Die italienischen Momente im Leben
verwandeln, da die Dörfer winzig sind, ein Gewirr aus kleinen Gassen, und es praktisch keine Parkplätze gibt.
Jack hat uns mit einer besonderen Fahrkarte belohnt, der »5terre Card«, mit der man unbegrenzt Züge und Busse benutzen kann, die zu den Sehenswürdigkeiten der Cinqueterre fahren. Erste Station ist Monterosso, wo wir auch unser Hotel haben.
Wenn Sie in den Cinqueterre übernachten wollen, dann rate ich Ihnen, sich ein Quartier in Monterosso zu besorgen, da es das größte der fünf Dörfer ist und die meisten Unterkünfte hat. Es besteht aus zwei Teilen: dem sehr hübschen, malerischen historischen Ortskern mit den typischen bunten Häusern und der breiten, bequemen Strandpromenade von Fegina. Die beiden Ortsteile sind durch einen kurzen Tunnel miteinander verbunden, durch den man gut laufen kann, oder man nimmt die kleine Aussichtsstraße über die Felsen. Monterosso hat auch als einziges der Dörfer einen richtigen Strand. Wenn Sie also im Sommer ein wenig Entspannung und Sonnenbräune suchen, ist hier der ideale Platz dafür.
Wir sehen uns den historischen Ortskern an und essen in einem der kleinen Restaurants, die überall in den Gassen zu finden sind: trofie , eine lokale Variation von Gnocchi mit Pesto, pansotti , Nudeldreiecke mit Nussfüllung, und eine gemischte Platte mit frittiertem Fisch … das ist doch was anderes als das Abendessen im Selbstbedienungsrestaurant von San Remo! Übrigens, die Restaurants in den Cinqueterre sind etwas teuer, aber da überall die Speisekarte aushängt, machen Sie am besten zuerst einen Rundgang und studieren sie, bevor Sie sich ein Lokal aussuchen … Wenn man sich ein wenig umsieht, kann man auch dort zu einem vernünftigen Preis gut essen.
Am Tag darauf nehmen wir die Regionalbahn Richtung Vernazza. Wenn man den Zug von den Hügeln aus betrachtet, sieht er aus wie eine Eisenschlange, die in ihrer unterirdischen Höhle dahinkriecht. Erst im Dunkel der Erde verwandelt sie sich in eine lange Leuchtspur. Eine Dunkelheit, die nur Minuten währt, aber einem tief in der Erde wie Stunden vorkommt.
Wie der Blitz einer Verpuffung blendet plötzlich gleißendes Licht unsere Augen. Der Zug hält an. Draußen unter dem Schutzdach erscheint ein von einer kleinen Neonröhre beleuchtetes Schild. Der eisenhaltige Staub darauf kann die weiße Schrift nicht ganz überdecken: Vernazza.
Nur zwölf Stufen führen vom Bahnhof ins Zentrum: Das Dorf öffnet sich uns mit der gleichen Leichtigkeit wie der Weg dorthin. Die Via Roma mit ihren bunten Häusern empfängt uns wehmütig, bietet sich zunächst breit und menschenleer dar, um sich dann langsam zum kleinen Hafen hin zu verengen.
Ich bin vor Jahren schon einmal hier gewesen, und mir ist dieser Sommerabend mit meiner Frau und meiner neugeborenen Tochter im Gedächtnis geblieben. Doch weit mehr als an den langen Sommerabenden, wo auf dem Höhepunkt des touristischen Zustroms jedes Fensterchen wie ein kleiner Leuchtturm in der dunstigen Schwüle wirkt, offenbart sich erst jetzt in der aufsteigenden Feuchte eines Herbstabends die Melancholie dieses Ortes zur Gänze: eine auf den Wassern schwankende Leuchte am Bug eines Schiffes, von den Wellen gewiegt, das sich dunkel und geheimnisvoll vor dem Horizont abzeichnende Meer, die verlassenen Gassen, die leeren Terrassen, die gedämpften Farben und die geschlossenen Fensterläden, hinter denen kein Licht mehr brennt. Meine sommerliche Erinnerung verliert sich in der Einsamkeit des Novembers. Aber es ist eine angenehme Einsamkeit.
Am Mittwoch stehen wir schon um acht Uhr auf und frühstücken auf dem kleinen Balkon im Hotel. Um halb elf steigen wir in die Regionalbahn Richtung Manarola, das als eines der schönsten Dörfer Italiens gilt. Am dortigen Bahnhof geben wir unser Gepäck ab und nehmen den kleinen Ökobus vor dem Museum dello Sciacchetra’ , wo man alles über die Produktion des gleichnamigen Dessertweins erfahren kann. Wir fahren nach Volastra, einem anderen kleinen Ort in 334 Metern Höhe, der vor nicht allzu langer Zeit noch ziemlich isoliert lag und mit der Außenwelt nur durch hundert steile Stufen quer durch die Weinberge verbunden war, während heute eine bequeme Straße von Manarola über Volastra nach Corniglia führt. Nachdem wir die Kirche Nostra Signora della Salute hinter uns gelassen haben, empfiehlt uns Jack den etwa einstündigen Abstieg auf einem Wanderweg mit postkartenreifen Ausblicken auf das Meer. Da es auf dem letzten Stück ziemlich steil bergab geht,
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