Die irische Wildkatze
Vater gehen und seine Gnaden um die Hand seiner Tochter bitten.«
Alle lachten und begannen, gleichzeitig zu reden. Elizabeth murmelte an John gewandt: »Wird der Herzog von Devonshire einverstanden sein?«
»Absolut. Der Herzog war sehr gut mit Orfords Onkel, Robert Walpole befreundet. Und der verstorbene Premierminister war es auch, der Devonshire zum Regenten von Irland machte.«
Elizabeth sah sich am Tisch um und spürte plötzlich einen Anflug von Panik. Was in aller Welt tat sie hier mit all diesen reichen, betitelten, berühmten Leuten? Einer war der Neffe eines Premierministers, die Devonshires waren im Rang ganz nah am Königshaus, und ihre beste Freundin Charlie war die reichste Erbin des Landes. Wie lange würde sie dieses lächerliche Theater aufrechterhalten können, so zu tun, als wäre sie eine von ihnen? Sie sah zur anderen Seite des Tisches, wo Maria saß und entdeckte den deutlichen Ausdruck von Neid, mit dem sie Rachel Cavendish anstarrte.
Maria Gunning, die vor Neid kochte, hatte absolut keine der Bedenken, die ihre Schwester plagten. Sie drehte eine hübsche Locke um ihre Finger, warf einen berechnenden Blick auf den Grafen von Coventry und rieb ihr Bein an seinem. »George, hast du die Absicht, mal Premierminister von England zu werden?«
George wusste, dass man dazu Einfluss und Geld brauchte, die seine Verhältnisse überstiegen, aber Marias Vorschlag schmeichelte ihm sehr, und ihre Berührung erregte ihn. »Ich bin nicht ohne Ehrgeiz, meine Liebe.« Doch sein vorrangigster und drängendster Ehrgeiz war es, sie dazu zu bewegen, dass sie mit ihm schlief.
Als John Campbell Rachel am anderen Tischende betrachtete, war er sehr erleichtert. Endlich hatte sie also aufgehört, ihn gnadenlos zu verfolgen. Rachel hatte die Jagd auf ihn eingestellt und Orford zur Strecke gebracht. Wieder dachte er an Worte aus »John Peel«: Dann stellte er es, dann sah er es und schoss es früh am Morgen. Er hob sein Weinglas. »Ein Hoch auf das glückliche Paar.« Alle prosteten ihnen zu, dann stieß John sein Glas an das von Elizabeth und murmelte: »Auf uns, Liebes. Auf diesen Augenblick und alle, die wir noch gemeinsam verbringen werden.«
Elizabeths Panik verschwand. John gelang es, dass sie sich als etwas Besonderes fühlte.
11
Nach dem Abendessen stimmten die Damen gegen den Vorschlag der Herren, Karten zu spielen. Die Gentlemen waren nicht allzu enttäuscht, denn es wurde stattdessen ein Versteckspiel vorgeschlagen. Michael Boyle, zuvorkommend wie immer, schlug freiwillig vor, dass er und Harriet Ponsonby sich als Erste die Augen zuhalten und suchen würden. Es gab so viele Zimmer mit zahlreichen Versteckmöglichkeiten in der Villa, dass man dieses verlockende Spiel unendlich in die Länge ziehen konnte.
Jeder der Männer hatte dasselbe Ziel: Ein einsames Platzchen zu finden, wo er und seine Gefährtin so lange wie möglich ungestört und allein sein konnten, vielleicht sogar eine Stunde. Will Cavendish und Charlie machten sich Hand in Hand auf den Weg in den hintersten Winkel des Wintergartens. In dem schwach beleuchteten Raum, der nach Fuchsien duftete, fanden sie eine Gartenbank, die zwischen tief hängenden Palmwedeln stand und setzten sich darauf, um zu schmusen.
Maria Gunning ging ins zweite Stockwerk voraus, den eifrigen George im Schlepptau. Sie hielt den Finger an die Lippen und betrat das Schlafzimmer, das sie mit Harriet teilte, weil sie annahm, dass sie zuallerletzt in ihrem eigenen Zimmer suchen würde. Als Maria ohne Zögern an einem Sessel vorüberging und sich aufs Bett setzte, glaubte George, er wäre im Paradies.
John Campbell ging mit Elizabeth einen Flur in der Mitte des Hauses entlang bis in den Ostflügel, wo er sie die Hintertreppe hinaufführte und weiter bis zu einem begehbaren Wandschrank ging, in dem Wäsche aufbewahrt wurde. Auf einer Seite lagen auf Regalen nach Lavendel duftende Laken, Polster und Handtücher, und auf der anderen Seite waren Stapel von weichen Decken und Federkissen gelagert. Nachdem er sie hineingezogen und die Tür geschlossen hatte, befanden sie sich in völliger Finsternis.
Elizabeth streckte die Hände vor sich aus. »John, ich kann nichts sehen, wo bist du?«
Den Mund ganz dicht an ihrem Ohr murmelte er: »Schhh! Wir müssen flüstern, sonst hören sie uns. Mir ist klar, dass wir nichts sehen können, aber unsere anderen Sinne werden darum in der Dunkelheit umso empfindsamer werden. Wir können schließlich immer noch hören und riechen und
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