Die irische Signora
jetzt hinauswerfen.
Doch so wie er Grania dabei anschaute, wußten sie, daß es ihm nicht um seinen Schlaf ging.
»Na, war es nicht eine großartige Idee, die beiden zu besuchen?« meinte Brigid, als sie mit dem Bus nach Hause fuhren. Mittlerweile glaubte sie, das Ganze sei ihre Idee gewesen.
»Sie scheint recht glücklich zu sein«, sagte Fiona.
»Obwohl er wirklich ziemlich alt ist, findest du nicht?«
»Nun, aber er ist der Mann, den sie haben will«, stellte Fiona mit Nachdruck fest.
Zu ihrer Überraschung gab Brigid ihr vollkommen recht. »Nur darauf kommt es an. Und wenn er ein Marsmännchen mit spitzen Ohren wäre – das Entscheidende ist, daß sie ihn will. Wenn mehr Leute den Mumm hätten, sich um das zu bemühen, was sie wollen, hätten wir eine sehr viel bessere Welt.« Sie redete ziemlich laut, was wahrscheinlich auf den Wein zurückzuführen war.
Viele Leute im Bus hörten das und lachten, manche klatschten sogar. Brigid funkelte sie zornig an.
»Ach, komm schon, du sexy Biene, schenk uns ein Lächeln«, rief einer der Männer.
»Sie haben mich eine sexy Biene genannt«, flüsterte Brigid ihrer Freundin entzückt zu.
»Was haben wir dir gesagt?« erwiderte Fiona.
Sie kam zu dem Schluß, daß sie ein anderer Mensch sein würde, wenn Barry Healy das nächste Mal mit ihr ausging. Was er zweifellos tun würde.
Die Zeit erschien ihr sehr lang, obwohl es nur eine Woche war, bis Barry sich wieder blicken ließ.
»Ist zu Hause alles in Ordnung?« fragte sie.
»Nein, kann man nicht sagen. Meine Mutter hat an allem das Interesse verloren, sie kocht nicht mal mehr. Dabei hat sie einen früher fast zum Wahnsinn getrieben, weil sie immer irgendwas backen und einen damit vollstopfen mußte. Jetzt muß ich ihr Fertiggerichte vom Supermarkt kaufen, sonst ißt sie überhaupt nichts mehr.«
»Was willst du dagegen tun?« fragte Fiona.
»Ehrlich, ich habe keine Ahnung, ich werde allmählich schon genauso verrückt wie sie. Aber sag mal, hast du dir überlegt, was wir als nächstes zusammen unternehmen könnten?«
Und da traf Fiona plötzlich ihre Entscheidung. »Ich würde gern mal zum Tee zu euch nach Hause kommen.«
»Nein, das wäre keine gute Idee«, meinte er verblüfft.
»Du hast mich gefragt, was ich gern tun würde, und ich habe es dir gesagt. Deine Mutter würde sich aufraffen müssen, um mir etwas vorzusetzen, wenn du sagst, du bringst ein Mädchen zum Abendessen mit. Und wir könnten nett und freundlich und ganz normal miteinander plaudern.«
»Nein, Fiona. Jetzt noch nicht.«
»Aber wäre das jetzt nicht genau der Zeitpunkt, wo es etwas bringen könnte? Wie soll sie jemals wieder in den Alltag zurückfinden können, wenn du nicht auch ganz normale Dinge tust?«
»Hm, da ist etwas dran«, begann er zögerlich.
»Also, und wann?«
Mit düsteren Vorahnungen schlug Barry einen Tag vor.
Als er sich nach ihren Essenswünschen erkundigte, rechnete er damit, daß Fiona ihm sagen würde, ihr sei alles recht. Doch zu seinem Erstaunen meinte sie, nach einem langen Arbeitstag werde sie recht erschöpft sein, am liebsten wäre ihr dann etwas Gehaltvolles wie Spaghetti oder ein Kartoffel-Hackfleisch-Auflauf. Irgend etwas Herzhaftes eben. Barry war verwundert. Aber er sagte seiner Mutter Bescheid.
»So etwas kann ich nicht«, erwiderte sie.
»Aber natürlich, Mam. Du bist doch eine großartige Köchin.«
»Dein Vater ist da anderer Meinung«, entgegnete sie. Und Barry wurde das Herz wieder schwer wie Blei. Es genügte nicht, Fiona zum Essen einzuladen, um seine Mutter über den Berg zu bringen. Wäre er doch nur kein Einzelkind gewesen, sondern hätte noch sechs Geschwister gehabt, die diese schwere Bürde mit ihm teilten! Und er wünschte, sein Vater würde verdammt noch mal einfach das sagen, was seine Mutter hören wollte – daß er sie liebte, daß es ihm das Herz brach, wenn sie sich umzubringen versuchte. Und daß er sie um nichts auf der Welt verlassen würde. Schließlich war sein Vater steinalt, beinahe fünfzig, Herrgott, natürlich würde er Mam nicht wegen einer anderen Frau sitzenlassen. Schon allein deshalb, weil er keine finden würde. Und warum mußte er auf dem Standpunkt beharren, Selbstmordversuche seien Erpressung, und er werde sich niemals erpressen lassen? Sonst vertrat er doch auch nie irgendeinen festen Standpunkt. Wenn eine Wahl oder ein Referendum anstand, kehrte sein Vater lieber seufzend zu seiner Abendzeitung zurück, als irgendeine Meinung kundzutun. Warum
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