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Die irre Heldentour des Billy Lynn

Die irre Heldentour des Billy Lynn

Titel: Die irre Heldentour des Billy Lynn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Fountain
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Pompom über den Arm, und nach etwa dreißig Sekunden Vortrag, wie sie eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus gefunden hat, langt Billy still, sachte, aber entschlossen unter den Pompom und nimmt ihre Hand. Weil, na und. Weil, er ist gerührt. Weil, in zwei Tagen hockt er wieder in der Scheiße, und was könnte, verglichen damit, schlimmstenfalls passieren? Faison wankt nicht, im Gegenteil, ihr Vortrag kommt jetzt richtig in Fahrt. Ihr Brustkorb hebt sich, schwillt an; pflaumenviolette und feuerballrote Treibhausblüten tüpfeln großflächig ihr Gesicht und ihren Hals. Ihre Pupillen sind jetzt doppelt so weit wie vorher, und in ihren Worten wirbeln und klingen schwache flache Schnaufer mit, als wäre sie eben fünf Stockwerke hochgaloppiert.

    Billy geht rückwärts und zieht sie mit. Ein, zwei, drei kleine Schritte, und sie verschwinden in einer schummerigen Nische hinter der Bespannung, wer sie da sehen wollte, müsste sich platt an die Seitenwand drücken. Billy schwenkt sanft herum, Faisons Rücken schmiegt sich an die Rückwand, sie sagt jetzt nichts mehr. Ihr Gesicht wird bauschig, schlaff, etwas Neues, Dickes hat ihre Wangen und Lippen aufgeplustert, der dauerschwingende Unterkiefer ist plötzlich schwer gebremst. Als ob sie gleich einschläft, so nachgiebig ist sie, und Billy neigt sich zu ihr und weiß im selben Moment, vor sechs Wochen hätte er sich eine solche Handlung nicht mal vorstellen können, geschweige denn durchziehen. Vor drei Wochen genauso wenig, vor drei Tagen auch nicht, irgendetwas muss mit ihm passiert sein. Er behält die Augen offen, die ganze Zeit, während Faisons Augen allmählich zu einer einzigen leuchtenden Kugel verschmelzen, wie die Erde, vom All aus fotografiert. Der erste Kuss ist schiere Druckentlastung, ein Gefühl, als ob nur durch die Berührung der Lippen eine Blase zum Platzen gebracht wird. Er tritt einen Schritt nach hinten und entdeckt Lust im Sich-Zurücknehmen. Aus einem guten halben Meter Abstand starren sie sich an. Faison wirkt wie high, weggetreten, dann legt sie den Kopf in den Nacken, und sie küssen sich noch einmal. Er will ihr sagen, wie wunderbar ihre Lippen sind, weicher als alles, was er je berührt hat. Weißt du was, will er ihr sagen, aber das Werkzeug zum Sprechen ist anderweitig beschäftigt, ausgiebig, die Münder trunken vom Untersuchen zarter Haut, und plötzlich, als wäre ein Startschuss gefallen, stürzen sie sich aufeinander wie Zehntklässler unter der Tribüne, ein Hochleistungsmatch der Knutschgymnastik mit dem Ziel, dem anderen seinen ganzen Körper in den Hals zu stopfen, ja zu zwingen.
    »Das ist Wahnsinn «, flüstert sie, als sie zum Atemholen kurz auftauchen. »Wegen so was kann ich aus dem Team fliegen.« Abersofort fallen sie wieder übereinander her, und solange das dauert, ist Billy wunschlos zufrieden.
    »Was hast du bloß an dir?«, murmelt sie beim nächsten Auftauchen. »Was passiert hier mit mir?« Als sie die Lippen wieder ineinanderhaken, drängt und gleitet sein Becken in ihr Becken, wie ein Löffel in Softeis, ein rein motorischer Reflex aus dem unteren Stammhirn. Billy reißt sich sofort zurück.
    »Entschuldige.«
    »Ist schon gut.« Sie mustert ihn einen Moment lang, dann wird ihr Blick unscharf, und ein kleines Verharren, eine Verlagerung in ihrer Lendengegend bedeutet ihm, dass er sich wieder an sie drücken soll. Daheim , denkt er und schiebt sein Gemächte vor, und dann scheint sich ihr innerster Kern zu teilen und ihn zu umspülen. Sie beben. Verdammt schwer, keine Geräusche zu machen. Direkt vor der Trennwand quasseln Leute, leben einfach ihr Idiotenleben weiter. Faison scheint den Tränen nahe, als sie Billy am Revers packt und ihre Beine um seine Hüften schlingt, samt Cowgirl-Stiefeln und sonst was. Er greift unter ihre festen kleinen Pobacken, sie passen genau in seine Hände, er sieht im Geist die Szene als Bild, ein sagenumwobener Hotpants-Arsch in seinen Händen, und im Feuersturm der explodierenden Pheromone durchfährt es ihn: Heilige Scheiße, ich mache hier rum mit einer von den Dallas Cowboys Cheerleaders! Faison geht inzwischen ihrer eigenen Wege, lässt die Hüften schlingern, haucht ihm den Himmel auf Erden ins Gesicht, und jetzt, an diesem Tag, ist Billy bereit zu glauben, dass er etwas Besonderes ist, denn nach nicht mal einem Dutzend Stößen, kommt sie, mit einem machtvollen Zangendruck, einem gekrümmten Aufwärtsruck und einem tief in der Brust festgehaltenen Delfinschrei. Ihr letzter

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