Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
einfach alles widerstandslos tun konnte, was er von mir verlangte– nicht, wenn ich nicht einmal ein Dankeschön dafür erhielt oder ein Lob oder sonst ein Zeichen seines Respekts.
» Und wie soll ich wissen, wann die Silbfarbe verschwunden und es sicher ist, nach draußen zu gehen, ohne einen Wissenden zu fragen?«, fragte ich.
» Wage es ja nicht, einem Wissenden zu nahe zu kommen«, bellte er drohend.
» Es ist wohl kaum meine Schuld, wie ich geboren wurde«, fauchte ich zurück. » Wieso soll ich mich dafür schämen, meine geerbte Silbmagie zu zeigen?« Wir führten diese Unterhaltung natürlich nicht zum ersten Mal, und ich war ein Narr, dass ich wieder damit anfing.
» Es ist ein Gräuel.«
» Wieso ist es nicht einfach Gottes Wille? Schließlich wurde ich so geboren!«
» Es ist eine schmutzige Art, seine Mitmenschen hereinzulegen. Anderen gegenüber die Wahrheit zu verschleiern.«
» Ich habe die Silbmagie noch nie auf diese Weise benutzt.« Ich hatte sie so gut wie überhaupt noch nie benutzt.
» Aber du hättest es getan, wenn ich es dir erlaubt hätte. Glaubst du wirklich, Gott würde die Geburt solcher Missbildungen ermutigen?« Unausgesprochene Worte hingen zwischen uns. Selbst er konnte es nicht ganz über sich bringen, mich als Brut des Seeteufels zu bezeichnen, obwohl ich wusste, dass er das dachte.
Ich starrte ihn an und versuchte, mich nicht verletzt zu fühlen. » Seit ich nach Tenkor zurückgekehrt bin, um hier zu leben, war es meine Entscheidung, die Magie nicht zu benutzen, und nicht deine«, sagte ich ihm mit ruhiger Stimme. Ein oder zwei Jahre zuvor hätte ich ihn angeschrien, aber inzwischen war ich etwas weiser geworden. » Es verstößt wohl kaum gegen das Gesetz, die Silbmagie auf den Wahrer-Inseln anzuwenden, nicht einmal hier in Tenkorhaven. Und du musst gerade reden. Du warst es doch, der von mir verlangt hat, noch heute Nacht mit der Antwort zurückzukehren. Du hast gewusst, dass das nur auf eine einzige Weise möglich ist, nämlich, indem ich ein Silblicht benutze. Wenn das eine Sünde war, dann trägst du sie jetzt auf deinen Schultern.«
Ich drehte mich um und verließ das Zimmer, und was ich empfand, war keine Wut, sondern Trauer. Trauer darüber, dass ich nie die Liebe eines Vaters erfahren hatte.
Einen kurzen Moment lang dachte ich wieder an Cissy. Es wäre jetzt schön gewesen, in ihren Armen einzuschlafen, während die Sonne aufging. Aber Cissy war tot, und ich war mir nicht sicher, ob es überhaupt noch die richtige Antwort war, mich in die Arme einer Frau zu flüchten. Es gab Dinge, mit denen musste ich allmählich allein fertigwerden. Und abgesehen davon war die einzige Frau, an die ich jetzt denken konnte, Jesenda.
Ich blieb eine ganze Woche zu Hause. Und redete mir ein, dass ich es um meinetwillen tat. Ich konnte auf die zusätzlichen Schwierigkeiten verzichten, die eintreten würden, wenn alle wussten, dass Elarn Jaydon, der einzige Sohn des Gildners, ein Silbbegabter war. Vor allem zu diesem Zeitpunkt. Es wären heiße Neuigkeiten gewesen, die in den Kreisen der Tenkoraner alte Debatten neu entfacht hätten. Waren die Menoden-Silbmagier einfach schon dadurch Sünder, dass sie Silbbegabte waren? Oder waren sie nur dann Sünder, wenn sie die Silbmagie auch ausübten? Oder gab es gar keine Sünde, solange man die Macht nicht dazu einsetzte, zu betrügen und zu täuschen? Und um einen Schritt weiterzugehen: War Elarn nun ein Sünder oder nicht? Es war das Letzte, was ich zu diesem Zeitpunkt gebraucht hätte.
Also blieb ich zu Hause und schickte der Gilde die Nachricht, dass mich eine Erkältung erwischt hätte. Ich bat einen Diener meines Vaters, den Gleitermacher aufzusuchen und ihm den Auftrag zu geben, einen neuen Wellengleiter anzufertigen, und auf dem Rückweg Cissys Familie ein Beileidsschreiben zu überbringen. Währenddessen lernte ich für meine Prüfung. Und tauchte in die umfangreiche Bibliothek des Gildners ein – was einige Zeit in Anspruch nahm –, um so viel wie möglich über die weniger bekannten Aspekte der Silbmagie herauszufinden.
Zuerst entdeckte ich nur das, was ich ohnehin schon wusste: Magie konnte nur von den Menschen gesehen werden, die sie erschaffen hatten, oder von einem Wissenden. Die Auswirkungen der Magie allerdings– Illusionen, Silbheilung, Dunkelmagie-Geschwüre, die Kraft von Schutzzaubern und so weiter– waren im Gegensatz zur Magie selbst für alle offensichtlich. Und ein Silblicht war eine Kugel aus elementarer
Weitere Kostenlose Bücher