Die irische Heilerin
des Clanoberhaupts zeigte keine Gnade. Er schritt auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand. „Du weißt, warum ich hier bin, Eileen“, sagte er.
„Ja, das ist mir bewusst.“ Sie würde sich nicht verstecken oder anfangen zu weinen. Sie hatte den Handel abgeschlossen, und nun würde er sie zwingen, ihr Dorf zu verlassen. Sie hob ihren Blick zu Séamus. „Es tut mir leid. Wollte Gott es, ich hätte das Schicksal ändern können.“
„Die Leute können dir nicht mehr vertrauen. Sie glauben, dass du die Blattern zu ihnen gebracht hast.“ Séamus’ Stimme klang rau, der Verlust seines Sohnes lastete schwer auf ihm und ließ sie schleppend wirken.
„Sie irren sich. Ich habe im Gegenteil alles getan, was ich konnte, um ihnen zu helfen.“
„Wie dem auch sei, du kannst nicht länger hierbleiben. Sie glauben, dass die Dämonen dich verflucht haben. Wenn du dich weigerst, diesen Ort zu verlassen, werden sie verlangen, dass du auf den Scheiterhaufen kommst.“
Voller Angst, dass er wohl recht haben könnte, zog sie ihren brat enger um die Schultern. Auch wenn die meisten Leute sie kannten, war Aberglaube doch ein weit verbreitetes Phänomen. Sie konnten leicht annehmen, dass die Dämonen der Krankheit von ihren Händen ausgegangen waren.
„Wie viel Zeit habe ich, bis ich gehen muss?“, fragte sie.
„Drei Tage“, sagte Séamus leise. „Pack deine Habe zusammen, und kehre Banslieve den Rücken. Lass dich hier nie wieder sehen.“
„Was ist mit meiner Familie?“ Ihr Blick wandte sich zu ihrem Vater und Bruder.
„Sie haben meine Erlaubnis, dich an deinem neuen Wohnort zu besuchen.“
Nachdem er sein Urteil gesprochen hatte, wandte sich Séamus ab. Graeme kam zu ihr hinüber und nahm sie in seine Arme, tröstete sie. „Ich habe versucht, ihn umzustimmen, a iníon. Aber es ist wahr, wenn du bleibst, könnte jemand versuchen, dir etwas anzutun.“
„Ich weiß.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber es gelang ihr, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. „Ich werde schon zurechtkommen.“
„Du kannst zu Tante Noreen gehen und bei ihr bleiben“, sagte Graeme. „Sie lebt auf der anderen Seite der Grenze.“
Es gelang ihr zu nicken, während sie sich eng an ihren Vater klammerte. Selbst als es langsam zu ihr durchdrang, dass sie alles, was für sie von Bedeutung war, zurücklassen musste, kam ihr noch etwas viel Wichtigeres in den Sinn: Es war davon auszugehen, dass auch Rhiannon hier nicht mehr sicher sein würde. Wenn die Dorfbewohner sie für die Dämonen der Krankheit verantwortlich machten, dann konnten sie sehr wohl auch ihrem Kind Schuld zuweisen. Sie würde Rhiannon aus Banslieve wegbringen müssen.
Connor hatte ihr befohlen, Rhiannon nach Samhain zu seiner Familie in Pflege zu geben. Sie hatte die Idee zunächst verworfen, aber jetzt dachte sie ernsthaft darüber nach. Es gab keinen sichereren Ort für ihre Tochter als bei einer der mächtigsten Familien Irlands.
Wenige Momente später trat Connor heran und begrüßte ihren Vater und Bruder. Graeme betrachtete ihn mit misstrauischem Blick. „Du gehst heute weg?“
„Ja.“
„Warum nimmst du sie nicht mit dir? Du könntest sie zu ihrer Tante Noreen bringen.“ Ein warmes Lächeln huschte auf einmal über sein Gesicht.
„Vater, hör auf, dich einzumischen.“ Eileens Wangen brannten vor Verlegenheit. Sein Versuch, sie miteinander zu verkuppeln, war nur zu offensichtlich. Wie konnte er in einem solchen Moment an Derartiges denken?
Connor erwiderte das Lächeln nicht. „Eileen hat viel für mich getan, aber nun müssen wir getrennte Wege gehen. Ich wünsche ihr und ihrer Tochter nur das Beste.“
Dunkle Schatten umgaben seine Augen, so als hätte auch er nicht geschlafen. Sein goldenes Haar war mit einem Lederband zurückgebunden, und seine blaue Tunika unterstrich das Silber seiner Augen. Schienen aus Leder umschlossen seine Unterarme, und feste Muskeln pressten sich gegen den dünnen Stoff seiner Tunika. Er war wieder zum Krieger geworden, bereit, jeden zu zerstören, der ihn bedrohte.
Und sie war zu einer Bedrohung geworden.
Ihr Bruder führte Connors Pferd aus dem Pferch. Das Zaumzeug und die Decken waren schon an- und aufgelegt, seine Habseligkeiten auf dem Hengst festgebunden. Connor musste das Tier schon früher am Morgen für seine Abreise vorbereitet haben.
„Magst du noch etwas essen, bevor du gehst?“, fragte sie ihn.
„Nicht hier. Séamus hat mich gebeten, zu ihm und Riona zu kommen. Danach werde ich
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