Die Intrige
Dienstmädchen mit einem Tablett hatte die Tür aufgedrückt und näherte sich dem Tisch.
»Frühstück, Eure Hoheiten«, sagte sie, blieb stehen und sah zu dem leeren Bett hinüber. Die obenauf liegende Decke war zerwühlt und hing von der Matratze bis auf den Boden hinab. Die Kissen bildeten halb von der Decke verdeckte Hügel, waren aber zu klein, um wie zwei schlafende Jungen auszusehen.
»Sonderbar«, murmelte das Mädchen und kratzte sich unter einer albernen Rüschenkappe. »Sonst schlummern sie noch, wenn ich komme.«
Sie sah sich um und ihr Blick wanderte dorthin, wo Jonas und die anderen waren. Jonas erstarrte sekundenlang, doch sie sah einfach an ihm vorbei.
»Sind wohl in der Abortkammer«, beschloss sie und sah zur Tür, die in das Zimmer führte, in dem Jonas und die anderen in der vergangenen Nacht gelandet waren.
Der Abort?, wunderte sich Jonas. Ist das so etwas wie eine Toilette? Kein Wunder, dass es dort drinnen so gestunken hat.
Achselzuckend stellte das Mädchen das Tablett ab und ging.
Ohne weiter darüber nachzudenken, stand Jonasauf und ging zum Tisch hinüber. Essen … Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen? Beim Frühstück gestern Morgen, oder besser, gestern in etwa fünfhundert Jahren in der Zukunft. Mom hatte ihnen Arme Ritter und gebratenen Speck zubereitet, eines von Jonas’ Lieblingsessen, mit dem sie ihm eine Freude machen wollte, weil sie annahm, dass es ihn vielleicht nervös machte, an einer Adoptionskonferenz teilzunehmen.
Wenn ich geahnt hätte, was mir wirklich bevorsteht, dachte Jonas, hätte ich sechs Arme Ritter gegessen statt nur vier!
Er betrachtete das Essen auf dem Tablett: zwei Becher, zwei Schalen mit etwas, das wie Haferbrei aussah, zwei Schalen mit etwas, das gedünsteten Datteln ähnlich sah, ein angekohlter Klumpen von etwas, das Fleisch sein mochte, und ein Laib Brot, der hart genug wirkte, um sich daran die Zähne auszubeißen.
Alles sah ganz und gar widerlich aus, trotzdem knurrte Jonas der Magen.
Es wird sicher niemand merken, wenn ich ein oder zwei Löffel Haferbrei esse, überlegte er.
Er packte einen Löffel und nahm von dem gräulichflüssigen Brei, der dampfte, als er ihn zum Mund hob und ihn sich zögernd auf die Zunge schob. Jonas schloss die Lippen um den Löffel.
Und fing augenblicklich an zu husten.
Haben sie ein ganzes Glas Zimt in die Schale gekippt? Und ein Glas Gewürznelken hinterher?
Er hustete, würgte und hustete wieder. Dann spuckte er den Brei auf den Löffel zurück.
Als er sich endlich ausgehustet hatte, merkte er, dass Katherine, Chip und Alex wach waren und ihn anstarrten.
»Was tust du da?«, wollte Katherine wissen.
Jonas fühlte sich ein bisschen wie Goldlöckchen, nur dass man ihn beim Breiessen erwischt hatte und nicht schlafend im Bett.
»Ich habe nur einen Löffel voll genommen«, rechtfertigte er sich. »Ich hatte Hunger und dachte, es würde niemandem auffallen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es so ekelhaft schmeckt.«
Chip stand auf, reckte sich und spazierte zum Tisch.
»Ich wette, Alex und mir würde es schmecken«, sagte er. »Du hast recht – niemand wird merken, wenn ein oder zwei Löffel voll fehlen.«
»Außerdem«, sagte Alex und gesellte sich zu ihnen, »wäre es ein interessantes Experiment. Sichtbares Essen, das von einem unsichtbaren Jungen gegessen wird. Ob man die Nahrung auf dem ganzen Weg bis in den Verdauungstrakt sehen kann? Oder verschwindet sie, sobald du sie in den Mund steckst?« Er sah Jonas an. »Ich sehe kein Essen in deinem Magen.«
»Hab’s nicht runtergeschluckt«, murmelte der.
Chip griff nach dem Löffel in der anderen Schale mit Haferbrei.
»Ein kleiner Happen für einen Menschen, aber ein gewaltiges wissenschaftliches Experiment für die Menschheit«, sagte er und führte den Löffel mit theatralischer Geste zum Mund.
Sobald sich seine Lippen um den Löffel schlossen, begann auch er zu würgen.
»Bäh! Wie widerlich!«, nuschelte er und spuckte noch heftiger aus als Jonas. »Wasser! Ich muss …«
Jonas nahm einen Becher vom Tablett.
Chip trank einen gewaltigen Schluck – und spuckte auch diesen wieder aus.
»Das ist Bier! Bier und Haferbrei. Kotz!«
»Der König von England trinkt Bier zum Frühstück?«, fragte Jonas interessiert.
»Ale«, korrigierte ihn Alex. »Das trinken alle in rauen Mengen, auch Kinder. Auf das Wasser ist nicht immer Verlass.«
Jonas schüttelte staunend den Kopf. Chip spuckte und jammerte immer noch.
»Seid ihr denn
Weitere Kostenlose Bücher