Die Intrige
weil sie wissen müssen, was im Kreml vor sich geht.«
Amy schaltete auf Vernehmungsmodus und bemühte sich, sanft und beruhigend zu klingen.
»Es tut mir leid, wenn ich dir wehgetan habe«, sagte sie. »Ning hat mir erzählt, dass du ein guter Mensch bist, der nicht gerne schlimme Dinge tut. Wir müssen wissen, was zurzeit im Kreml vor sich geht. Und wenn du bereit bist, mit uns zusammenzuarbeiten, bin ich durchaus in der Position, dir zu helfen.«
»Wie helfen?«, fragte Dan.
»Kommt darauf an, was du willst«, entgegnete Amy. »Geld? Ausbildung? Ein neues Leben? Amerika ist das reichste Land der Welt und du befindest dich gerade in der glücklichen Lage, Informationen zu haben, an denen Amerika interessiert ist.«
Dans Nase hatte mittlerweile aufgehört zu bluten, und er legte die Hände hinter den Kopf und lachte, wobei er seine Schulter- und Brustmuskulatur vorteilhaft präsentierte.
»Ich glaube, niemand weiÃ, was zurzeit im Kreml vor sich geht«, sagte er. »Irena, der groÃe Boss, ist sehr krank. Krankenschwester hat Fehler gemacht bei ihrer Krebsmedizin. Sie ist total daneben. Alles nur noch unklar.«
»Wann ist das passiert?«, fragte Amy.
»Letztes Wochenende«, antwortete Dan.
Amy und Ning war klar, dass das zeitlich genau mit Ethans Entführung zusammenpasste. Mit Sicherheit steckte Leonid hinter dem »Fehler« mit der Medizin seiner Mutter.
»Ich mache Gewichtheben mit Boris und Alex Aramov«, erzählte Dan. »Sie immer sehr eitel, tun so wie groÃe Männer. Aber in letzter Zeit gar nicht angeben. Ganz still, wie schwanger mit irgendeinem groÃen Geheimnis.«
»Was ist mit Ethan Aramov?«, fragte Amy. »Hast du etwas von ihm gehört?«
Dan zuckte mit den Achseln.
»Wer ist das?«
»Er ist Ende letzten Jahres aus Kalifornien gekommen«, meinte Amy.
»Ah!«, machte Dan. »Magerer Junge?«
Amy nickte. »Ein Bodybuilder ist er sicher nicht.«
»Ich Ethan gesehen, vielleicht drei, vier Mal, aber nicht gesprochen. Da ist ein schönes Mädchen, Natalka. Sie seine Freundin.«
»Gut«, bemerkte Amy.
Von Natalka wusste sie bereits durch Ethans Online-Korrespondenz mit Ryan, aber es war beruhigend, dass Dan ihren Namen nannte, denn es bestätigte ihnen, dass Dan ehrlich war.
»Du hast uns jetzt schon eine Menge wertvoller Informationen gegeben«, meinte Amy. »Glaubst du, du könntest Natalka fragen, ob sie etwas von Ethan gehört hat? Und bleib in der Nähe von Boris und Alex. Lass es mich wissen, wenn du irgendetwas hörst.«
Dan betrachtete Amy misstrauisch und deutete auf Ning.
»Ich ihr geholfen, weil ich nicht wollte, dass man ihr wehtut. Aber was du willst, ist anders. Aramovs verraten kann mich umbringen. Meine Schwester umgebracht und mein Neffe auch umgebracht.«
Amy lieà sich von Dans Bedenken nicht aus der Ruhe bringen.
»Leonid Aramov besitzt Milliarden von Dollar«, sagte sie ernst. »Dan, du wohnst in dieser schäbigen Bude, die irgendjemand in Brand zu stecken versucht hat. Ich bin bereit, für dich ein Konto zu eröffnen, auf dem als Eingangssumme fünfzigtausend Dollar stehen.
Solange du bereit bist, uns zu helfen, bekommst du wöchentlich zweitausend Dollar. Das Geld ist steuerfrei, und wenn du oder deine nächsten Angehörigen amerikanische Staatsbürger werden wollt, wenn das hier alles vorbei ist, dann erledigen wir das. Anstatt also in Zukunft hinter dem Kreml mit Boris Aramov Gewichte zu stemmen und auf Leonid Aramovs nächste Befehle zu warten, könntest du dich in Miami in der Sonne aalen oder in New York auf ein College gehen.«
»Ich muss nachdenken«, behauptete Dan.
Doch Ning war lange genug Gast in Dans Wohnung gewesen, um seinen Gesichtsausdruck zu kennen, und sie war sich sicher, dass er begeistert war, dass ihm das schöne Mädchen alles anbot, was er sich je erträumt hatte.
19
Ethan bekam nichts zu lesen und das stundenlange untätige Sitzen im Halbdunkeln begann seine Gedanken zu verwirren. Er machte sich mentale Listen â die zehn sexiesten Filmstars, seine zehn Lieblingsbands, die zehn besten Autos. Er zählte bis 17 492 und erfand ein Spiel, bei dem er den Mund voll Wasser nahm und nach den Kakerlaken spuckte, die über den Boden krochen.
An diesem Abend trafen sich einige von Kessies Arbeitern auf einer Fläche hinter der Käfighütte. Jetzt, wo
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