Die irre Heldentour des Billy Lynn
er nachher bei der Nationalhymne an seinen Freund Sergeant Breem denken werde, und er sagt Ja , bloß um die Stimmung nicht zu vermiesen, Ja, sicher werde ich das , es klingt obszön in seinen Ohren, und er wüsste gern, wie es kommt, dass die Ewigkeitsfragen nach Leben und Tod bei praktisch jeder Diskussion über den Krieg immer schnell profan klingen. Vielleicht brauchen wir, um angemessen darüber reden zu können, eine Sprechweise nahe am Gebet, ansonsten Klappe! Einfach die Fresse halten und fertig, Schweigen ist zumindest wahrhaftiger als der ganze sternengebannerte Krampf, das bittersüße Geschluchze, die erlösende Umarmung oder was immer dieses Deckelzumachen sein soll, von dem alle dauernd reden. Sie hätten es gern locker, und das ist es einfach nicht.
»Wir werden ganz bestimmt alle an ihn denken«, sagt er noch als abschließendes Sahnehäubchen auf dem ganzen dampfenden Scheißhaufen Sentimentalität. Das Gemeine ist, dass er tatsächlich nachher an Shroom denken wird. Und dass er die Nationalhymne genauso liebt wie alle anderen.
Und wer gewinnt heute?
»Die Cowboys!«, brüllt Sykes, die Cheerleaderinnen quittieren mit Geschrei, dass sie das gut finden, und mit dem Instinkt des Dirigenten, wann die Zeit reif ist, steht Norm auf und erklärt die Pressekonferenz für beendet.
Trockenfick für Gott den Herrn
MORGEN WIRD A-BORT GANZ GROSS auf der Titelseite der Dallas Morning News sein, mitten im Medienpulk und umschmiegt von drei Cheerleaderinnen redet er nach der Pressekonferenz in einen Mikrofonwald. Unter dem Foto steht fett gedruckt: »Amerikanischer Held zu Gast bei Cowboys«, und weiter: »Specialist Brandon Hebert von der Bravo-Squad gestern im Stadion beim Interview. Spc. Hebert und die Bravos beendeten in Dallas ihre Siegestour durch das Land. Die Cowboys verloren 31–7.«
Billy wird einiges an dem ganzen Bericht auffallen, zuallererst, dass die A-Borts Vornamen versaut haben und A-Bort infolgedessen künftig bis in alle Ewigkeit bei seinen Mit-Bravos wahrscheinlich unter »Brandon« laufen wird. Genauer: Bräään -dann, wie pissig-strenge Hilfslehrer es aussprechen würden, so zum Beispiel: Bräään -dann sitzt diesmal draußen am .50er. Bräään -dann geht als Erster rein, sobald Crack die Tür eingetreten hat. Bräään -dann ist in den neuen Duschkabinen an irgendwelche Kabel gekommen und hat sich vor Panik fast eingeschissen. Zweitens wird Billy auffallen, dass A-bort nur im Viertelprofil zu sehenist und die Menschen hinter den Mikrofonen, die er anguckt, gar nicht, aber das Cheerleaderinnentrio voll in die Kamera lächelt und A-bort infolgedessen zur reinen Staffage degradiert ist. Und drittens, dass A-bort so glücklich aussieht. Er ist zweiundzwanzig, uralt in Billys Augen, aber bei A-borts ekstatischem Lächeln auf diesem Foto, seiner jungshaft draufgängerischen Freude in diesem Moment, wird Billy klar, dass sein Teamkamerad im Grunde noch ein Kind ist, ein Junge, der seine Harry-Potter-Bände x-mal wieder liest und der einmal seinem Hund einen »Brief« nach Hause geschickt hatte, genauer einen Lappen, den er tagelang unterm Arm getragen hatte.
Das Foto wird Billy später beklommen machen. Er wird in A-borts Gesicht zu viel Vertrauensseligkeit entdecken, zu viel treuherzigen Glauben an den Segen, den es angeblich bedeutet, wenn man irgendwann mal als Amerikaner geboren wurde, aber zum Zeitpunkt der Aufnahme hat Billy selbst alle Hände voll zu tun. Ganz offenbar sind die Cheerleaderinnen für bestimmte Aufgaben eingeteilt, denn jeder Bravo wird beim Abtreten von der Bühne sofort von exakt drei Mädchen in Empfang genommen, ein Moment von der Kraft, wenn nicht gar Bedeutung einer göttlichen Intervention. Billy traut sich nicht, die Mädchen zu berühren, aber sie schmiegen sich einfach an ihn, schwesterlich nonchalant. Ihr Pfannkuchen-Make-up findet er zwar ein bisschen enttäuschend, aber es stört ihn nicht weiter, sie sind trotzdem einfach bildhübsch und echt nett und straff , lieber Gott, Körper fest wie Stahlgürtelreifen. So eine Ehre, dich kennenzulernen! Willkommen im Texas Stadium! Wir sind so stolz, es ist so toll, dass du heute hier bei uns bist! Oh Mutter aller verfickten Scheiße, als Mann fühlt man sich selbst mit einer hämmernden Migräne wie runderneut unter diesen Mädchen, nein, diesen Frauen, diesen Geschöpfen mit dem duftigen Haardickicht und diesen kleinen Pos, die in eine Hand passen, und diesen schwindelerregendenDekolletés, alpine
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