Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
Vom Netzwerk:
sie abschließen? Sie könnten dann schon vorgehen, ich komme gleich nach. Wir sind heute abend alle etwas spät dran.«
    »
Grazie, Luigi. Troppo gentile
. Aber passen Sie bitte auf, daß Sie wirklich abschließen. Sie wissen ja, daß hier in etwa einer Stunde ein Wachmann seine Runde macht. Und Mr. O’Brien ist in dieser Hinsicht so ein Pedant. Bisher hat man uns nie nachsagen können, daß wir das Abschließen vergessen. Passen Sie bitte auf, daß das so bleibt.«
    Er konnte also nicht einfach die Tür offenlassen und zurückkommen, sobald ihm etwas eingefallen war. Er mußte die dämliche Tür zusperren. Lou betrachtete den Schlüssel, der an einem großen, schweren Schlüsselanhänger in Form einer Eule hing. Kindisch, aber er erfüllte seinen Zweck: Niemand würde dieses klobige Ding vergessen oder glauben, es sei in seiner Handtasche, wenn es sich nicht darin befand.
    Schnell wie der Blitz befestigte er seinen eigenen Schlüssel an der blöden Eule und steckte dafür den der Signora ein, mit dem er gerade abgeschlossen hatte. Dann rannte er hinter ihr her und ließ den Schlüsselanhänger in ihre Handtasche gleiten. Sie würde den Schlüssel erst nächstes Jahr wieder brauchen, und bis dahin würde ihm längst etwas eingefallen sein, wie er ihr den richtigen Schlüssel wieder unterschieben konnte. Hauptsache, sie ging jetzt in dem Glauben nach Hause, den richtigen Schlüssel in der Tasche zu haben.
    Auch wenn Luigi nicht sah, wie Mr. Dunne aus dem Schatten trat und den Arm der Signora nahm, fragte er sich, ob an dem Gerücht etwas Wahres dran war. Er mußte das unbedingt Suzi erzählen. Wobei ihm einfiel, daß er die heutige Nacht ohnehin am besten bei Suzi verbrachte. Denn soeben hatte er den Schlüssel zu seinem Elternhaus weggegeben.
     
    »Heute übernachte ich bei Fiona«, sagte Grania.
    Brigid sah von ihrem Tomatensalat auf.
    Im Gegensatz zu Nell Dunne, die weiter in ihrem Buch schmökerte. »Schön«, brummelte sie nur.
    »Dann also bis morgen abend«, meinte Grania.
    »Bis morgen.« Ihre Mutter sah noch immer nicht auf.
    »Bis morgen«, antwortete Brigid verstimmt.
    »Du könntest doch auch ausgehen, Brigid. Was zwingt dich, hier seufzend über einem Teller Tomatensalat zu sitzen? Es gibt massenhaft vergnüglichere Orte, und du könntest ebenfalls bei Fiona übernachten.«
    »Ja, sie hat ja ’nen richtigen Landsitz, wo sie uns alle unterbringen kann«, brummte Brigid.
    »Meine Güte, Brigid. Morgen ist Heiligabend. Sei doch mal ein bißchen fröhlich.«
    »Ich kann fröhlich sein, ohne die Beine breit zu machen«, zischte sie.
    Bestürzt schaute Grania hinüber zu ihrer Mutter, doch die hatte nichts gehört. »Das können wir alle«, gab Grania leise zurück. »Doch wir anderen fallen nicht jedem auf die Nerven mit dem Umfang unserer Oberschenkel, die – und das muß mal gesagt werden – völlig normal sind.«
    »Wer hat dir was von meinen Oberschenkeln erzählt?« fragte Brigid mißtrauisch.
    »Eine ganze Menge Leute sind heute deswegen an der Bank vorbeimarschiert und haben dagegen protestiert. Ach, Brigid, halt endlich die Klappe, du siehst einfach prima aus. Hör doch auf mit diesem Magersucht-Quatsch!«
    »Magersucht?« Brigid schnaubte verächtlich. »Auf einmal bist du wieder fröhlich, nur weil dein Liebster wieder im Lande ist.«
    »Was für ein Liebster? Wen meinst du damit? Du hast doch keine Ahnung!« Grania war stocksauer auf ihre jüngere Schwester.
    »Ich weiß jedenfalls, daß du hier ewig und drei Tage mit Grabesmiene rumgesessen und Trübsal geblasen hast. Aber mir Vorwürfe machen, wenn ich mal seufze! Dabei hast du gestöhnt wie eine Heulboje und bist drei Meter hoch gesprungen, wenn mal das Telefon geklingelt hat. Wer auch immer es sein mag, er ist verheiratet. Du sitzt ganz schön in der Patsche.«
    »Brigid, du hast dich schon oft geirrt«, meinte Grania kopfschüttelnd. »Aber nie hast du falscher gelegen. Er ist nicht verheiratet. Und ich könnte wetten, daß er es nie sein wird.«
    »So ’nen Mist reden Leute, wenn sie auf ’nen Verlobungsring scharf sind«, meinte Brigid und stocherte lustlos in ihrem Teller herum.
    »Ich geh jetzt jedenfalls«, antwortete Grania. »Sag Dad, daß ich nicht heimkomme, damit er die Tür abschließen kann.«
    Ihr Vater ließ sich kaum noch beim Abendessen in der Küche blicken. Entweder saß er in seinem Zimmer und überlegte, welche Farben und Bilder sich an den Wänden gut machen würden, oder er war in der Schule und beschäftigte

Weitere Kostenlose Bücher