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Die Invasoren von Ganymed

Die Invasoren von Ganymed

Titel: Die Invasoren von Ganymed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick , Ray Nelson
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sicher, es gibt ein Gefühl, das du noch immer empfinden kannst. Furcht.« Er ging zu dem Bücherregal hinüber und holte mit einem animalischen Knurren die Büste Freuds herunter. »Ich werde dich umbringen. Macht dir nicht einmal das etwas aus?«
    »Nein, Rudolph.«
     Balkani, nun in grenzenloser Wut, hob die massive Bronzebüste hoch über seinen Kopf; ging so zur Couch zurück. Sie wich nicht zurück; tatsächlich schien sie es nicht einmal zu bemerken. Er stieß die Büste mit aller Stärke auf ihren Schädel hinab. Ihre Schädeldecke gab nach.
     »Ich wollte nur…« begann er benommen, als der Robot Joan Hiashi von der Couch glitt und in gekrümmter Haltung auf den Boden zu liegen kam. Und dann entdeckte er in ihrem Kopf – nicht etwa formloses organisches Gewebe – sondern einen beschädigten Zylinder, bedruckt mit mikrominiaturisierten Stromkreisen, Niedrigtemperaturleitungen einer Flüssigheliumbatterie; und Teile der sichtbar werdenden Elektronik funktionierten auf groteske Weise noch immer, obwohl ihre Bestandteile teilweise aus dem Schädel heraushingen. Rudolph Balkani erkannte seine eigene Arbeit wieder, die in die Konstruktion dieses Robots Eingang gefunden hatte.
    »Joan…?« wisperte er.
     »Ja, Rudolph?« antwortete der Robot schwach, und dann setzte seine Energie aus.
    »Joan?« fragte Paul Rivers.
     Joan Hiashi saß auf dem Bett in ihrem Hotelzimmer in Knoxville, beschienen vom glutroten Licht des Sonnenuntergangs, und sagte: »Ja, Paul.«
    »Gibt es irgend etwas, was du dir wünschst?«
     »Nein, Paul.« Sie sah zu dem Blumenkasten am Fenster hin, in dem tropische Pflanzen gediehen. Dann lächelte sie, und Paul Rivers lächelte ebenfalls.
      Die Therapie mag etwas unorthodox sein, überlegte er, aber sie funktioniert. Wenn sie nun noch anfangen würde, sich nicht nur mit Pflanzen, sondern auch mit Menschen und unserer gemeinsamen, geteilten Wirklichkeit zu beschäftigen…
     »Sie wollen, daß du Percy X umbringst, nicht wahr?« sagte sie. »Ich habe es mitgehört. Ich wollte es hören.«
    »Das stimmt«, gab er zu und sah sie dabei nicht direkt an.
     »Wirst du es tun?« fragte sie, ohne dabei eine Gefühlsregung zu zeigen.
     »Ich weiß nicht.« Er zögerte, fragte sie dann: »Was glaubst du, was ich tun sollte?« Ein ganz neuer Dreh, dachte er; der Arzt bittet seinen Patienten um Rat.
    »Glücklich sein«, sagte Joan. Sie stand auf und ging zu dem Blumenkasten hinüber, den sie eben erst gekauft hatten, und zerrieb die Erde zwischen ihren Fingern. »All diese politischen Bewegungen und Philosophien und Ideale, all diese Kriege – nur Illusionen. Laß nicht zu, daß dein innerer Friede beeinträchtigt wird; es gibt kein Richtig oder Falsch, kein Gewinnen oder Verlieren. Es gibt nur den individuellen Menschen, und ein jeder ist vollkommen – vollkommen! – allein. Lerne allein zu sein; sieh zu, wie ein Vogel fliegt, ohne daß du es jemandem sagst oder es dir einprägst, um es später jemandem sagen zu können.« Sie wandte sich ihm zu, sprach mit tiefer und eindringlicher Stimme. »Laß dein Leben das Geheimnis sein, das es ist. Sieh dir nicht die Nachrichtensendungen im Fernsehen an. Lies nicht…«
      Eskapismus, dachte er, während er der hypnotischen Stimme zuhörte. Ich muß auf der Hut sein; es ist verführerisch, aber falsch. »Na schön«, sagte er und unterbrach damit den Fluß ihrer Worte, »aber während ich hier sitze und stupide auf meinen Handrücken starre, was geschieht währenddessen mit meinen Patienten? Was geschieht mit den Leuten, denen ich hätte helfen können?«
     »Sie fahren fort in ihrem Wahnsinn, nehme ich an«, sagte Joan. »Aber du brauchst dich ihnen darin wenigstens nicht anzuschließen.«
    »Du mußt dich der Wirklichkeit stellen.«
    »Meine Hand ist wirklich. Der Krieg ist ein Traum.«
     »Macht es dir nichts aus, daß die ganze Menschheit von den Wesen eines anderen Planeten versklavt wird? Ist es dir egal, daß wir vielleicht bald alle tot sein werden?«
     »Ich habe ohnehin vor, mal zu sterben. Und wenn ich tot bin, was bedeutet es dann für mich, ob andere weiterleben oder nicht?«
    Paul Rivers spürte, wie eine Welle krankmachender Frustration über ihn hereinbrach. Sie ist so unangreifbar, dachte er fieberhaft, so sicher hinter ihrer schizoiden Abwehr. Hinter ihrer so heiligen Fassade steckt eine so absolute Selbstbezogenheit, grenzenlose Egozentrik. Er sah auf seine Hände und bemerkte, daß sie sich zu Fäusten verkrampft hatten. Mein

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