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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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probierte es mit Sätzen wie »Der Tag ist so schön, noch schöner wäre er, wenn wir ihn gemeinsam verbringen würden«. So etwas in der Art hatten die jungen Männer auf Juist immer gesagt, wenn sie um ein Mädchen warben.
    Aber Helene rollte nur die Augen und beschleunigte den Schritt. Der Rock rutschte ihr beim hastigen Laufen etwas nach oben und legte ihre nackten Knöchel frei.
    Das hat sie absichtlich so eingefädelt, dachte Weert, sie wollte ihm den Kopf verdrehen. Also nutzte er die kleine Nische zwischen Münzerei und Goldschmiedewerkstatt, um sie gegen die Wand zu drücken und seinen Mund auf ihre Lippen zu pressen. Doch sie stieß ihn von sich und rammte ihm den Brotkorb in den Unterleib. Dann sah sie ihn das erste Mal direkt an und sprach:»Du verfluchter Bastard! Was bildest du dir ein?«
    Diese Abfuhr schmerzte Weert. In jeder Hinsicht. Das Pulsieren seiner Lenden quälte ihn noch eine ganze Weile, doch von einer Küchenmagd als Bastard beschimpft und wie der letzte Dreck behandelt worden zu sein, setzte ihm weit mehr zu.
    »Sie hat einen Kerl, möchte ich wetten «, fügte Weert am späten Nachmittag hinzu, als er Rudger von diesem Erlebnis erzählte. Natürlich schilderte er die Begegnung etwas anders, als sie sich zugetragen hatte.
    Rudger war sein Bettnachbar und kannte sich gut in der Gegend aus. Der rothaarige Waisenjunge war zu allen Schandtaten bereit und so dumm wie der Klotz, an dem er täglich stand, um Holz für die Kamine zu spalten.
    »Hast du sie mal mit einem Mann gesehen?«, fragte er Weert.
    »Nein, aber wenn sie mit der Küchenarbeit fertig ist, geht sie immer pünktlich aus dem Haus und hat dabei so einen seltsamen Blick … Ich werde ihr auf die Schliche kommen. Du wirst schon sehen.«
    Nach dem Abendessen postierte Weert sich direkt neben der Küchentür. Und als Helene ihre Schürze abgelegt hatte und beschwingten Schrittes Richtung St. Magnus verschwand, nahm er ihre Verfolgung auf. Aber je näher sie dem Stadttor kam, desto öfter sah sie sich um, beinahe schreckhaft, fand Weert. Er lief ganz eng an den Häusern entlang und entwischte ihrem Blick, indem er schnell in eine der schmalen Lohnen oder Hauseingänge schlüpfte. Jenseits der Stadtmauer band sie ihre Bluse auf, sodass der Stoff über ihre linke Schulter rutschte. Wie ein Versehen sollte es wirken, aber Weert ließ sich nicht hinters Licht führen. Als sie das Band aus ihren Haaren löste und die Locken auf ihre nackte Haut fielen, war ihm klar, dass er mit seiner Vermutung richtiggelegen hatte. Helene eilte zu einer geheimen Verabredung mit einem Mann.
    Außerhalb der Stadt gab es keine dunklen Ecken mehr, in denen er schnell verschwinden konnte. Also hockte Weert sich hinter einen Busch und beobachtete Helene aus der Entfernung. Einige Ruten weiter stand ein Mann auf dem Weg, der auf Helene zu warten schien. Als sie auf seiner Höhe war, fassten sie sich an den Händen, rannten auf irgendeinen Feldweg – und waren verschwunden.
    Die Eifersucht war ein brennendes Gefühl. Weert versuchte, es herunterzuschlucken, aber es saß hartnäckig in seinem Hals. Er stellte sich vor, wie Helene sich diesem Fremden hingab. Dass dieser Kerl nun an ihre Brüste fasste, mit ihrem Haar spielte und ihr den Rock über die Hüften schob.
    Er wollte dieses Bild loswerden.
    Und er wollte sich rächen. Irgendwie. Das konnte nicht so schwierig sein. Immerhin kannte er jede Menge Leute in der Stadt, die sich für viele Dinge interessierten.
    Und für einen Mann, der unter dem Umhang von oben bis unten weiß gekleidet war, für den würden sie sich bestimmt besonders interessieren.
    Weert wusste, er müsste sich schon sehr getäuscht haben, wenn es sich bei dem Galan, der mit Helene im Nichts verschwunden war, nicht um den Weißen Knecht gehandelt hatte.

8
    E s war hoffnungslos. So hoffnungslos, dass selbst Pastor Bilstein irgendwann ein Einsehen hatte und Maikea vom Webstuhl erlöste. Stattdessen half sie nun seit einigen Wochen im Kräutergarten und in der Küche mit.
    In den riesigen Töpfen brutzelten heute Fleischstücke, was sehr selten vorkam. Die stille Helene kippte Mehl über die Brocken und gab einen Berg geschnittene Zwiebeln dazu. Es roch köstlich nach Sniertjebraa, den Pastor Bilstein schon vor zwei Tagen angeordnet hatte. Maikea wusste, dass ein solch opulentes Mahl den Haushaltsplan überstieg, und hatte die Sorgenfalten des Heimleiters registriert.
    Den Grund für diese ungewöhnliche Verschwendung wusste niemand, doch es

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