Die irre Heldentour des Billy Lynn
Pressekonferenz gesagt habe, aber er hört fast nichts, er ist total gebannt von den wunderschönen Umrissen ihres Mundes, wenn sie die Wörter ausspricht
»Du hast so unglaublich toll gesprochen da oben.«
»Ach, ich weiß nicht.«
»Doch, hast du! Du hast es einfach rausgelassen, und das ist stark, die meisten Leute können über so Sachen gar nicht reden. Ich mein, so, Tod, der Tod von deinem Freund, ja? Warst du richtig dicht bei ihm? Muss echt schwer sein, vor lauter fremden Leuten über so was zu reden.«
Billy neigt den Kopf. »Ist irgendwie unheimlich. Dass man gefeiert wird für den schlimmsten Tag seines Lebens.«
»Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Die meisten Leute würden einfach zumachen.«
»Und, wie ist das so, als Cheerleaderin?«
»Och, klasse! Echt viel Arbeit, aber ich find’s toll, ist echt mehr Arbeit, als die meisten mitkriegen. Die sehen uns im Fernsehen und denken, das wär alles, aufbretzeln für die Spiele und tanzen und Spaß haben, aber das ist wirklich bloß ein winziger Teil von dem, was wir alles machen.«
»Wirklich«, sagt er ermunternd. Er fühlt sich innerlich leicht, erfrischt, ein hoffnungsvoller körperlicher Zustand. Beim Reden mit diesem wunderschönen Mädchen wird ihm bewusst, wie kostbar ihm sein unscheinbares Leben doch ist.
»Ja, wir machen wirklich hauptsächlich so gemeinnützige Sachen. Wir gehen ganz viel in Krankenhäuser, wir unternehmen allerlei mit unterprivilegierten Kindern, wir treten bei Benefizveranstaltungen auf und lauter so Zeug. Jetzt zum Beispiel sind ja Ferien, da haben wir vier, fünf so soziale Gigs pro Woche, dazu noch unser Training und die Spielauftritte. Soll jetzt aber keine Klage sein. Ich bin für jede Minute dankbar.«
»Warst du auch mit bei der Truppenbetreuung im Frühjahr?«
»Mein Gott, NEIN, dabei wär ich SO gern mitgefahren, aber ich bin erst seit Sommer hier im Team. Ehrlich, ich STERBE für so eine Tour, nächstes Mal kriegt mich keiner weg vom Flieger.Und die Mädchen, die mit waren, ja? Für die war das so eine Bereicherung, ist bei Sozialarbeit immer so, die Leute sagen ja oft: ›Sie sind aber ein guter Mensch, dass Sie so viel von sich geben‹, aber in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt, wir kriegen so viel zurück. Das war für mich schon immer die größte Befriedigung, als Cheerleaderin leistet man einen Dienst an anderen Menschen. Auch der spirituelle Aspekt da dran. Als ob man eine neue Etappe auf seinem Weg, auf seiner Suche erreicht hätte.« Sie hält inne; einen langen forschenden Moment lang ruht ihr Blick auf Billy, und er weiß, kurz bevor sie weiterredet, was jetzt kommt.
»Billy, bist du Christ?«
Er hustet in eine Faust und guckt weg. Seine Verwirrung ist echt, aber er riskiert nur selten, sie zu zeigen.
»Ich suche noch«, sagt er schließlich und kramt in seinem christlichen Schlagwortverzeichnis, das dank seiner Sozialisation in der texanischen Provinz recht umfangreich ist.
»Betest du?« Sie klingt jetzt weicher, fürsorglicher.
»Manchmal. Wahrscheinlich nicht so oft, wie ich sollte. Aber bei manchem, was wir im Irak gesehen haben, die kleinen Kinder vor allem ... Danach geht das mit dem Beten nicht so leicht.«
Klingt jetzt vielleicht ein bisschen dick aufgetragen, aber gut. Zumindest haben seine Sensoren noch kein falsches Wort registriert.
»Ihr müsst durch so viele schwere Prüfungen, ich weiß. Aber das geht ja ganz oft so im Leben, alles wird so finster, dass wir denken, aus uns selbst ist das ganze Licht raus. Aber es ist noch da, es ist immer da. Wir brauchen nur die Tür einen kleinen Spalt aufzumachen, und das Licht strömt rein.« Sie zieht lächelnd den Kopf ein und gibt ein schüchternes Glucksen von sich. »Weißt du, als wir uns angeguckt haben, bei der Pressekonferenz, ja? Da hab ich gedacht, wieso guckt der von den ganzen Leuten hier andauernd mich an und ich gucke andauernd ihn an? Ich meine,du siehst süß aus und alles, du hast hinreißende Augen ...« Sie kichert, dann nimmt sie wieder allen Ernst zusammen. »Aber ich glaub, jetzt weiß ich, wieso, glaub ich wirklich. Ich glaube, es war Gottes Wille, dass wir uns heute begegnen.«
Billy seufzt, sein Lider fangen an zu flattern, und sein Kopf sackt nach hinten und stößt mit einem dezenten zonk mit der Wand zusammen. Soweit er es beurteilen kann, ist alles wahr, was sie sagt.
»Wir sind alle aufgerufen, Seine Lichter in der Welt da draußen zu sein«, fährt sie fort, dabei streicht sie ihm mit einem
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