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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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sei in einem Feuergefecht. Shroom hatte kurz nachgedacht. »Ist überhaupt nicht wie irgendwas, außer vielleicht wie von Engeln vergewaltigt werden.« Er sagte auch jedes Mal, bevor sie zu einem Einsatz ausrückten: »Ich hab dich lieb«, zu jedem in der ganzen Squad, geraderaus, ganz ernst, ohne unterschwelliges Getucke und auch ohne schleimiges Christentrallala, einfach knapp und klar, als ob er jedem Einzelnen einen Sitzgurt um die Seele legen wollte. Dann fingen auch andere Bravos damit an, zuerst noch verhohlen: »Hab dich lieb, Mann«, im tränenseligen, krächzigen Verzweiflungssound von diesem Schmock aus der Budweiser-Werbung. Aber als die Einschläge geballt kamen und jeder Trip außerhalb der FOB Viper zum Analschließmuskeltraining geriet, war niemandem mehr nach Spielchen zumute.
    Is mein Ende. Wie bei einer Diashow, lebendig, tot, lebendig, tot, lebendig, tot. Billy hatte zehn Sachen gleichzeitig getan, Verbandskasten auspacken, neues Magazin ins Gewehr rammen, auf Shroom einreden, ihn ohrfeigen, anschreien, er solle bloß wach bleiben, rauskriegen, aus welcher Richtung die Schüsse kämen,und alles über den Boden robbend und ohne einen Furz Deckung. In dem Fox-Video sieht man ihn mit einer Hand schießen und mit der anderen an Shroom herumfummeln, er selbst kann sich daran nicht erinnern. Bestimmt hat er Shroom das Magazin weg- und die Schutzweste aufgeschnitten, um an die Wunden zu kommen. Meinen die das mit Mut? Dass man einfach all das tut, was man antrainiert gekriegt hat, nur diesmal alles auf einmal und rasend schnell. Erinnern kann er sich, dass seine ganze Vorderseite voll Blut war und er kurz überlegt hatte, ob es sein eigenes war, auch seine Hände waren blutig und so glitschig, dass er die Verpackung des Kompressionsverbands mit den Zähnen aufreißen musste, und als er sich zu Shroom umdrehte, saß der Vollidiot aufrecht! Und sackte sofort wieder weg, und Billy hatte sich hingerobbt und Shrooms Kopf in seinem Schoß geborgen, und Shroom hatte zu ihm aufgesehen, stirnrunzelnd und mit einem brennenden Blick, als ob er ihm etwas ganz Wichtiges sagen wollte.
    »Er ist dein Sergeant«, hatte ihm Shroom an jenem Tag in seinem Containerrefugium noch gesagt. »Das ist sein Job, einem das Leben möglichst elend schwer zu machen.« Dann hatte er ihm erklärt, dass Dimes psychologische Herr- und Meisterschaft auch beinhaltete, seine Leute positiv zu stärken, wenn auch in kleinen Dosen und nur ab und zu, denn Abwechslung bewirke Verhaltensänderungen besser als stur durchgezogenes Einerlei. Oder so. Shroom hatte sich jede Menge sinnloses Zeug angelesen, aber jetzt, hier im Stadium Club denkt Billy: Danke, Sergeant , dass wir uns deinetwegen vorkommen dürfen wie ein Haufen Scheiße! Danke, dass du uns dieses leckere Essen versaust! Vermutlich für lange Zeit das letzte Essen, das nicht die Army-Kantine oder irgendeine Vertragsfirma gekocht hat, aber egal, sie sind nun mal dreckfressende verschissene Frontschweine, und ihr aktueller Befehl lautet Klappehalten und Essen.
    Dime blafft: »A-Bort, was machst du da für’n Scheiß?«
    »’ne SMS an Lake, Sergeant. Nur so, was abgeht.«
    Dagegen kann Dime schlecht etwas haben. Er sucht die Tischrunde nach anderen brauchbaren Angriffszielen ab, aber alle hängen fast in ihren Tellern und schaufeln sich voll. Plötzlich fängt Albert an zu glucksen.
    »Guck dir das mal an.« Er hält Dime sein BlackBerry hin.
    »Meint der das ernst? Kann nicht sein.«
    »Ich fürchte doch.«
    Dime dreht sich zu Billy. »Da sagt einer, unser Film ist so was wie Auf eigene Faust , bloß im Irak.«
    »Aha.« Billy kennt Auf eigene Faust nicht. »Ist der auch mit Hilary Swank?«
    »Nein, Billy, der ist nicht mit Hilary Swank – Himmel, ach, was soll’s. Albert, was sind das denn für Leute?«
    »Trottel«, sagt Albert. »Nerds, Nieten, Lügner, ein Rudel hirnschwacher klappriger Köter auf’ner Rennbahn, die dauernd im Kreis hinter Kaninchenattrappen herjagen. Die haben Schiss vor jeder Art von Inhalt, nein, schiere Panik. ›Ist das denn gut? Ööööh, oder schlecht? Ööööh, ich weiß gar nicht!‹ Es ist ein Jammer, so viel Geld und null Geschmack. So Leuten kannst du den neuen Chinatown um die Ohren hauen, die sagen dir, da könnten doch noch’n paar clevere Hündchen rein.«
    Dime gibt sich gelassen. »Mit andern Worten, wir sind am Arsch?«
    »Nee, hab ich das gesagt? Hab ich das gesagt? Oh nein, so was hab ich mitnichten gesagt. Ich verdiene in der Branche seit

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