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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Thronfolgers hellte sich auf, und er erhob sich.
    »Jantje! Wie bin ich froh, dich zu sehen!«
    Das Mädchen rannte zu ihm hinüber, reichte ihm die Hand und machte einen tiefen Knicks. Bei aller Höflichkeit war nicht zu übersehen, dass sie ihm wohl am liebsten um den Hals gefallen wäre.
    Weert konnte sich keinen Reim darauf machen, also schubste er den rothaarigen Rudger an, der immerhin schon sechs Jahre hier lebte und wesentlich besser Bescheid wusste.
    »Was ist hier los?«
    Rudger zuckte die Achseln.»Jantjes Mutter arbeitet am Hof. Vielleicht kennen sie sich von früher.«
    Das würde auch erklären, warum Carl Edzard auf einmal wirklich wie ein Junge aussah und in seinen blassen Augen so etwas wie Leben aufblitzte, dachte Weert.
    »Eure Durchlaucht mögen entschuldigen, dass ich so einfach an Euch herantrete «, sagte Jantje jetzt „Zur Fürstin und senkte den Blick. Sie schien durch und durch mit den Gepflogenheiten am Hofe vertraut zu sein.
    »Ich weiß, wer du bist, mein Kind «, antwortete Sophie Caroline, und ihr war keinerlei Strenge anzusehen.»Du bist die Tochter meines treuesten Kammerfräuleins. Und ich soll dich von deiner Frau Mama auf das herzlichste grüßen. Mir ist auch nicht entgangen, dass mein lieber Stiefsohn, Seine Durchlaucht Carl Edzard, sich auf dich gefreut hat. Nur scheint er seine älteste Spielkameradin unter den vielen Mitschülern gar nicht erkannt zu haben.«
    Der Junge bekam tatsächlich einen roten Kopf.»Es ist eben schon viel zu lange her … «
    Jantje strahlte ihn an.»Aber lieber Freund, erinnerst du dich nicht an unseren Spaziergang? Da haben wir auch den Schweinestall besucht. Ich glaube, es war im Sommer vor zwei Jahren, als ich das letzte Mal heimfahren durfte.«
    »Ja, natürlich erinnere ich mich. Es fing an zu regnen, und mein Leibarzt hatte große Sorge, dass ich mir eine Maladie holen könnte. Ich musste drei Tage lang im Bett liegen bleiben.«
    »Und bist nicht krank geworden, stimmt’s?«
    Der Junge nickte verwundert, so als sei ihm das glückliche Ende jenes Tages erst in diesem Moment wieder eingefallen. Plötzlich begann er mit großem Appetit den Schweinebraten zu verschmausen. Jantje Haddenga hatte mit ihrer unbekümmerten Art die Situation gerettet.
    Im Gegensatz zu Pastor Bilstein konnte Weert sich nicht darüber freuen. Ihm wäre ein verknöchertes, steifes Mahl wesentlich lieber gewesen. Carl Edzard sollte nicht glauben, das Leben sei leicht und fröhlich und ohne Gefahr. Denn das war keineswegs der Fall.
    Weert hatte einem alten Straßenkehrer einige Groschen zugesteckt, um mehr über den verfluchten Weißen Knecht und seine Leute zu erfahren. Und er wusste, heute war der Tag, an dem sie wieder in Erscheinung treten würden. Aber er wollte ihren Plan vereiteln. Er, Weert Switterts, allein. Damit das Fürstenhaus wusste, wem es zu Dank verpflichtet war.
    »Lass uns verschwinden «, raunte er Rudger zu, der ihn ganz entgeistert anstarrte. Der Fleischsud lief ihm links und rechts aus den Mundwinkeln.
    »Jetzt? Aber warum denn das? Ich habe noch nie so gut gespeist!«
    »Frag nicht so viel, du Schwachkopf!« Weert verpasste ihm unter dem Tisch einen kräftigen Tritt, damit er den Ernst der Lage begriff.»Komm mit hinters Haus!«
    Rudger biss noch ein letztes Mal in das saftige Fleisch, griff sich ein Stück Brot und folgte Weert unauffällig. Er hatte bereits gelernt, dass es sich lohnte, Weerts Befehlen zu gehorchen.
    Auf dem Hof liefen nur ein paar Hühner und Katzen herum. Ansonsten lag alles einsam und ruhig da. Auf der anderen Seite des Haupt- und Nebenhauses waren Remise, Weberei und Stall. Von der Straße aus konnte niemand hereinblicken.
    »Was willst du, Weert? Dauert es lange?«
    »Schlag mir ins Gesicht «, forderte Weert und stellte sich vor seinen Begleiter, der zu den Größten und vor allem Kräftigsten im ganzen Waisenhaus zählte.
    Rudger tippte sich an die Stirn.»Wie bitte? Spinnst du jetzt? Hattest du etwa Bier in deinem Krug?«
    Doch Weert drehte sein Gesicht zur Seite und präsentierte Rudger die rechte Seite.»Hier auf den Wangenknochen. Es sollte ein bisschen bluten. Und dann nochmal gegen die Nase.«
    »Was soll denn der Mist? Ich schlag dich doch nicht!«
    »Unter meinem Bett liegt in einer kleinen Schachtel Zuckerbankett. Das kannst du haben. Und einen Groschen dazu.« Weert packte den Arm des anderen und boxte sich damit selbst in die Seite. Das tat kein bisschen weh, aber Weert dachte, so würde dieser trübe Rudger

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