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Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition)

Titel: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordi Punti
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sein, sagte sie sich, das ist nur ein geschmackloser Scherz. Ein hysterisches Lachen wollte ihr entfahren, aber schon das erste »Ha!« verwandelte sich in ein verzweifeltes Schluchzen. Am anderen Ende der Halle warf der Mann die Zeitung in einen Abfalleimer. Dieser Anblick belebte sie. Mit vier langen Schritten war sie aus dem Käfig hinaus, rannte los, schnappte sich das Blatt und las sofort im Stehen noch einmal die Todesanzeige. Serafín Bundó Ventosa. War er es, der Mann, mit dem das Schicksal sie am Tag zuvor zusammengeführt hatte? Sie prüfte das Geburtsjahr, 1941, ja. Noch einmal: 1941, und ob. Hundert Mal las sie den Namen wieder, gesetzt in traurigen Kapitälchen, und durchlebte wieder ihre Begegnung mit ihrem Serafí, dem falschen Bundó, Gabriel, dem Mann mit dem Gipsarm, nennt ihn, wie ihr wollt. Der Kopf begann sich ihr zu drehen, und sie verlor das Bewusstsein zum ersten Mal an diesem Tag.
    Christofs, all das erzähle ich selbst, weil meine Mutter davon nichts mehr wissen möchte. Sie schämt sich heute für die ganze Sache, als wäre sie schuld daran.
    Die Todesanzeige im Correo Catalán war das Werk der Sekretärin Rebeca, vermutlich hinter dem Rücken von Herrn Casellas, der nur die Vanguardia las. Im Text hieß es, die Kollegen beim Umzugsunternehmen La Ibérica wollten die Leser über »diesen schmerzlichen Verlust« in Kenntnis setzen und baten darum, für die Seele des Verstorbenen zu beten. Weiterhin war zu lesen, die Beerdigung finde am heutigen Donnerstag statt, um vier Uhr nachmittags auf dem Friedhof der Pfarrkirche Sant Salvador in der Ortschaft El Vendrell im Penedès.
    Porras und Sayago, die gerade den Marmor der Halle auf Hochglanz polierten, waren die Ersten, die Rita zu Hilfe eilten. Sobald sie wieder zu sich kam – auf dem Boden ausgestreckt, Sayago fächelte ihr mit der verfluchten Zeitung Luft zu –, fragte sie nach der Uhrzeit. Sie halfen ihr auf die Beine. Es war zehn Uhr morgens. Die zwei Meister der Reinlichkeit begleiteten sie zum Käfig, und ihrer Gewohnheit gemäß übertrieben sie Ritas Ohnmachtsanfall und plusterten ihn zum Schicksalsschlag einer romantischen Heldin auf. Sie entschuldigte sich damit, dass sie noch nicht gefrühstückt habe, doch der Bürochef fand sie so bleich und anämisch, dass er sie nach Hause schickte.
    Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Sie schob die Akte des Mannes mit der Zeitung auf die Ablage und lief zur Bushaltestelle. Als sie unsicheren, aber eiligen Schritts an Sayago vorbeikam, hörte sie ihn wispern: »Kleine, bist du etwa schwanger?«
    »Das wäre ich gerne!«, gab sie mit Tränen in den Augen zurück. Und es klang, als meinte sie es ernst.
    Nun begab sich Rita auf eine strapaziöse Reise, um der Beerdigung beizuwohnen. Zunächst brachte ein Arbeiterbus sie zurück nach Barcelona, und an der Haltestelle Passeig de Gràcia kaufte sie rasch eine Fahrkarte nach El Vendrell. Im letzten Moment zwängte sie sich durch die schon schließenden Türen des Zugs.
    Als sie sich im Waggon nach einem Sitzplatz umsah, fragte ein mürrischer Greis, ob nun schon Frauen als Kontrolleure eingesetzt würden. Ohne sich umzukleiden, war sie aus dem Flughafen gelaufen, in ihrer Käfiguniform. Sie fand ein leeres Abteil und zog die Jacke aus, um weiteren Missverständnissen vorzubeugen und sich nicht ganz so fehl am Platz zu fühlen. Die Heizung lief mit voller Kraft, wie immer im Winter, und auf einmal war sie für diese behagliche Wärme dankbar. Doch mit der Ruhe kamen die Tränen und die Grübelei zurück. Sie wollte nicht an ihr eigenes Unglück denken, denn das erschien ihr ungerecht gegen Serafí. Aber wenn sie sich auf ihn konzentrierte, füllte sich ihr Kopf mit unbeantwortbaren Fragen. Zum Beispiel wie er gestorben war. Wer ihn gefunden hatte. Am Vortag hatte er sehr erschöpft gewirkt, aber doch nicht so, als würde er tot zusammenbrechen. Und wenn sie der letzte Mensch gewesen war, der mit ihm gesprochen hatte? Was für eine nutzlose Ehre. Wie auch immer: Fest stand, dass sie nun abermals in Trauer war, wie schon nach dem Tod ihrer Eltern. Eine seltsame Trauer, eine, die auf sie zurückzuprallen schien; und sie musste an das Sprichwort vom Haus denken, bei dem man das Dach zuerst gebaut hat.
    Bei der Wärme und dem Rattern des Zugs, in ihre Gedanken verheddert, schlief Rita ein. Erst geraume Zeit später erwachte sie wieder. Und zwar weil der Zug angehalten und ein durchdringendes Piepsen sich den Weg in ihren Traum gebahnt hatte. In

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