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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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denen Mädchen zu sagen schienen: Jungs! Denkt ihr eigentlich nie nach, bevor ihr den Mund aufmacht?
    Schon deshalb ließ Jonas sie allein zum Bett hinübergehen. Wenn sie schon alles besser wusste, sollte sie Alex eben allein wegziehen.
    Katherine begann Alex am Arm zu zerren, schien diesmal aber mehr Mühe zu haben als mit Chip. Vielleicht spielten seine Augen ihm einen Streich, aber Jonas kam es vor, als glitten ihre Finger einfach durch Alex’ Arm hindurch.
    »Kann … vielleicht … jemand?«, ächzte Katherine.
    Wiederstrebend stand Jonas auf und trat neben sie und den Marker/Alex. Er stemmte sich gegen Alex’ Rücken. Es war ein überaus merkwürdiges Gefühl: zu heiß und zu kalt, zu kratzig und zu klebrig, alles auf einmal.
    »Die Zeitkrankheit«, murmelte Katherine. »Ich …«
    »Achtung«, sagte Chip. Er zerrte von unten an Alex’ Füßen. Mit den Schuhen voran glitt dieser aus dem Marker und schlug mit dem Kopf auf den Boden. Sobald Alex in Bewegung geriet, kippte Jonas nach vorn, mitten durch den Marker hindurch, und knallte mit dem Kinn auf den Rand des Bettes. Die Matratzen im fünfzehnten Jahrhundert waren längst nicht so dick wie im einundzwanzigsten, daher dämpften sie seinen Sturz nur wenig. Jonas schlug heftig auf. Unter- und Oberkiefer prallten so fest aufeinander, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Als sich der Schleier verzog, sah er, dass Katherine genau in die andere Richtung gefallen und mit der Schulter gegen die Wand geknallt war.
    Wenn wir so weitermachen, überlebt keiner von uns das fünfzehnte Jahrhundert, dachte Jonas. Schauer jagten ihm über den Rücken, die nichts mit den Schmerzen in seinem Kiefer zu tun hatten.
    »Interessant«, murmelte Alex. Er lag immer noch auf dem Boden und starrte zur Decke hinauf.
    »Hattest du das Gefühl, jemand anderes zu sein?«, fragte ihn Chip.
    »Ja«, sagte Alex und blinzelte. »Nein. Ich war ich. Ich bin ich. Nur … dass es nicht stimmt.«
    »Klar wie Kloßbrühe«, sagte Katherine, die sich die angeschlagene Schulter rieb.
    »Ich weiß genau, was du meinst«, erklärte Chip aufgeregt.
    Alex nickte und setzte sich auf. Er starrte zum Fenster, genau wie Chip es getan hatte.
    »Ich kann die Sterne betrachten und wissen, dass sie Lichtjahre entfernt sind, dass sie Rote Riesen oder Gelbe Zwerge sind und durch Kernfusionen entstehen – und gleichzeitig denke ich, dass Gott sie auf einen Teppich an den Himmel gemalt hat. Ich habe sogar gedacht, sie würden sich um die Erde drehen!«, sagte er.
    Chip nickte.
    »Weißt du von unserem Onkel?«, fragte er.
    »Du meinst Graf Rivers?«, erwiderte Alex.
    »Gloucester«, sagte Chip und die Art, wie er es sagte, jagte Jonas wieder kalte Schauer über den Rücken.
    Alex starrte immer noch zum Fenster.
    »Mutter hat einen Plan«, sagte er leise. »Sie wird sich um uns kümmern.«
    »Halt, stopp, Moment mal«, sagte Katherine und trat zwischen Alex und Chip. »Hört auf so zu reden, als wärt ihr
sie
. Sie zeigte auf die beiden Markerjungen, die sich wieder auf dem Bett zusammengerollt hatten. Der Ältere strich dem Jüngeren über den Kopf. »Ihr macht mir Angst.«
    »Aber wir sind sie«, sagte Chip. Er stand auf, als wollte er sich wieder mit seinem Marker vereinen.
    Katherine stemmte die Hände gegen seinen Brustkorb und hielt ihn auf.
    »Hör auf damit!«, beharrte sie hartnäckig. »Du bistChip Winston. Du lebst in Liston, Ohio, Greenbriar Court 805. Du gehst in die siebte Klasse der Harris-Mittelschule. Und du stammst aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert!« Sie nahm eine Hand von seiner Brust und packte Alex an der Schulter. »Und du bist Alex, äh, wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?«
    Alex schien einen Augenblick überlegen zu müssen.
    »Polchak«, sagte er.
    »Und wie lautet deine Adresse?«
    »Äh, Upper Tyson, Ohio, University Boulevard 3213.« Katherine nickte.
    »Welches Jahr haben wir?«
    »1483«, sagte Alex.
    »Nein, nein! In welchem Jahr sollten wir eigentlich sein?«
    Alex runzelte bedauernd die Stirn.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Chip und ich gehören wirklich ins Jahr 1483. Das ist die Zeit, in der wir eigentlich sein sollten. Ich weiß, dass du dafür sorgen willst, dass ich mich ans einundzwanzigste Jahrhundert erinnere, und das tue ich auch. Aber an 1483 erinnere ich mich einfach besser.«
    Katherine hatte den gleichen Ausdruck im Gesicht, den sie schon als Kind immer bekommen hatte, wenn sie kurz vor einem gewaltigen Wutausbruch stand. Aber Jonas glaubte nicht, dass ihnen

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