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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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tanzen uns die Stände bald auf der Nase herum, und die Rebellen haben ein leichtes Spiel.«
    »Der Weiße Knecht glaubt ohnehin, dass er Narrenfreiheit genießt. Insbesondere, da es dem alten Rat nicht gelungen ist, die Amnestie des Kaisers abzuwenden, und dadurch vor zwei Jahren sämtlichen Rebellen die Strafe erlassen wurde.« Diese spitze Bemerkung konnte Weert sich nicht verkneifen. Obwohl er wusste, Brenneysen würde den indirekten Angriff auf seine damaligen Amtsgeschäfte sofort verstehen.
    »Wer zum Teufel kennt denn noch den Weißen Knecht?«, konterte Brenneysen.»Nach der missglückten Entführung hat dieser Rebell nur noch wenige kleine Auftritte gehabt. Der kann uns nicht mehr gefährlich werden.«
    »Aber jetzt ist der Fürst tot. Und in Emden stehen die verdammten Renitenten schon in Lauerposition. Sie haben Carl Edzard die Huldigung verweigert. Wäre ich der Weiße Knecht, so würde ich diesen Zeitpunkt nutzen, um neue Forderungen zu stellen und den Kampf Wiederaufleben zu lassen.«
    »So, so, wenn Ihr der Weiße Knecht wäret … « Brenneysen schnaubte kurz und schaute dann verächtlich in die Runde, um zu demonstrieren, wie lächerlich er Weerts Gedankengänge fand. Doch kein Ratsherr zog auch nur die Mundwinkel hinauf. Sie wussten, Weert hatte recht.
    Brenneysen konnte immer seltener die kleinen Wortduelle für sich verbuchen.
    Schon lange standen die beiden Männer sich alles andere als freundschaftlich gegenüber. Weert wurde von einigen Ratsmitgliedern bereits als Nachfolger des Hofmarschalls gesehen, und von der Position aus war es nur noch ein kleiner Schritt ins Kanzleramt. Brenneysen mochte jahrelange Erfahrung haben. Auch hatte er die schlimmste Phase des Bürgerkrieges durchgestanden und, zumindest auf dem Papier, den Sieg über die Rebellen errungen. Aber er war alt und krank. Und in vielerlei Hinsicht wirkte sich das auf sein Verhandlungsgeschick aus. Manchmal hatte Weert den Eindruck, dass sich beim Kanzler eine ungünstige Nachgiebigkeit zeigte, und das war fatal. Der neue Fürst war ein Weichling, da mussten die Männer hinter ihm doppelt so hart sein.
    Brenneysen ließ sich vom Sekretarius rasch die neuen Papiere geben, um dann das Thema zu wechseln.
    »Die ersten Rückmeldungen aus den anderen Fürstenhäusern sind gekommen. Alles läuft darauf hinaus, dass wir unseren hochgeehrten Verstorbenen im September zu Grabe tragen werden.«
    »In drei Monaten ein Staatsbegräbnis planen, da bleibt nicht viel Zeit «, entgegnete der Hofmarschall und seufzte.»Wir brauchen zusätzliches Personal, weitere Köche, dann die Musikkapelle … «
    »Entschuldigt die Störung, Euer Ehren «, unterbrach ein eilig in den Verhandlungsraum eingetretener Wachmann.»Vor dem Tor gibt es Probleme.«
    »Was steht Ihr dann hier rum?«, blaffte Weert.»Wir haben nicht die Zeit, uns um derlei Kleinkram zu kümmern. Wenn Eindringlinge Unfrieden machen, nehmt die Degen in die Hand, dann rennen sie davon.«
    Doch der Mann blieb stehen und blickte verschämt zu Boden.»Es ist nur eine Person, Ratsherr Switterts. Eine junge Frau. Es erscheint uns unpassend, sie mit der Waffe anzugehen.«
    Weert schüttelte den Kopf.»Manchmal habe ich das Gefühl, wir befinden uns hier in einer dieser albernen Molière-Possen statt auf dem Hof des ostfriesischen Fürsten. Nicht zimperlich sein, Soldat! Die Weiber sind oft die schlimmsten!«
    »Aber sie sagt, dass sie Euch kennt.«
    »Mich?« Weert musste nachdenken. Es gab einige Frauen in Aurich und Umgebung, mit denen er bestens bekannt war. Aber keine von ihnen hätte den Mut oder die Dreistigkeit, ihn hier bei Hofe aufzusuchen.»Was will sie denn?«
    »Soweit ich verstanden habe, will sie zum Fürsten vorgelassen werden.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Nun … « Tatsächlich errötete der Uniformierte unter seiner Kappe.»Es kommt mir auch seltsam vor, aber sie behauptet, sie hätte eine wichtige Entdeckung gemacht, die unser Land vor Sturmfluten schützen könne.«
    Ein allgemeines Gelächter breitete sich unter den Mitgliedern des Geheimen Rates aus. Doch Weert blieb ernst. Es kam ihm eine Vermutung, die so unwahrscheinlich war, ihm aber dennoch das Blut stocken ließ. Konnte es Maikea sein? Nach all den Jahren? Man war stillschweigend davon ausgegangen, dass dieses Mädchen – nachdem sie selbst Wochen nach der Entführung nicht wiederaufgetaucht war – ihren Abenteuerausflug in die Fänge des Weißen Knechtes nicht überlebt hatte. Die besorgte Fürstin hatte sich

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