder Schatten, jeder tanzende Splitter des Silblichts auf den Untiefen über den Sandbänken der Rinne.
Obwohl diese Nacht sich meiner Seele als erfreulicher Ritt eingeprägt hat, war ihr Kern voll Dunkelheit. Das Wissen, dass ich mich nicht schämte, wo ich doch von Scham hätte verzehrt werden müssen. Das Wissen, dass ich keinerlei Reue verspürte. Obwohl die von mir verstoßene Geliebte zusammen mit meinem Kind gestorben war, konnte ich nichts anderes als Erleichterung darüber empfinden. Schlimmer noch, ich empfand offensichtlich so wenig für sie, dass es mir leichtgefallen war, mich nach einer anderen zu sehnen.
Jesenda. Ihr Name erklang als Flüstern in der Brise, die an mir vorbeifegte. Jesenda. Jesenda.
Auf den geraderen Abschnitten der Rinne, dort, wo die Welle sich angemessen verhielt und das Wasser gleichmäßig tief war, erlaubte ich mir, an die Geschehnisse zu denken, die mich an diesem Tag bedrängt hatten: Jesenda hatte mich dazu gebracht, ihr Silblicht zu sehen. Dasrick arbeitete daran, Wahrerherr zu werden. Mein Vater war so erpicht darauf zu erfahren, was in der Nabe vor sich ging, dass er mir aufgetragen hatte, in der Dunkelheit zurückzukehren, im vollen Bewusstsein dessen, was dies bedeutete. Und wie konnte ein Mann das Herz einer Frau erobern, wenn diese sein bisheriges Verhalten ablehnte, ehe er auch nur begonnen hatte, um sie zu werben? Jesenda, dachte ich, ich werde dich für mich gewinnen. Ich werde dich bekommen. Ich muss dich bekommen.
Ich tat, was mein Vater von mir verlangt hatte, und benutzte bei meinem Weg vom Hafen hinauf nach Tenkorhaven ausschließlich kleinere Straßen, damit keiner der Wissenden– falls sich denn einer von ihnen um diese Stunde auf der Straße aufhielt, was höchst unwahrscheinlich war– daran erinnert wurde, dass der Sohn des Gildners ein Silbbegabter war. Falls sie es überhaupt jemals gewusst hatten. Ich brachte meinem Vater die Briefe in der Stunde vor der Morgendämmerung in sein Schlafzimmer, zusammen mit der Nachricht vom Tod des Wahrerherrn. Ich war erschöpft, fühlte mich wie ein Schiffsmast vor dem Sturm, der kurz davor stand, unter der Spannung von zu viel Druck in zu kurzer Zeit nachzugeben und zu zerbrechen.
Mein Vater hatte weder ein freundliches Wort für mich, noch zeigte er durch irgendeine Bemerkung, dass er sich Sorgen um mich gemacht hatte. Wenn er zufrieden war, dass ich die Initiative ergriffen hatte, zu Dasrick zu gehen, statt die Briefe irgendeinem namenlosen Lakaien zu übergeben, dann äußerte er sich zumindest nicht dazu. Stattdessen befahl er mir, so lange zu Hause zu bleiben, bis die Aura der Silbmagie um meinen Körper herum verblasst war.
Ich hätte es dabei belassen sollen, aber vielleicht war ich einfach zu müde dazu. Vielleicht hatte ich einen Punkt erreicht, an dem ich nicht länger
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