Die irische Wildkatze
Bridget erlaubte den Mädchen zum allerersten Mal, dass sie auch ein Bier trinken durften. Elizabeth war erstaunt, wie leicht es ihnen fiel, zwischen den Bissen von köstlichem Essen und Getränken zu lachen. Was für ein wunderbarer Ort die Welt doch zu sein schien, wenn man einen vollen Magen und gesättigten Appetit hatte!
»Ich wohne im Schloss Dublin als Gast keines Geringeren als des Vizekönigs.« Peg trank ihren Krug leer und bestellte noch einen. »Seine Exzellenz hat für morgen Abend eine Sondervorstellung bestellt. Der ganze Hof wird in voller Pracht erscheinen. Eine Kolonne von acht oder zehn Kutschen wird dem Rang der Insassen nach vom Schloss abfahren, und eine Eskorte von Kavallerie mit klingelnden Zaumzeugen wird sie bis zum Smock Theater begleiten.«
»Da wird das Haus bestimmt voll bis unters Dach werden«, sagte Bridget voraus.
»Die Gesellschaft des Vizekönigs wird in der Loge sitzen, in der wir heute waren!« Elizabeths Augen waren groß vor Verwunderung darüber, dass sie tatsächlich kurz in der Staatsloge gesessen hatte, die morgen der Regent von Irland innehaben würde.
»Genau richtig«, erwiderte Peg und musste sich Mühe geben, nicht zu lachen. »Der Hof gibt eine prächtigere Vorstellung zum Besten als wir. Der Theaterverwalter, gekleidet in einen Satinanzug, geht voraus, wobei er ein Paar Wachskerzen hochhält. Dann tritt vor seinem ganzen glitzernden Hofstaat der Vizekönig ein, schimmernd in Gold und mit dem Hosenbandorden. Der Hof folgt in Prachtuniformen - die Röcke mit vergoldeten Knöpfen und blauen Satinaufschlägen mit weißen Westen darunter -, sie müssen trotz ihrer Aufregung steif und still dastehen, während das Orchester >Gott schütze den König< spielt und sich alle Mühe geben, nicht auf die vulgären und pikanten Bemerkungen von den vielen Ungewaschenen zu achten, die oben im Olymp sitzen.« Peg wischte sich die Augen ab.
Bridget rieb sich die Seite, die ihr vom vielen Lachen wehtat. »Du beschreibst das so lebendig, dass ich es mir in allen Einzelheiten vorstellen kann.«
»Ach, ich wünschte, wir könnten zum Schloss Dublin mitkommen und den Vizekönig und den Hof wirklich sehen«, sagte Maria verträumt.
Peg legte nachdenklich den Kopf schief. »Warum nicht?«, sagte sie, und eine Idee begann Gestalt anzunehmen. »Am Samstag empfängt seine Exzellenz in seinem Salon, dann folgt ein Ball. Es wird eine große Veranstaltung zum Ende der Saison, auf der die Debütantinnen vorgestellt werden.« Ihr Blick fiel auf Maria und Elizabeth. »Warum sollten ihm nicht auch diese beiden schönen jungen Damen vorgestellt werden?«
Maria wandte ihrer Mutter ein strahlendes Gesicht zu. »Ach ja, könnten wir das nicht tun?«
»Das geht doch nicht«, sagte Elizabeth entschuldigend und bemühte sich, nicht zu zeigen, dass sie sich schämte. »Wir haben doch nichts anzuziehen.«
»Ach, daran hätte ich nicht gedacht.« Peg biss sich auf die Unterlippe, dann lächelte sie. »Das Theater hat einen ganzen Garderobenraum voller Kostüme und Perücken. Kommt morgen, dann werden wir etwas finden, das euch passt - für dich auch, Bridget. Inzwischen werde ich dafür sorgen, dass eure Namen auf die Einladungsliste kommen.«
Da begann auch Elizabeth zu hoffen, dass das eben noch unmöglich Erscheinende vielleicht doch machbar war.
Heute Abend liegt Magie in der Luft, und Peg Woffington ist bestimmt unsere hilfreiche Fee!
Als sie wieder zurück in die Dame Street kamen, war ihr Vater, der den Abend in einem Spielclub verbracht hatte, schon vor ihnen zurückgekommen. Aufgeregt berichteten sie ihm vom Smock Alley Theater, dem Stück, das sie gesehen hatten, dem Abendessen im phantastischen »Austernhaus«. Das Beste hoben sie sich bis zum Schluss auf und erzählten schließlich, dass Peg Woffington es arrangieren würde, dass sie am Hof des Vizekönigs von Irland im Schloss Dublin eingeführt wurden. »Wir dürfen uns sogar Kleider aus dem Kostümfundus aussuchen!«
»Ist das wirklich wahr?«, fragte Jack seine Frau.
Bridget nickte. »Ich habe dir doch gesagt, dass unser Glück im Wandel begriffen und uns hold ist! Peg war ausgesprochen beeindruckt von der Schönheit und dem Talent unserer Töchter. Sie glaubt, dass man ihnen ohne weiteres kleine Rollen geben wird und sie ihre Lehrzeit im Smock Alley Theater beginnen können.«
»Und wie ist das mit diesem Auftritt im Salon des Vizekönigs in Schloss Dublin? Muss man nicht von Stand und Adel sein, um auf die Liste der Eingeladenen
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