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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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hinter diesem Plan, den sie in Emden ausgeheckt haben?«
    Der Bote zuckte die Schultern. »Ich habe nur dieses Schriftstück zu verlesen, mehr nicht.«
    »Ach, du weißt bestimmt noch mehr! Ist es dieser Syndikus, dieser Homfeld? Denn wenn er die Sätze aufgeschrieben hat, dann pfeif ich drauf. Der will doch nur selber seine Macht vergrößern!«
    Der fürstliche Bote wurde nervös und wollte sein Papier verstauen, doch die Rede des Bauern hatte einige der Umstehenden angestachelt. Sie redeten nun auf den Mann ein, bis dieser immer kleiner zu werden schien. Schließlich sagte er seufzend:»Nun, es gibt natürlich Gerüchte … «
    Mit einem Mal war der Marktplatz bis auf das Gackern der Hühner vollkommen still geworden.
    »Man sagt, der ehemalige Geheimrat steckt mit Homfeld unter einer Decke. Sie wollen nicht nur die Erbfolge für Preußen sichern, sondern sind gleichzeitig bestrebt, das baldige Ende des Cirksena-Geschlechtes voranzutreiben.«
    »Wusste ich es doch!«, rief der Bauer. »In Wahrheit lauern auch die Renitenten nur darauf, uns ebenfalls zu unterdrücken! Sie sind ebenso Mörder und Intriganten wie die feinen Herren am Fürstenhof.«
    »Du sagst es!«, pflichtete ein anderer bei.
    Und eine Marktfrau rief:»Dieser Switterts hat nur Unglück über uns gebracht!«
    Der Viehhändler ballte die Faust. »Wenn es den Weißen Knecht noch gäbe, dann hätten wir einen, der sich das nicht so ohne weiteres bieten lassen würde.«
    Zahlreiche Menschen riefen jetzt zustimmende Worte. »Aber den Weißen Knecht hat dieser verdammte Switterts damals ermorden lassen. Weil er wusste, gegen ihn hätte er keine Chance gehabt!«
    »Der Weiße Knecht hätte dieses Spiel durchschaut, und er hätte sich eingemischt!«
    »Ja, er hätte sein Leben riskiert. Für die Gerechtigkeit und die Freiheit. Das waren seine Ziele im Leben!«
    Der Bote versuchte, die Menge zu beruhigen, doch als er merkte, dass niemand mehr auf ihn hörte, schnappte er sich seine Sachen und verließ auf dem Rücken seines Pferdes fluchtartig den Hager Markt.
    Die Menschen riefen jetzt wild durcheinander. Und auf einmal durchfuhr es Tasso wie ein Blitz. Er erinnerte sich an den Moment, als er am ausgebrannten Haus des Kartenmalers gestanden und sich geschworen hatte, den Kampf wiederaufzunehmen. Nun war er zehn Jahre älter, und doch war das Gefühl wieder da.
    »Wie viel verlangst du für ein Pferd?«, fragte er den Viehhändler, der gerade dabei war, seine Kutsche zu beladen.
    Der Mann betrachtete ihn von oben bis unten, dann fuhr er fort, seine Waren zu sortieren. »So viele Gulden hast du sicher nicht.«
    »Ich nehme den ältesten Gaul, ohne Zähne und mit trüben Augen, wenn es sein muss. Es ist nicht schlimm, wenn er morgen tot zusammenbricht, nur heute muss er mich noch tragen.«
    Der Händler zeigte beim Lachen seine braunen Zähne. »Ich verkaufe keine kranken Viecher, dann wäre ich doch ein Betrüger!«
    »Pass auf, ich gebe dir mein ganzes Geld. Achtzig Gulden.«
    Die braunen Zähne lagen wieder blank. »Mach, dass du mir aus dem Weg gehst!«
    »Und mein Grundstück. Die Kartoffeln sitzen in der Erde und warten darauf, bald geerntet zu werden. Du wirst ein gutes Einkommen haben. Und wenn es dir nichts bedeutet, so kannst du es ja weiterverpachten. Ich schreibe hier auf den Zettel, dass ab heute alles dir gehören soll!«
    Die Augenbrauen des Mannes wurden skeptisch zusammengezogen. »Du bist sicher ein mieser Gauner. Niemand gibt alles, was er hat, für einen Klappergaul!«
    »Ich bin kein Gauner. Aber ich bin auch kein Bauer, das habe ich eben bemerkt. Ich will ein neues Leben beginnen. Und dazu brauche ich kein Land, keine Hütte, keine Kartoffeln, sondern nur ein Pferd, das mich so bald wie möglich von hier wegbringt.«
    Tasso musste sich noch einige überzeugende Sätze einfallen lassen, bis der Viehhändler schließlich ein lahmendes Kutschpferd abspannte und ihm übergab – allerdings ohne Sattel oder Zügel. Aber das alte Tier würde ihn sicher nicht abwerfen, dachte Tasso und trieb es trägen Schrittes auf den Weg nach Aurich.
     

     
    Obwohl es die Sonne an diesem Maiabend nicht eilig hatte, war es schon beinahe dunkel, als Tasso vor dem Schloss ankam. Die Wachen musterten ihn mit unverhohlenem Misstrauen.
    »Der Fürst empfängt keine Bettler «, speiste einer der Männer ihn ab. »Er ist schon krank genug, da wird er sich nicht noch Läuse und Flöhe einfangen wollen.«
    »Sagt ihm, der Weiße Knecht ist gekommen, um mit ihm zu

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