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Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin

Titel: Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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und wieder gibt es Wendeltreppen, die zu den Häusern oder Läden der Ebenen darunter oder darüber führen. Noch seltener finden sich Gestelle, die in die Bucht hinausragen, so eine Art bodenloser Balkone, halb verborgen in einem Wald aus Seilen, Winden und Seilrollen. Hierbei handelt es sich um Stationen für korbähnliche Plattformen, die als Schwingen bezeichnet werden. Sie transportieren Güter oder Personen zwischen den einzelnen Ebenen hin und her. Natürlich muss man für diese Dienste zahlen, und in jenen Tagen wurden sie von Wachen geleitet, die das Geld direkt in die Truhen des Basteiherrn beförderten.
    Als wir in Brethbastei ankamen, ließ man uns mit einer Schwinge von der Klippe zu der Ebene hinunter, auf der sich unser Gasthaus befand– und ich kam zu dem Schluss, dass ich Schwingen hasste. Tatsächlich stellte ich fest, dass ich ohne Flügel Angst vor der Höhe hatte, und eine solche Schwinge entsprach kaum meiner Vorstellung davon, wie man sicher eine Klippe erklimmt. Vom ersten Tag an, als wir in Brethbastei ankamen, benutzte ich die Stufen, wann immer es möglich war, ganz besonders aber, als ich herausfand, wie gut ich damit die Kraft meiner Beine verbessern konnte. Ich hasste es, Kaulquappe genannt zu werden.
    Glücklicherweise hatte die Sonne meine Haut während unserer Zeit am Strand dunkler werden lassen, und ich sah nicht mehr aus wie ein Fischbauch. Lyssal hatte allerdings darauf bestanden, dass ich meine rasch wachsenden Haare hellblond färbte. Sie wollte, dass man mich für einen Cirkasen hielt.
    Ich dachte, sie würde ihre Garderobe für die Audienz beim Basteiherrn mit besonderer Sorgfalt auswählen, um wahrhaft königlich als wunderschöne Frau und Thronerbin aufzutreten. Stattdessen betonte sie mit ihrem Kleid, ihrem Schmuck und ihrer Frisur eher ihre Jugend als ihre erwachsene Weiblichkeit. Sie wirkte auf schmerzhafte Weise jung und jungenhaft. Das verblüffte mich zunächst, und ich fragte mich, ob sie einfach nur versuchte, ihre Schwangerschaft zu verbergen, die– wenn ich mir ihr Verhalten auf Porth in Erinnerung rief– auf Gorthen-Nehrung begonnen haben musste. Dies bedeutete, dass sie jetzt etwa im fünften Monat war. Sie wirkte aber gar nicht schwanger, obwohl ihr Bauch nicht mehr so flach war wie sonst. Dann begriff ich, was sie tat, und mein Magen zog sich zusammen: Sie versuchte, sich den perversen Vorlieben des Basteiherrn anzupassen. Lord Rolass Trigaan bevorzugte in seinem Bett Jungen. Kinder, genauer gesagt. Flamme versuchte daher, sowohl ihre Weiblichkeit als auch ihre Reife herunterzuspielen. Sie lachte mich spöttisch aus, als sie sah, wie ich bestürzt den Blick abwandte.
    Ich sah sie wieder an. » Tu das nicht, Flamme«, sagte ich.
    Und einen Augenblick, einen sehr kurzen Augenblick, sah ich sie selbst wieder in Lyssals Augen aufschimmern: sich schmerzhaft der Tatsache bewusst, was mit ihr passieren würde, und voller Kummer– aber der Kummer galt mir, nicht ihr selbst. Sie bedauerte mich von ganzem Herzen, während sie doch eigentlich voller Trauer für sich selbst hätte sein sollen. In diesem Moment liebte ich sie nur noch umso mehr. Und dann verschwand das Mitgefühl, und nur noch Lyssal war da und verhöhnte mich.
    Seht mich ruhig an; ich bin jetzt ein alter Mann, und meine Augen füllen sich immer noch mit Tränen, wenn ich daran denke. Ja… nun. Manche Momente sind so schmerzlich, dass sie die Oberfläche des Gedächtnisses in einer Art und Weise aufschürfen, dass sie noch ein halbes Leben später rau ist.
    Kurz bevor wir zum Palast aufbrachen, setzte sie sich an den Tisch in ihrem Zimmer und erneuerte die Illusion der Tätowierung auf ihrer Hand, die sie als erwachsene Cirkasin kennzeichnete. Um dies zu tun, konnte sie immer noch die Silbmagie einsetzen, und sie achtete darauf, möglichst wenig Magie dafür zu verwenden. Ich hatte das Gefühl, als würde sie das Gefängnis ihres Erbes neu weben, jenes Erbes, dem sie so mühsam entkommen war.
    » Was ist, wenn am Hof irgendwelche Wissenden sind und die Illusion durchschauen?«, fragte ich. Inzwischen hatte ich genug Vertrauen in meine menschliche Stimme, dass ich sie benutzte, wenn ich mit ihr sprach, auch wenn ich die Worte noch ziemlich undeutlich artikulierte, die Vokale wie ein Singsang und die Konsonanten rau und knirschend klangen. Aber sie schien mich zu verstehen.
    » In Cirkase hat es nie jemand bemerkt.«
    » In Cirkase hast du auch fast nie mit den Wissenden am Hof zu tun gehabt.«
    Sie

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