Die Intrige
übernehmen, war ihm doch klar, dass er nur so lange am Leben blieb, wie er von Nutzen war, um Irena zu erpressen, falls etwas schiefging. Er war jetzt schon über eine Woche hier, und es würde sicher nicht mehr lange dauern, bis jemand zur Tür hereinkam, der statt eines Tellers eine Pistole dabeihatte.
Also holte er tief Luft, sah den Hebel noch einmal genau an, um sich zu vergewissern, dass er nicht total verrückt war, dann setzte er sich auf den Betonboden, wand sich das Ende des Schlauchs um die Handgelenke, stemmte die FüÃe gegen die Gitterstäbe und zog mit aller Kraft.
*
Ryan und Kazakov packten so viel Ausrüstung wie möglich in den weiÃen Toyota Corolla, klappten die Rückbank um und bepackten den Kofferraum mit Taschen, Bettzeug, Kissen und sogar einem rostigen alten Fahrrad, das sie in der Garage des gemieteten Hauses gefunden hatten, damit es so aussah, als seien sie mit all ihrer Habe übereilt von irgendwo aufgebrochen.
Kurz vor elf machten sie sich auf den Weg zum Kreml. Die unbeleuchtete StraÃe führte bergauf und wurde auf dem letzten Stück zu einer SchotterstraÃe durch eine mit Landelichtern erhellte Talsohle. Obwohl die Aramovs hauptsächlich mit ex-sowjetischen Militärflugzeugen arbeiteten, brauste eine relativ moderne Boeing-Frachtmaschine über das Hammer-und-Sichel-Symbol auf dem Dach des Kreml, als der Toyota vor der Lobby anhielt.
»Hast du deine Geschichte parat?«, fragte Kazakov.
Ryan hob eine Augenbraue und erwiderte auf Russisch: »Sicher doch, Dad .«
»Du bleibst hier im Auto«, befahl Kazakov und schaltete das Licht im Auto ein. »So kann man dich sehen, wenn ich meine Geschichte erzähle, aber zieh dir die Mütze ins Gesicht, damit man dich nicht erkennen kann.«
Im Foyer des Kreml hielten stets ein paar kräftige bewaffnete Männer Wache, aber es gab kein offizielles System mit Ausweisen. Kazakov glaubte schon, mit einem Bluff durchzukommen, als ihm einer der Wächter den Weg verstellte.
»Ich glaube nicht, dass ich Ihr Gesicht schon mal gesehen habe«, sagte er und legte eine Hand an die kompakte Maschinenpistole, die er umgehängt trug.
»Sicher nicht«, bestätigte Kazakov und streckte dem Mann die Hand hin. »Ich bin Igor Kazlov. In einer Bar in Bischkek hat mir jemand erzählt, dass es hier einen Job bei der Security geben könnte.«
Der Wachmann sah Kazakov von oben herab an und schnaubte verächtlich. »Und da kommen Sie mitten in der Nacht, um sich zu bewerben?«
»Ich habe als Wachmann bei einer Ãlgesellschaft in Kasachstan gearbeitet. Mein Auftraggeber hat sich kurz vor dem Zahltag verdrückt, deshalb bin ich ziemlich am Ende, verstehen Sie? Mein Junge sitzt drauÃen im Wagen und ich habe nur noch für ein oder zwei Tage Geld.«
Ein zweiter Wachmann sah ihn mitfühlend an und befahl dann seinem waffenliebenden Kollegen: »Behalt ihn im Auge.«
Dann ging er an den Spielautomaten vorbei in die Bar hinten in der Lobby, wo die Tische gut besetzt waren und Wodka und Bier in ziemlichem Tempo gekippt wurden, wo die Atmosphäre jedoch ebenso düster wie die Beleuchtung war.
Ryan sah vom Auto aus, wie Kazakov mit den Händen in den Taschen seiner Bomberjacke wartete. Nach ein paar Minuten kam der Wachmann zusammen mit einem untersetzten Mann mit einer Barschürze zurück.
Der Ton des Barmanns war nicht unfreundlich, aber die Botschaft war nicht die, die Kazakov zu hören wünschte.
»He«, begann der Barmann, »ich weiÃ, dass Sie in einer schwierigen Lage stecken, aber hier haben Sie kein Glück.«
»Ich habe Erfahrung im Objekt- und Personenschutz«, erklärte Kazakov. »Ausgezeichnete Referenzen. Aber im Augenblick bin ich so knapp bei Kasse, dass ich auch Teller wasche, wenn es sein muss.«
»Am Flugplatz betreiben wir ein Frachtgeschäft«, erklärte der Barmann. »Piloten, Mechaniker und so etwas werden aus Russland oder der Ukraine geholt. Nur Handlanger wie ich kommen hier aus der Gegend. Aber die Jobs hier sind Gold wert und da kommt man nur mit persönlicher Empfehlung dran.«
»Na gut«, meinte Kazakov niedergeschlagen. »Nun, wäre es möglich, dass wir uns in der Bar niederlassen? Mein Sohn hat Lungenprobleme und â¦Â«
Der Barmann unterbrach ihn scharf: »Wir sind kein Obdachlosenheim. Die Einrichtungen hier sind nur für Clan-Angestellte und
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