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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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Zehenspitze auf dem Rasen herum und konferiert gleichzeitig mit ihren Cheerschwestern. Billy empfindet eine beinah delirante Zärtlichkeit für sie, aber auch einen süßsauren Aufruhr aus Sehnsucht und Verlust, es fühlt sich an, als sähe er sie nicht nur aus weiter Ferne, sondern auch über eine lange Zeitspanne hinweg. Washat das alles zu bedeuten, diese Melancholie, dieses schwermütige seelische Leckgeschlagensein – dass er verliebt ist? Es ist so gemein, dass er nicht die Zeit hat, es herauszufinden. Er muss unbedingt mit Faison reden – er braucht ihre Nummer! Und ihre E-Mail-Adresse. Der Nachname wäre auch nicht verkehrt.
    »Heh.« Mango stupst ihn an. »Wir machen uns ans Buffet. Kommst du mit?«
    Billy sagt Nein. Er möchte einfach nur hier sitzen, mit dem Fernglas, und alles beobachten. Das Spiel interessiert ihn nicht die Bohne, aber die Spieler, zum Beispiel wenn aus ihnen Dampfwölkchen steigen wie in einer Karikatur über Körpergeruch. Coach Tuttle pirscht an der Seitenlinie entlang und guckt lauernd-scheel wie jemand, der grübelt, wo er noch mal das Auto geparkt hat. Ein Gefühl beruhigender Allwissenheit überkommt Billy, wenn er die Fans beobachtet, er taucht quasi klinisch, Gorillas-im-Nebel-artig ein in ihre Art zu essen, zu trinken, zu gähnen, sich die Nase zu kratzen, herumzustolzieren und sich fein zu machen, ihre Jungen zu hätscheln oder wegzuschubsen. Bei den vielen scharfen Frauen bleibt er länger hängen, logisch, und er entdeckt glatt sechs Leute in Truthahnkostümen. Oft erwischt er Zuschauer, wenn sie gerade unbeobachtet mit lustlosen Mienen ins Leere starren, am Rand der Gereiztheit, umnebelt von der allgemeinen Bestürzung des Lebens. Ach, Amerikaner. Ach, mein Volk. Dann schwenkt er zurück zu Faison, und seine sämtlichen vitalen Organe werden zu Brei. Sie ist nicht einfach nur scharf, sie ist Maxim- scharf, Victoria’s-Secret -scharf, sie ist Weltklasse, und er braucht dringend einen Plan. Eine Frau wie sie erfordert Mittel –.
    »Da ist ja mein Texaner!«
    Billy sieht hoch. March Hawey schlängelt sich die Stufen herunter. Billy will aufstehen, aber Hawey legt ihm die Hand auf die Schulter und drückt ihn zurück. Er setzt sich neben ihn, packtdie Füße auf das Geländer, und Billy bekommt sofort Lust auf die Cowboystiefel mit den glänzenden meergrünen Straußenfedern und den filigranen silbernen Kappen.
    »Wie geht’s denn so?«
    »Wirklich gut, Sir. Und selber?«
    »Sehr gut, abgesehen davon, dass unsere Jungs mal endlich den Hintern hochkriegen sollten.«
    Billy lacht. Er ist nur ein kleines bisschen nervös, viel weniger als erwartet neben einem Mann, der den Lauf der Geschichte verändert hat. Mr Patrouillenboot. Ob es wohl unhöflich ist, ihn darauf anzusprechen? Aber er hat so oder so nicht besonders viel Ahnung davon. Außerdem ist nicht ganz klar, warum der sich eigentlich zu ihm setzt.
    »Hab gehört, Sie sind aus Stovall.«
    »Ja, Sir.«
    »Ganz ausgezeichnete Gegend für Taubenjagd. Wegen irgendeinem Kraut, was ihr da habt – Gussweed? Gullweed? Diese riesengroßen gelben Dinger mit den langen Samenschoten, sitzen alle möglichen Vögel drin, und Tauben lieben das Zeug. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Nicht genau, Sir.«
    »Sie jagen wohl nicht?«
    »Nein, Sir.«
    »Tja, wir hatten schon tolle Tage da draußen. Mann, ich kann Ihnen sagen, das war vielleicht’n Schlachtfest.«
    Hawey fragt, ob er das Fernglas mal »boargen« dürfe. Und gibt in kurzer Folge das ganze Repertoire rührender Alte-Männer-Ticks zum Besten – Schniefen, Ärmelzupfen, Schmätzen. Er riecht nach Körperpuder und gestärkter frisch gewaschener Baumwolle und trägt einen Ring mit Diamanthufeisen an der rechten Hand. Aus seinem grauen Haarflaum hängen ein paar jungshafte Huck-Finn-Strähnen in die Stirn.
    »Haben Sie was aufs Spiel gesetzt?« Er kurbelt ständig an der Schärfe herum.
    »Ich nicht, Sir. Aber ein paar von uns.«
    »Sie wetten wohl nicht?«
    »Nein, Sir.«
    Hawey mustert ihn kurz. »Kluger Mann. Wir arbeiten zu hart für unser Geld, um es rauszuschmeißen.« Auf Billys Frage, womit er seins verdiene, lächelt er. »Och, mit allerlei Dingen«, sagt er schließlich und gibt ihm das Fernglas zurück. »Unser Kerngeschäft ist Energie, Produktion und Pipelines, das machen wir jetzt seit fast vierzig Jahren. Wir gehen auch ein bisschen in Immobilien, mehr im Bereich Hedgefonds, ein bisschen Arbitragehandel, so Sachen.« Er schmunzelt glucksend. »Und ab und zu

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