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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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Feijoo zu bearbeiten: Dieser Delacruz sei ein Falschspieler, den müssten sie auffliegen lassen. Die ganze Woche lang war der Wirt dann besessen von der Idee: ›Diesen Freitag schnappen wir ihn uns in flagranti‹, wiederholte er andauernd. Der Freitag kam, und sie trafen sich zehn Minuten vor der Zeit in der Bar. Sie hatten neue Karten dabei und markierten alle Joker mit Filzstift, malten ihnen einen winzigen Punkt auf die Stirn, wie das dritte Auge bei den Hindugöttern. Wenn sie also beim Spielen einen Joker ohne Punkt fänden, hätten sie den Beweis, dass Delacruz heimlich Karten vertauschte. Das war es nämlich, was sie annahmen. Und als sie alles vorbereitet hatten, zeigte uns Miguélez eine Pistole. Er trug sie in der Innentasche seines Mantels. ›Ist nicht geladen‹, sagte er. ›Aber wenn nötig, jagen wir ihm damit einen schönen Schrecken ein.‹«
    Cristòfol wollte etwas sagen, doch wieder ließ ihm der Kellner keine Zeit. Ihm war nun klar, das Gespräch würde sich noch hinziehen, und so nahm er das Telefon ans andere Ohr und bedeutete uns mit einer Geste, dass wir ruhig bleiben sollten.
    »Verstehst du, ich weiß nicht, ob Delacruz betrog oder nicht. Es ist mir egal. Mir gefiel es, dass er all diese Fieslinge schön ausnahm. Ich stellte ihnen also die Getränke auf den Tisch und ging raus, tat so, als würde ich den Eingang fegen. Nach ein paar Minuten sah ich Delacruz den Carrer Almogàvers hochkommen. Als er an mir vorbeiging, flüsterte ich ihm zu, er solle aufpassen. Er blieb stehen, sah mich verwundert an und fragte: ›Worauf denn?‹ – ›Der Wirt und seine Freunde haben schlechte Laune‹, sagte ich. ›Die wollen dir was.‹ Er dankte mir. ›Der Bulle hat eine Knarre dabei, aber keine Sorge, ist nicht geladen‹, fügte ich im letzten Moment noch hinzu. Er trat ein, als wäre nichts. Völlig ruhig. Als ich etwas später auch wieder reinkam, spielten sie schon. Delacruz saß wie immer mit dem Rücken zur Bar, ich sah sein Gesicht nicht, aber wie er dasaß, das flößte mir großen Respekt ein. Konzentriert und reglos, du hättest denken können, er erwartet mit verbundenen Augen ganz seelenruhig sein Erschießungskommando. Ich stellte ihm sein Glas Cognac auf den Tisch, und er sah mich nicht einmal an. Ich brachte den anderen noch eine Runde Cuba Libres. Sie spielten schweigend, lauernd und nervös, rauchten wie die Schlote. Alle in Alarmbereitschaft. Von Runde zu Runde häuften sich immer mehr Scheine in der Tischmitte. Erst nach einer Stunde fingen sie an, sich zu entspannen und auch mal zu lachen. Da hatten sie alle ein paar Spiele gewonnen. Alle bis auf Delacruz, der verlor und verlor und verlor. Was ich dir sage, ist die reine Wahrheit, verstehst du? Ich denke mir das nicht aus. Gegen zwei Uhr hatten sie ihn komplett gefleddert. Ich spreche hier von richtigen Summen, die Einsätze waren immer sehr hoch. Siebzig- oder achtzigtausend Peseten. Er sagte: ›Ich steige aus, ich habe keinen Fünfer mehr‹, aber Feijoo erwiderte: ›Kommt nicht infrage. Hier hat jeder mal eine schlechte Nacht gehabt, und jeder ist bis zum Schluss geblieben. Heute bist du dran.‹ Von außen betrachtet war klar, dass Delacruz absichtlich verlor, aber das merkten die Idioten anscheinend nicht. Sie waren geblendet von dem Geld, das sie ansammelten. Delacruz sagte: ›Das sind nicht die Spielregeln. Jeder weiß, wenn du alles verloren hast, darfst du Schluss machen.‹ Sie starrten ihn fassungslos an, er trank seinen Cognac in einem Zug aus, stand auf und zog seinen Mantel über. Als er sich abgewandt hatte, brüllte Miguélez: ›Du gehst nirgendwohin, ehe ich es dir sage! Setz dich wieder hin, du Hurensohn!‹ Und er richtete die Pistole auf ihn. Delacruz drehte sich wieder um und sah die Waffe. Er hob die Hände wie bei einem Überfall und machte mit dieser Geste die Situation noch beklemmender. ›Ganz ruhig bleiben‹, rief einer der Spieler. Und Feijoo befahl: ›Zurück an den Tisch. Ich gebe dir Kredit, damit du weiterspielen kannst. Aber morgen früh zahlst du mir alles bis auf die letzte Pesete zurück, bei der Mutter, die dich geboren hat.‹ ›Damit er weiter verlieren kann, wolltest du sagen‹, unterbrach ihn Miguélez, und alle lachten. Ich blickte Delacruz an und bewunderte ihn, denn ich sah, er hatte die Lage im Griff. Alles lief nach Plan. Er setzte sich wieder, unterschrieb den Schuldschein, den Feijoo ihm hinhielt, und nahm das Geld. Dann verlor er weiter, wie ein Grünschnabel, bis es Tag

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