Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
hatte ich nicht zu befürchten.
Heser sah mich mitleidig an, als könnte er nicht verstehen, dass jemand so dumm sein konnte.
Mich überkam plötzlich ein ziemlich ungutes Gefühl, und nervös rutschte ich auf dem Barhocker herum. » Ich kann Euch versichern, dass ich den Wünschen des Vorübergehenden Wahrer-Rates nicht zuwiderhandeln werde.«
» Es gibt Katzenpfoten, und es gibt Katzenklauen«, sagte er rätselhaft. » Ich weiß, was ich lieber wäre.«
» Ich verstehe nicht, was Ihr meint.«
» Habt Ihr jemals Lockvögel gesehen, Syr?«, fragte er.
Ich nickte. » Sie leben in Stachelreben, ohne selbst gestochen zu werden.« Die Reben waren räuberisch und absorbierten die Leichen der anderen Vögel, die durch die Lockvögel angezogen und dann von den Dornen zu Tode gestochen wurden.
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, worauf er hinauswollte, aber mir war klar, dass er mich vor den Menschen warnte, bei denen er sich selbst seinen Lebensunterhalt erwarb. Seine Anmaßung und Unverschämtheit ärgerten mich, und ich starrte ihn stirnrunzelnd an. » Ihr wisst, wem Eure Loyalität gelten sollte, Heser«, sagte ich. » Ich glaube, Ihr habt soeben die Grenzen angemessenen Verhaltens überschritten.«
Er starrte zurück. » Oh, ja. Und Ihr könntet zweifellos dafür sorgen, dass ich entlassen werde. Und dennoch sage ich, was ich zu sagen habe. Ihr erinnert mich nämlich an einen jungen Mann, der einst in die Nabe kam und seinen guten Namen für allerlei billige Vergnügungen verkauft hat. Passt auf Eure Schritte auf, junger Syr.«
» Geht nicht zu weit«, schnappte ich. Ich war über seine Dreistigkeit schockiert, und das, was er sagte, alarmierte mich. Dass er allein aufgrund der Tatsache, dass er es überhaupt sagte, ein nicht unbeträchtliches Risiko einging, verlieh seinen Worten nur noch mehr Gewicht.
Seine Haltung veränderte sich abrupt. Er machte einen Diener und sagte: » Nein, Syr. Ich bitte um Entschuldigung, Syr.« Und dann nahm er sein Bier und setzte sich woandershin. Ich hatte genug Verstand, um zu wissen, dass er mich verspottete, trotz seines verdrießlichen Aussehens.
Als ich sicher sein konnte, dass Jesenda genug Zeit gehabt hatte, um sich umzuziehen, ging ich nach oben. Sie saß am Tisch beim Fenster, von dem aus man auf die Bucht sehen konnte. » Eine wunderschöne Aussicht«, sagte sie. » Danke, dass du mich hierhergebracht hast. Und dass du mir das zugetraut hast. Ich hoffe nur, ich komme mit der Flutwelle genauso gut zurecht.«
Ich warf meinen Umhang ab. » Du schaffst das«, sagte ich. » Du hast eine natürliche Begabung und einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn.« Ich schwieg und wartete, aber sie blieb einfach nur sitzen. » Willst du nach unten gehen und dort auf mich warten, während ich mich umziehe?«
» Es ziemt sich nicht für mich, allein in einem öffentlichen Schankraum zu warten«, sagte sie in einem Tonfall, der sittsam wirkte, aber gleichzeitig legte sie den Kopf schief und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. » Ich bin eine Dame, keine deiner kühnen Ehebrecherinnen, und ich stelle meinen Charme nicht in Schankräumen zur Schau.«
» Dann könntest du draußen einen kleinen Spaziergang machen. Mit Heser, falls es sich für dich, äh, nicht ziemen sollte, allein zu gehen.«
» Oder ich kann hierbleiben und zusehen.«
Ich starrte sie an. Sie meinte das ernst. » Irgendwie glaube ich nicht, dass sich das besonders ziemen würde«, erklärte ich. » Tatsächlich kommt es mir wie das Verhalten einer ziemlich kühnen Ehebrecherin vor.«
» Aber wer sollte je davon erfahren?«
Etwas in mir schlug jetzt um, aber ich gab mich gelassen. » Ganz wie du willst.« Ich drehte ihr den Rücken zu und zog meine nassen Sachen aus, trocknete mich ab und kleidete mich an. Ich hätte mich mit einer Illusion verbergen können, aber ich wollte verdammt sein, wenn ich das tat. Wenn sie mich nackt sehen wollte, schön. » Wissen deine Eltern eigentlich, dass du hier bist?«, fragte ich, während ich mich anzog.
» Natürlich!« Das kam so spontan, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
Ich hatte das Gefühl, als könnte ich ihren Blick die ganze Zeit auf mir ruhen fühlen, während ich mich umzog, aber als ich mich dann umdrehte, sah sie wieder aus dem Fenster. Scheinbar beachtete sie mich nicht weiter, stattdessen war ihr Blick auf ein Schiff des Wahrer-Rates gerichtet, das flussaufwärts durch die Rinne fuhr. Ich wusste nicht, ob ich über ihre Frechheit verärgert sein oder
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