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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Binchy
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genug Geld, um eine Woche lang ein Zimmer mit Frühstück zu bezahlen. Aber dann muß ich etwas Billigeres finden, am besten, wo ich etwas dazuverdienen kann … Kinder hüten vielleicht?«
    Zweifelnd sah das Mädchen sie an. »Die Leute wollen meist junge Babysitter«, meinte sie.
    »Oder über einem Lokal, in dem ich arbeiten könnte?«
    »Nein, da würde ich mir ehrlich gesagt keine großen Hoffnungen machen … so etwas suchen alle.«
    Sie war wirklich sehr nett, diese junge Frau. Natürlich betrachtete sie sie mit einem mitleidigen Gesicht, aber angesichts dessen, was noch vor ihr lag, würde sich die Signora daran gewöhnen müssen. Und sie entschied sich, ihre prekäre Lage mit einem heiteren Ton zu überspielen. Schließlich wollte sie nicht wie eine alte, schrullige Stadtstreicherin wirken.
    »Ist das Ihr Name auf der Schürze? Suzi?«
    »Ja. Meine Mutter war leider ein Suzi-Quatro-Fan.« Sie sah den fragenden Blick der Signora. »Die Sängerin, kennen Sie die nicht? Vor Jahren war sie mal ziemlich berühmt. Na ja, vielleicht nicht in Italien.«
    »Das glaube ich Ihnen gern, ich habe nur nie Radio gehört. Nun, Suzi, ich will Ihnen mit meinen Problemen nicht Ihre Zeit stehlen, aber vielleicht könnten Sie mir noch eine halbe Minute opfern und sagen, in welcher Gegend ich etwas Billigeres finde, so daß ich dort mit der Zimmersuche anfangen kann?«
    Suzi nannte Namen von Orten, die in den Jugendjahren der Signora noch kleine Vororte oder sogar Dörfer weit außerhalb der Stadt gewesen waren. Doch jetzt hatten sie sich offenbar zu ausgedehnten Arbeitersiedlungen entwickelt. Laut Suzi hatte jeder zweite dort ein Zimmer zu vermieten, sofern die Kinder aus dem Haus waren. Vorausgesetzt, daß sie bar bezahlte. Und sie sollte besser nicht erwähnen, daß sie knapp bei Kasse war. Derlei Dinge behielt man besser für sich.
    »Sie sind sehr liebenswürdig, Suzi. Wieso wissen Sie so gut über all das Bescheid? Sie sind doch noch so jung?«
    »Na ja, ich bin dort aufgewachsen, deshalb kenne ich mich aus.«
    Die Signora wußte, daß sie die Geduld des netten Mädchens nicht überstrapazieren durfte. Daher griff sie nach ihrer Geldbörse, um den Kaffee zu bezahlen.
    »Vielen Dank für Ihre Hilfe, ich weiß das wirklich zu schätzen. Wenn ich etwas gefunden habe, komme ich mal mit einem kleinen Geschenk vorbei.«
    Da sah sie, daß Suzi unentschlossen auf ihrer Unterlippe kaute.
    »Wie heißen Sie?« fragte sie dann.
    »Ich weiß, daß es komisch klingt, aber mein Name ist Signora. Nicht, daß ich irgendwie steif wirken möchte, aber so hat man mich dort genannt, und so möchte ich auch in Zukunft heißen.«
    »Ist das Ihr Ernst, ich meine, daß es Ihnen egal ist, was für eine Wohnung es ist? Wie es dort aussieht?«
    »Mein voller Ernst.« Und das sah man auch ihrem Gesicht an. Die Signora hatte noch nie begreifen können, warum manche Menschen so großen Wert auf ihre Wohnverhältnisse legten.
    »Wissen Sie, ich komme mit meiner Familie nicht klar, deshalb wohne ich nicht mehr zu Haus. Und vor ein paar Wochen erst habe ich gehört, daß sie einen Untermieter für mein Zimmer suchen wollen. Es steht leer, und sie könnten ein paar Pfund extra pro Woche gut gebrauchen – in bar natürlich. Und wenn jemand fragt, müßten Sie sagen, daß Sie eine Freundin der Familie sind … wegen dem Finanzamt.«
    »Glauben Sie, das würde gehen?« Die Augen der Signora leuchteten auf.
    »Aber machen Sie sich bitte keine falschen Vorstellungen.« Suzi wollte von vornherein jedes Mißverständnis vermeiden. »Es handelt sich um ein ganz einfaches Haus zwischen lauter anderen ganz einfachen Häusern, manche sind in besserem Zustand, andere ein bißchen heruntergekommen … nichts Schickes oder so. Tag und Nacht läuft der Fernseher, sie streiten sich wegen dem Programm, und natürlich ist da auch noch mein Bruder Jerry. Vierzehn Jahre alt und unausstehlich.«
    »Ich brauche nur ein Dach über dem Kopf. Es wäre bestimmt das Richtige.«
    Suzi schrieb die Adresse auf und erklärte ihr, welchen Bus sie nehmen mußte. »Am besten klingeln Sie zuerst bei ein paar anderen Leuten in der Straße, von denen ich sicher weiß, daß sie nichts vermieten. Dann können Sie wie zufällig bei meinen Eltern nachfragen. Sagen Sie gleich, daß Sie bar bezahlen und daß es nicht für lange ist. Sie werden ihnen gefallen, weil Sie ein bißchen älter sind – ›solide‹ würden sie es nennen. Meine Eltern werden Sie bestimmt nehmen, aber verraten Sie

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