Die Interstellaren Freihändler: Science-Fiction-Zyklus (German Edition)
der Alten Sternvölker degeneriert sein, aber andere haben ebenso sicher einen weitaus höheren Grad der Entwicklung erreicht – und ein größeres Potential der Angst vor uns. Sie sahen zu, wie der Homo sapiens eine Welt nach der anderen entdeckte und besiedelte und in ihre stellaren Landschaften eindrang. In ihrer Erinnerung wird verankert sein, was der Mensch vermag, und woher er kommt.
Der ewige Traum des Menschen, die Sterne zu beherrschen und deren Planeten zu terraformen, wird eines Tages aus dem von verlockenden Farben strotzenden Gefüge des Schlafes mit der Wirklichkeit kollidieren. Dann werden wir Menschen erfahren müssen, dass dieses Glück zerbrechlich ist wie ein hohler Komet in der Sonnenkorona, und dann stehen wir einer Phalanx von 1001 Planetenvölkern gegenüber, von denen eines unerforschlicher ist als das andere. Und daraufhin wird eine Große Furcht die Planeten der Inneren Sonnen, der Äußeren Sterne und der Liga der Randbezirke erfassen ...‹
Howard Yulsmann betrachtete das angesprochene Problem keineswegs mit Angst oder Furcht. Aber er – und nicht nur er – ahnte, dass Homo sapiens in der Galaxis nicht allein war, und dass früher oder später eine Begegnung der keineswegs fröhlichen Art stattfinden konnte. Finanziell unabhängig, wie er nun war, hatte er beschlossen, dort zu suchen, wo vor ihm noch niemand gesucht hatte; hinzu kam seine Kenntnis eines Zitats von Immanuel Kant: Der Besitz der Gewalt – Yulsman setzte ›Gewalt‹ mit ›finanzieller Unabhängigkeit‹ gleich – verdirbt unvermeidlich das freie Urteil der Vernunft. Dies jedenfalls dachte er.
»Hier, im goldenen Leuchten der aufglimmenden Staubwolken, wird ein neues Kapitel anfangen. Mein Kapitel.« Shisha nickte ihm zu und streichelte seine Pranke. Sie zeigte nach hinten und sagte in schwer definierbarem Tonfall:
»Vergiss nicht die kurzweilige Rohanna.«
»Wie könnte ich!«, antwortete er. »Bei dem Preis, den Pompeo für dieses Modell verlangte!«
Rohanna war, dem Hang der Händler zu einfallsreichen Scherzen entsprechend, selbst bei genauem Hinsehen selbst nackt nicht von einer jungen terranischen Frau zu unterscheiden. Nur das fast mathematische Gleichmaß der blauäugigen, hellbraunhaarigen Schönheit R obot J ohannas, also Rohannas, machte den Betrachter stutzig.
Das Glimmen der Sonne nahm zu. Das Schiff steuerte auf das Gestirn zu und schlug im heller werdenden Nebel eine lang gestreckte Kurve ein. In unterlichtschnellem Flug gab es genügend Zeit, die Schwerkraftzentren eines Planetensystems zu entdecken und fünf Planeten auf herkömmlichen Bahnen auf den Ortungsschirmen zu bestimmen. Howard ließ die KI des Autopiloten auf den innersten Planeten zusteuern, Shisha aktivierte ein halbes Dutzend Warn- und Schutzeinrichtungen und verließ daraufhin ihren Sitz. Sie kannte Howard lange und gut genug. um zu wissen, dass er ganz allein versuchen musste und versuchen würde, die vor ihm liegenden Rätsel zu entschlüsseln.
Howard rief: »Rohanna! Hierher!«
Das eine Viertelmillion-Ecum-Meisterwerk betrat wie eine überirdische Erscheinung den freien Raum zwischen Pilotensesseln und dem Schott zum Schiffsinneren. Rohanna war in einen Bordoverall gekleidet, der ihre virtuellen körperlichen Reize mehr hervorhob als verhüllte. Sie strahlte Howard und Shisha fragend an; jeder Halbwüchsige würde bei ihrem Anblick seiner Akne entsagen.
»Ist die Herstellung eines starken Cabromins mit alkoholischem Zusatz in deinen ausführlichen Programmen vorgesehen?«
»Du wirst erstaunt sein, Howie, zu hören, dass ich 16 Programme gespeichert habe; Cabromin in jeder Stärke, bitter und süß, mit neun verschiedenen Zusätzen. Herstellungsdauer mit Zubehör 90 Sekunden.«
»Wie schön. Zwei Portionen!«
Howard wechselte einen langen Blick mit Shisha und wünschte sich, er hätte einen der praktischen, skelettartigen Robots, und nicht ein derart atemberaubend hochgezüchtetes Geschöpf bezahlt und programmieren lassen. Rohanna-Robot entgegnete mit honigsüßer Mezzo-Altstimme:
»Ich bin ein höchstentwickeltes Versuchsmodell. Alles ist anders als an allen andern Robots. Ich brauche, um richtig arbeiten zu können, keine Ecum, sondern Bewunderung und richtige Nahrung.«
Howard unterdrückte einen Anfall von Schüttelfrost, schlug die Hände vor das Gesicht und blinzelte zwischen den Fingern hindurch. Rohanna stand im Raum, strahlend schön, und trug mit perfekter Nachlässigkeit den silberdurchwirkten, tief
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