Die irische Wildkatze
wenn ich irgendeine Möglichkeit dazu bekomme. Nun, sie hatte ihm mehr als nur irgendeine Möglichkeit gegeben, also konnte sie ihm nicht die Schuld zuschreiben - nur sich selbst, für ihr unziemliches Verhalten. »Wir sollten besser gehen«, sagte sie leise.
»Ich gehe zuerst, Süßes. Versuche nicht rot zu werden, wenn du hinuntergehst. Was wir da eben gemacht haben, war so schön und unglaublich unschuldig. Bitte, bedauere nicht die schönen Augenblicke, die wir heute Abend teilen konnten.«
Kurze Zeit später zogen sich die Damen zurück und überließen die Männer ihrem Kartenspiel. Beth und Charlie gingen zusammen hinauf, beide von dem Spiel erhitzt, das sie gespielt hatten. Charlie machte die Schlafzimmertür zu und wandte sich an Elizabeth. »Heute Abend habe ich Will erlaubt, mich zu küssen und sich alle möglichen Freiheiten herauszunehmen. Oh Beth, ich bin so bis über alle Ohren verliebt in ihn, dass ich mich habe hinreißen lassen. Ich weiß, das klingt verrucht, aber ich wollte, dass er mich liebt!«
»Wo habt ihr euch versteckt?«
»Wir waren im Wintergarten. Er war nur schwach erleuchtet und unsere Gartenbank stand unter Palmenzweigen verborgen. Die Stimmung war so romantisch und geheimnisvoll - als wenn sich die ganze Welt zurückzöge und nur noch wir beide da wären. Als er mich küsste und ... streichelte, fühlte es sich so richtig an, aber jetzt weiß ich, dass mein Verhalten wirklich gewagt war!« Charlie war erfüllt von Schuldbewusstsein. »Wo hattet ihr euch versteckt?«
»In der Wäschekammer«, gestand Beth und erinnerte sich an das Gefühl der weichen Kissen und Decken.
Charlie atmete tief ein, als sie sich jenes intime Versteck vorstellte. Dann sahen sich die beiden Freundinnen an und brachen in Gelächter aus. »Würde es dir viel ausmachen, wenn wir morgen zusammenbleiben? Wenn ich mit Will allein bin, werde ich mich bestimmt wieder verrucht benehmen - ich kann ihm einfach nicht widerstehen.«
Elizabeth stimmte zu. Sie wusste genau, wie Charlie sich fühlte.
Am nächsten Morgen gingen die beiden Mädchen in ihren Reitkleidern hinunter zum Frühstück und stellten erfreut fest, dass Will und John auch ihre hirschledernen Hosen und Stiefel trugen. Die beiden Paare einigten sich darauf, zusammen zu reiten und im Wald irgendwo ein Picknick zu essen. John und Will tauschten bedauernde Blicke, protestierten aber nicht. Sie konnten sich schon aufs kommende
Wochenende im Landhaus der Devonshires in Surrey freuen, wo sie beide entschlossen waren, ihren Paarungstanz fortzusetzen.
Elizabeth und Charlotte hatten einen fröhlichen Tag in den Wäldern, und ihre Begleiter benahmen sich ihnen gegenüber höchst galant. Als es Zeit zum Essen war, suchte sich in schweigender Übereinstimmung jedes Paar sein eigenes Plätzchen, wo sie einander füttern konnten und in völliger Einsamkeit ein paar Küsse tauschen. Dann folgten die vier Reiter am Nachmittag einer kleinen Herde von Damwild, die sie durch das dicht bewaldete Tal der Themse in Richtung Richmond führte.
Als sie nach Chiswick zurückkehrten, bedankte sich Elizabeth bei John für den wunderschönen Tag. »Es gefällt mir so viel besser auf dem Land als in London. Der Ritt im Wald heute hat mich an Irland erinnert.«
Er hob sie aus dem Sattel und hielt sie viel länger in den Armen als nötig war. »Wenn es dir heute gefallen hat, wirst du Kent lieben. Versprichst du, dass du nächste Woche mit mir nach Sundridge reiten wirst?«
Sie lächelte ihr geheimes Lächeln. »Wie könnte ich widerstehen, wo du doch den ganzen Tag so galant warst?«
Er flüsterte ihr ins Ohr: »In meinem eigenen Revier möchte ich vielleicht den Ton angeben.«
»So lange ich dann nicht nach deiner Pfeife tanzen muss ...«
Ihre klaren Worte entwaffneten ihn und brachten ihn aus dem Gleichgewicht.
Am Sonntag erwachten die Gäste in Chiswick mit Regenwetter. Tiefe Wolken waren vom Meer herübergekommen, und das Wetter drohte, noch schlechter zu werden. Entsprechend früh löste sich die Wochenendgesellschaft auf.
Die Gräfin von Burlington versicherte Elizabeth, dass ein Bursche ihr Pferd zusammen mit dem Charlottes und der Gräfin zurück nach London bringen würde. Auf der Kutschenfahrt nach Hause führte die Gegenwart von Emma und Charlies Zofe Jane dazu, dass sie sich kaum unterhielten. Elizabeth war voller Sorgen darüber, was Emma ihrer Mutter berichten würde. Johns Worte klangen in ihr wider: Sündige jetzt, bitte später um Verzeihung,
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