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Die Inselvogtin

Die Inselvogtin

Titel: Die Inselvogtin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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ihnen an, wenn sie sich von oben bis unten mit Brokat behängten.
    Maikea hatte nichts dergleichen getragen, und doch wäre sie in dieser Gruppe diejenige, an der sich sein Blick und der eines jeden Mannes am längsten ergötzt hätte. Trotzdem wollte Weert, dass vorerst niemand von seiner neu entflammten Leidenschaft erfuhr. Also wechselte er das Thema.
    »Wisst Ihr, warum der Fürst nach uns rufen ließ?«
    Doch während sie die Stufen zum Eingang nahmen, kam ihnen die Antwort in Form einer völlig verweinten Jantje Haddenga entgegen. Sie blieb kurz stehen. Und für einen Moment glaubte Weert, dieses Kammerfräulein würde es wagen, das Wort an ihn zu richten. Doch sie rannte weiter die Treppe hinab, gefolgt von drei anderen Mädchen, die sie zu beruhigen versuchten.
    »Ach, nun verstehe ich. Der Brief vom Hof in Bayreuth ist eingetroffen.« Weert lächelte und sah zu Brenneysen hinüber, dem ebenfalls eine gewisse Zufriedenheit ins Gesicht geschrieben stand.
    Sie traten durch die geöffneten Flügeltüren in die Eingangshalle.
    Als Weert vor fünf Jahren zum ersten Mal dieses prachtvolle Schloss betreten hatte, meinte er, seinen Augen nicht trauen zu können: ein von Marmorfliesen gemusterter Boden, der die Schritte der Menschen von der gewölbeartigen Decke und den goldverzierten Wänden tausendmal widerhallen ließ. Lebensgroße Ahnengemälde prangten neben den Stufen, und ein verschnörkeltes Treppengelände verhieß weitere, prunkvolle Gemächer im oberen Stockwerk. Dies alles hatte ihn damals glauben lassen, dass es auf der ganzen Welt keinen prachtvolleren Ort geben könne als diesen. Inzwischen wusste Weert es besser. Das Auricher Schloss hatte nur bescheidene Ausmaße und stand in keinem Vergleich zu den Höfen in Hannover, Dänemark oder gar Frankreich. Doch die Familie der Cirksena hatte ihren Wohn- und Regierungssitz stets verbessert. So waren Erker in das Dach eingebaut und ein prächtiger Schlossgarten angelegt worden. Und der Neubau der Kanzlei trug ebenfalls dazu bei, einen durchaus modernen Eindruck zu hinterlassen. Welche Summen dieses Bauwerk im Jahr verschlang, konnte Weert nur ahnen. Würde man das Geld stattdessen für den Deichbau investieren, könnten die Untertanen in Sturmnächten wahrscheinlich ruhiger schlafen.
     

     
     
    Fürst Carl Edzard war nicht allein, seine junge Gattin hatte sich auf den Stuhl gesetzt, der neben dem Thron stand. Obwohl ihr Sitzmöbel kleiner und weniger schmuckvoll war, wirkte ihre Gestalt eindrucksvoller als die des Herrschers – auch wenn sie selbst kein Wort sagte und mit teilnahmslosem Gesicht aus dem Fenster schaute. Man hatte dem eher weichlichen Fürsten eine resolute Frau an die Seite gestellt, die zwei Jahre älter und wesentlich erfahrener war. Wilhelmine Sophie war nicht hässlich, wenngleich etwas zu spitznasig für Weerts Geschmack. Außerdem fehlte ihr das feurige Strahlen einer jungen Braut. Und jeder am Hof wusste, weshalb.
    »Brenneysen, Switterts, kommt herein. Ich dachte schon, Ihr schafft es heute gar nicht mehr.« Der Fürst war schlechter Laune. Sein rundes Gesicht schien noch blasser als sonst, und die schmalen Lippen waren nach unten gezogen, was ihm einen beleidigten Ausdruck gab.»Ich habe soeben dieses Schreiben hier in die Finger bekommen.«
    Er wedelte mit einem Brief herum, dessen Inhalt Weert nur zu gut kannte. Schließlich hatte er ihn vor gut vier Wochen selbst verfasst, und sein Name stand darunter.
    »Was fällt Euch ein, meine Personalangelegenheiten zu regeln? Wer in diesem Hause wo arbeitet, ist immer noch allein Sache des Fürsten.« Auch wenn die Sätze wahrscheinlich böse gemeint waren, vermochten sie durch die helle Stimme des Fürsten niemanden ernsthaft zu erschrecken.
    Brenneysen räusperte sich.»Soweit ich über die Sache unterrichtet bin, hat Ihre Durchlaucht Fürstin Sophie Caroline aus ihrer alten Heimat die Bitte erhalten, für die Schwägerin in Bayreuth eine adäquate Hofdame zu finden. Und da sie mit dem Kammerfräulein Jantje Haddenga überaus zufrieden ist, dachte sie … «
    Diese Version entsprach nicht ganz der Wahrheit. Eigentlich hatte der Geheime Rat beschlossen, die verwandtschaftlichen Bande zu nutzen, um das leidige Problem der unerwünschten Liebschaft auf diese Weise elegant zu lösen. Doch der Fürst durchschaute das Manöver.
    »Verschont mich mit Euren Ausreden. Wir haben ein Dutzend prächtiger Zofen hier am Hofe, die durchaus mehr Erfahrung als die Besagte haben.«
    Brenneysen wollte

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