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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Kopf.»Ich bin der Weiße Knecht! Ja, genau der, von dem Ihr bislang immer nur Geschichten gehört habt.«
    Unruhe breitete sich unter den Gästen aus, und einige Frauen stießen hysterische Schreie aus. Die Wachen, die am Eingang und an den Fenstern postiert waren, griffen zu ihren Waffen und taten einen Schritt nach vorn, doch noch immer schienen die Menschen zu glauben, dass dies hier vielleicht nur ein merkwürdiges Spiel sei.
    »Ich bin hier, um Euch ein frohes neues Jahr zu wünschen. Und um die Fürstin zu entführen!«
    Tatsächlich lachten nun einige Gäste, doch plötzlich sprang Tammo nach vorn und drückte sein scharfes, langes Messer an den blassen Hals der Regentin.
    Panik breitete sich aus. Selbst der lethargische Fürst erwachte jetzt aus seinem Halbschlaf und krallte sich an seinem Thron fest, als habe er selbst eine Klinge an der Gurgel.
    Nur der Geheimrat blieb ruhig und schien in der Lage zu sein, die Situation schnell zu erfassen. Er packte den Weißen Knecht hart an den Armen, bog diese gewaltsam nach hinten und rief:»Wachen, kommt her, los!«
    Die Uniformierten preschten mit gezogenen Degen heran. Es waren mehr als ein Dutzend. Zwei von ihnen nahmen den Eindringling in Gewahrsam. Der Weiße Knecht spürte eine Klinge auf seinen Rippen und bekam kaum noch Luft.
    »Lasst ihn los! Oder ich mache eine kleine Bewegung mit meinem rechten Arm «, schrie Tammo. Sein Messer lag verdammt eng an den blaublütigen Adern der Fürstin. Wilhelmine zitterte, musste schlucken und unterdrückte ein Schreien.
    Die Wachen hielten in der Bewegung inne und schauten unsicher zu Weert Switterts.
    »Haltet ein!«, befahl der Geheimrat.»Aber ruft die Wachmannschaften aus dem Hof. Und die Salvegarde! Alle sollen sie hierherkommen, sofort!«
    Die großen Flügeltüren wurden aufgerissen, und vier Männer brüllten aus Leibeskräften Befehle durch den Hof.
    Der Weiße Knecht sah, dass einige Frauen im Saal ohnmächtig geworden waren, alle anderen Gäste waren bleich vor Schrecken. Bewegungslos standen sie herum und starrten ihn an. Die Diener wagten noch nicht einmal, schwer beladene Tabletts abzustellen.
    »Wir werden dem Fürsten nehmen, was ihm lieb und wichtig ist. So wie er es bei uns auch getan hat.« Der Weiße Knecht befreite sich aus der Soldatengruppe und wandte sich nun direkt an den Fürsten, der ganz klein geworden war auf seinem Thron.
    »Was immer Ihr auch vorhabt, es wird Euch nicht gelingen!«
    Switterts strengte sich an, einen selbstsicheren Eindruck zu machen. Er befahl zwei Wachleuten, dem Rebellen mit ihren Waffen den Weg zu verstellen, doch davon ließ sich der Weiße Knecht nicht beeindrucken.
    »Carl Edzard von Ostfriesland, Eure Durchlaucht, jeder hier im Land weiß, dass Ihr nicht so bewandert seid, was das politische Geschehen in Eurer Heimat angeht. Deswegen will ich es Euch gern erklären.«
    Das speckige Kinn des Fürsten wackelte, als er schüchtern nickte.
    »Wir kämpfen für die Freiheit der Friesen, für den Erhalt des alten Schwures, den Eure Vorfahren vor vielen Jahren ihrem Volk gegeben haben: Niemals soll sich ein Friese einem Herrscher unterwerfen müssen! Aber damit Ihr hier am Hofe Euch den Bauch vollschlagen oder vor lauter Langeweile Eure Badezuber vergolden lassen könnt, müssen andere leiden! Wisst Ihr, dass ein armer Mann, der den ganzen Tag arbeitet, für seinen Hof, seine Werkstatt oder den Deich, der wieder einmal geflickt werden muss, von seinem kargen Verdienst noch das allermeiste abgeben muss?«
    Carl Edzard schüttelte den Kopf und sah aus wie ein kleiner Junge, der gleich zu weinen anfängt. Doch er hörte weiter aufmerksam zu.
    »Armut macht unfrei. Aber wenn Menschen den Mut aufbringen, an den alten Schwur zu erinnern, wenn sie es wagen, gegen die Ungerechtigkeit aufzubegehren, dann landen sie in den dunklen Kerkern dieses Schlosses. Oder sie werden von Euren Soldaten besucht und enden als Brandleiche im eigenen Haus.«
    »Das ist nicht wahr «, traute sich der Fürst mit leiser Stimme zu erwidern.
    »O doch, fragt doch mal Euren tapferen Geheimrat. Der macht auch keine Ausnahme, wenn es sich bei den Opfern um alte Männer, junge Frauen oder tapfere Lebensretter handelt.«
    Nun mischte sich Weert Switterts wieder ein.»Jetzt weiß ich, was Euch treibt! Diese verdammten Juister! Betrüger und Landesverräter sind sie! Verbündet Ihr Euch schon mit einem solchen Pack?« Er schickte ein bösartiges Lachen hinterher.
    »Wir haben einen Vorteil, Geheimrat, den Ihr

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