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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Tarnung beim Durchfahren der beiden Tore nicht auffiel. Sobald sie im Inneren der Schlossmauern waren, hatten sie ein großes Stück geschafft.
    Ob und wie gut die Wachen Dr. von Wolfenbüttel kannten, wusste niemand von ihnen. Zudem konnte es sein, dass einer der Wachmänner die vor wenigen Tagen ausgebrochenen Männer erkannte und Alarm schlug.
    Das erste Tor am äußeren Wassergraben stellte kein Problem dar, Eyke musste nur den Namen des Gesandten nennen, schon wurden sie durchgewunken. Ohnehin hatte sich ein Korso aus Kutschen gebildet, in denen Delegierte mit wichtigen Namen saßen, die zum Empfang geladen waren, da fielen sie nicht weiter auf.
    Doch bei der Einfahrt zum eigentlichen Schloss wurden sie angehalten, und ein älterer Mann in Uniform näherte sich dem Kutschbock.»Wo ist Martin?«
    Der Weiße Knecht hatte gehofft, dass eventuelle Fragen an ihn gestellt wurden. Nun musste Eyke improvisieren. Er konnte nur hoffen, dass sein Begleiter die Nerven behielt.
    »Entschuldigt, ich nicht verstanden «, gab Eyke mit nachgemachtem Akzent Antwort, der irgendwie skandinavisch klang. Er war doch ein kluger Kopf, dachte der Weiße Knecht.
    »Martin, der Kutscher. Warum sitzt er nicht auf dem Bock?«
    Niemand hatte damit gerechnet, dass die Bediensteten sich oftmals besser kannten als die hohen Würdenträger. Eyke zuckte die Schultern.»Frage mein Herr, Dr. von Wolfenbüttel.«
    Der Weiße Knecht rückte an das Fenster, das zum Glück etwas beschlagen war, und öffnete die kleine Luke.»Er ist neu bei mir, versteht unsere Sprache nicht so gut. Nur ein Ersatzmann, bis Martin das Fieber überwunden hat.«
    »Das Fieber?«, fragte der Soldat nach.»Vorgestern in der Spelunke hatte er aber noch einen recht kühlen Kopf … «
    Zu dumm, dachte der Weiße Knecht.»Dann muss Martin mir wohl ein Märchen aufgetischt haben, als er ausrichten ließ, er habe seit Tagen die Grippe.«
    Der Wachmann schaute ihn einen Moment lang durch das Fenster an, von seinem Gesicht war nicht abzulesen, ob er misstrauisch war oder nur peinlich berührt, einen armen Kutscher angeschwärzt zu haben.
    »Können wir weiter? Ich vermute, die fürstlichen Herrschaften warten. Wir haben uns leider ein wenig verspätet.«
    Der Uniformierte nickte nur, und keine Sekunde später schnalzte Eyke mit der Zunge und trieb die Pferde voran.
    Der Weiße Knecht lehnte sich zurück. Das war knapp gewesen. Wie würde es weitergehen? Der Saal war hoffentlich schon voll genug, dass die persönliche Begrüßung nur knapp ausfallen würde. Sicher konnte er nicht sein.
    Gemeinsam mit Tammo, seinem falschen Sekretarius, stieg er schließlich aus der Kutsche und nahm aus den Augenwinkeln die anderen Gesandten wahr. Die Männer sahen alle gleich aus mit ihren Perücken, Samtjacken, Spazierstöcken und Stiefelhosen. Das beruhigte ihn, denn schließlich trug er genau dieselbe Bekleidung und dürfte also so gut wie gar nicht auffallen, wenn er alles richtig machte.
    Eyke wurde von einigen Pagen zu den Stallungen geleitet, dort würden er und der versteckte Bengt warten, bis sie ihren Teil des Planes in Angriff nahmen.
    Von zwei unterwürfigen Pagen ließen sich der Weiße Knecht und sein Begleiter zum Saal führen. Beide verhielten sich so, wie sie sich den Gang, den Blick und das Auftreten eines Staatsmannes vorstellten: links und rechts nicken und vornehm lächeln. Doch der Weiße Knecht wusste, er fühlte sich in jeder blutigen Schlacht wohler als bei diesem Theater.
    Die Frauen standen etwas abseits an der Seite des Saals, dessen riesige Fenster und zwei Flügeltüren bis zum Boden reichten und den Blick in den Hof freigaben. Der Weiße Knecht sah sich kurz um und war erleichtert, Maikea nicht unter ihnen zu erkennen. Es wäre eine Katastrophe gewesen, sie hier zu treffen. Nicht, weil er Angst hatte, dass sie ihn verraten könnte, sondern weil es seine Nervosität gesteigert hätte.
    Zahlreiche Augenpaare richteten sich jetzt auf ihn und Tammo, als sie über den roten Teppich schritten, doch das Glück wollte es so, dass direkt nach ihnen jemand eintrat, der wohl wichtiger war und mehr Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Der Weiße Knecht mischte sich unter die anderen Gäste und drehte sich erst dann um.
    Ein ernsthafter, stämmiger Mann, ihm sicher um einen halben Kopf erhaben, führte eine elegante Frau herein. Ihr Lächeln war beinahe ein Strahlen, und für einen kurzen Moment hielt der Weiße Knecht die beiden für ein glückliches Liebespaar, auch wenn er wusste,

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