Die irische Heilerin
Ihre Anwesenheit beunruhigte Connor zutiefst, zudem war sein Stolz verletzt.
„Als Heilerin des Ó-Duinne-Clans kann ich bezeugen, dass er seine Hände nie wieder voll benutzen kann.“
„Man hat mir gesagt, dass Ihr nicht länger die Heilerin seid“, antwortete Morann.
Eileen wurde blass, aber sie ließ sich nicht einschüchtern. „Ich habe seine Wunden versorgt. Und ich weiß, dass er den gesamten Ausgleich für seinen Verlust verdient.“
„Sie irrt sich“, antwortete Connor. Auch wenn er ihre Absicht durchschaute, ließ ihn ihr Eingeständnis vor seinem Feind schwach wirken. Er konnte nicht zulassen, dass die Ó Banníons ihn als wehrlos ansahen.
Morann wischte Connors Aussage mit einer Hand beiseite.„Die Beweise sind nicht zu übersehen. Es ist unnötig, weiter darüber zu sprechen. Flann Ó Banníon, streitet Ihr ab, dass Ihr Connor MacEgans Hände und Gelenke absichtlich gebrochen habt?“
Das Clanoberhaupt schüttelte seinen Kopf. „Ich streite gar nichts ab. Es war nur, was er verdient hat. Er hat meine Tochter entehrt.“
Bevor Flann weiterreden konnte, nickte Morann Eileen zu. „Ich danke Euch für Eure Aussage. Ihr werdet in dieser Sache nicht länger gebraucht.“
Sie zögerte und wartete, dass Connor etwas sagen würde. „Darf ich zuhören, wie entschieden wird?“
Connor warf ihr einen wütenden Blick zu. „Ich will nicht, dass sie hierbleibt“, sagte er. Die Frau verstand einfach nicht, was sie mit ihrer Einmischung angerichtet hatte. Dachte sie, sie würde ihm helfen? Sie hatte öffentlich ihre Zweifel kundgetan. Connors Bitterkeit spannte sich wie ein Pfeil auf der Sehne, bereit, abgeschossen zu werden.
Eileen erblasste unter seiner Wut. Ihre Augen blickten verwirrt. Schließlich gab sie seinem Zorn nach und ging. Auch wenn es dauern würde, weigerte sich Connor, das Zelt zu verlassen, bevor er nicht den Schaden behoben hatte, den sie mit ihrer Aussage angerichtet hatte. Er würde wieder kämpfen.
Die Ó Banníons würden sich seiner Klinge und seiner Herausforderung stellen müssen. Seine Ehre stand auf dem Spiel.
Draußen vor dem Zelt bewegte Eileen sich durch einen Nebel verletzter Gefühle. Die Gesichter verschwammen, Geräusche hallten in ihrem Kopf wider. Sie bemerkte eine Gruppe Geschichtenerzähler, Fremde, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ein Mann hustete, ein hartes Geräusch, das tief aus seinem Inneren kam.
Eileen wusste, dass sie anhalten und ihn fragen sollte, ob er Hilfe bräuchte, aber im Moment schmerzte ihr Herz zu sehr. Sie bewegte sich durch die Menge in Richtung Wiesenrand. Als sie endlich allein war, wehte der Wind in ihr Gesicht und kühlte ihr die heißen Wangen. Connor hatte sie vor den brehons erniedrigt. Töricht, wie sie war, hatte sie geglaubt, ihn unterstützen zu können.
Für einen langen Augenblick beobachtete sie die untergehende Sonne, als wäre es ihr eigener Lebensmut, der hinter dem Horizont verschwand.
„Mutter?“, flüsterte eine Stimme.
Sie drehte sich um. Beim Anblick der Person, die sie angesprochen hatte, breitete sie die Arme aus. „Rhiannon, a iníon.“ Sie drückte ihre Tochter an die Brust und umarmte sie fest. „Sag mir, was du heute alles gemacht hast.“
Rhiannons Mund verzog sich zu einem zufriedenen Lächeln. Sie erzählte aufgeregt, dass sie einen Wettlauf gewonnen hatte. „Und hast du die Barden gesehen? Duald sagt, dass sie den ganzen Weg aus Wales hierhergekommen sind, um ihre Geschichten und Lieder vorzutragen.“
„Ja, habe ich.“ Eileen erinnerte sich an den hustenden Mann und fragte sich wieder, ob sie ihn nicht doch hätte ansprechen sollen, um ihre Hilfe anzubieten.
„Sie werden die Geschichte von Brian Boru erzählen.“ Rhiannon nahm die Hand ihrer Mutter und zog sie zu den Feuern hinüber, wo sich gerade eine Menschenmenge versammelte. „Komm mit, und hör auch zu.“
Eileen erlaubte ihrer Tochter, sie zu dem Hügel zu führen. Kleine Feuer flackerten in der Abenddämmerung und boten denen, die sich um sie drängten, ein wenig Wärme. Schon sah sie die ersten Paare, die sich in die Abgeschiedenheit des Wäldchens zurückzogen. Es war noch früh, aber wenn der Met weiter so floss, würden bald mehr Männer und Frauen ihre eigenen privaten Feiern genießen.
Sie war dankbar, dass Rhiannon noch viel zu jung für so etwas war. Mit ihren schlanken Gliedern und der flachen Brust würden noch viele Jahre vergehen, bis die Weiblichkeit ihres jungen Körpers erblühen würde.
„Ich will näher
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