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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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er plötzlich gesprächiger war als sonst, erzählte er mir, dass er vier Söhne habe. Mit vier verschiedenen Frauen. In vier verschiedenen Ländern. Er sagte es so, als wäre es die normalste Sache der Welt, und ich glaubte ihm natürlich kein Wort. Stattdessen dachte ich, was hat er für eine seltsame Art, seine Einsamkeit zu beklagen, was für einen delikaten Humor. Er lacht über sich selbst, um nicht zu verzweifeln, sagte ich mir.«
    Und damit bedankte sie sich und begleitete uns zur Tür. Draußen auf der Straße zog dann jeder von uns seine Schlüsse.
    »Ich glaube, sie konnte unseren Vater nicht ausstehen«, sagte Christophe.
    »Also ich würde eher sagen, sie war heimlich in ihn verliebt, und er interessierte sich nicht für sie«, hielt Christof dagegen.
    »Kann sein – aber ist euch was aufgefallen?«, warf Cristòfol in die Runde. »Sie sagt, sie sprach mit ihm manchmal über Fernsehsendungen. Aber er hat gar keinen Fernseher.«
    »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, hob Chris an: »Ich traue dieser Frau nicht über den Weg. Während wir uns da auf dem Sofa quetschten, wurden meine Finger nervös und fingen an herumzupulen. Das ist so ein Tick, den ich habe. Und ihr wisst ja, diese Falte hinter den Sofakissen, wo Lehne und Sitzfläche aufeinandertreffen, ist immer ein Basar der Seltsamkeiten. Hier, das haben meine Finger gefunden.«
    Er zog die Hand aus der Hosentasche und zeigte uns eine verknickte Spielkarte. Einen Joker. Wir sahen ihn uns genau an und stellten fest, jemand hatte ihn mit einem kleinen Punkt auf der Stirn markiert.
    Wir beschlossen, ein Bier trinken zu gehen. So schlenderten wir an der Bar Carambola vorbei, aus der Stimmengewirr drang, aber wir traten nicht ein, weil wir den Kellner nicht in Schwierigkeiten bringen wollten. Wir setzten uns also in eine andere Kneipe und diskutierten eine Weile lang darüber, was »spätabends« wohl heißen solle. Um Punkt neun Uhr, nach demokratischer Abstimmung, zog Cristòfol sein Telefon hervor und wählte die Nummer, die der Kellner ihm aufgeschrieben hatte.
    »Das Wichtigste: Von mir hast du das alles nicht, ja?«, sagte die Stimme des jungen Mannes, und Cristòfol stellte sich dazu das ängstliche Gesicht vor. »Also hör zu. Der Wirt ist ein Arschloch namens Feijoo, mit zwei Os. Heute Morgen hat er dichtgehalten wie eine Hure. Er selbst hat immer mit am Pokertisch gesessen, und sie spielen auch weiterhin jeden Freitag. Sie lassen draußen den Rollladen runter und schließen sich in der Bar ein, bis es morgens hell wird. Dir wird ja aufgefallen sein, wie müde er aussah. Soweit ich weiß, ist es verboten, um Geld zu spielen, aber da ist sogar ein pensionierter Typ von der Staatspolizei mit von der Partie. Miguélez heißt der, schreib dir den Namen auf. Ich muss in den Nächten immer Dienst machen, also ihnen die Getränke bringen, putzen, die Tür bewachen. Aber«, wiederholte er, »ich habe dir nichts gesagt, ja?«
    Er sprach langsam, trotzdem schien es ihn zu drängen, als seien es Dinge, die er schon lange loswerden wollte. Für Entgegnungen ließ er keine Zeit.
    »Der Mann auf deiner Zeichnung, Delacruz nannten sie ihn, hat sie immer alle gerupft. Auf die eine oder andere Art, ganz geräuschlos, ging er jedes Mal mit viel Geld weg. Alle verloren gegen ihn, manche mehr, manche weniger, und allmählich wurden sie wütend. Keiner konnte sich erinnern, wer ihn hergebracht hatte oder wessen Freund er war. Es machte sie rasend, dass er nicht prahlte, dass er sich nicht betrank, dass er nicht wie jeder andere feierte, wenn er eine fette Runde eingesackt hatte. Sie versuchten ihn zu provozieren, zischten ihm Beleidigungen zu, um ihn aus dem Konzept zu bringen, aber keine Chance. Dieser Delacruz trank immer nur Cognac. Er befeuchtete sich damit die Lippen, jedes Mal, wenn er eine Karte gelegt hatte, und mit einem Glas kam er zwei Stunden lang aus. Einmal zwang mich Feijoo, ihm einen halb vergifteten Brandy aus der Karaffe aufzutischen, der selbst einen Kasernensäufer zum Kotzen gebracht hätte. Aber Delacruz beschwerte sich nicht einmal. Er bat um eine Toilettenpause, die anderen grinsten ihm gehässig hinterher, und nach fünf Minuten kommt der Typ zurück wie neugeboren. Setzt sich und nimmt sie ein weiteres Mal aus. He, bist du noch dran?«
    Cristòfol konnte nur rasch bejahen, da fuhr der Kellner schon mit seinem Redefluss fort.
    »Ich habe dir nichts gesagt, ja? Dabei muss es bleiben. Also irgendwann fing einer von den anderen an,

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