Die italienischen Momente im Leben
Computer, klickt mit der Maus etwas in der Menüleiste oben rechts an, »Zeit und Ort«. Es dauert keine fünf Stunden mehr, sondern nur zwei Sekunden, um die Zeit und das Datum zu verstellen. Jetzt ist es einfach acht Uhr morgens des folgenden Tages, alles erledigt. Meine Erklärung kommt wenige Minuten vor Schließung des Büros und vielleicht auch der Computerterminals aus dem Drucker. Ich habe es geschafft!!!
8.20 Am nächsten Tag, Piazza del Duomo, Tag
Die Kamera macht einen Schwenk auf Giottos Campanile, die Türen des Baptisteriums und die majestätische Kathedrale (die fünftgrößte in Europa nach dem Petersdom, der Saint Paul’s Cathedral in London, der Kathedrale von Sevilla und dem Mailänder Dom). Ich breche ab. Zoom auf Brunelleschis Kuppel. Ein Touristenführer hinter mir wendet sich an eine Gruppe Studenten, die die Nasen nach oben streckt:
»Sie haben sicher bemerkt, dass die extrem vertikale Ausrichtung der Kuppel, die aus technischen Gründen erst im Nachhinein auf den Dom gesetzt wurde, keineswegs die bereits vorhandenen Proportionen beeinträchtigt, sondern im Gegenteil das Gesamtbild noch in eine einfachere und einheitlichere Perspektive erhöht.
Diese neue Vorstellung von Proportionen, von Klarheit, geometrischen Linien, die in klarem Gegensatz zu den damals dominierenden Auswüchsen der Bürokratie stehen, stehen in vollkommenen Einklang mit der für den großen Architekten der italienischen Renaissance typischen Tendenz zur Vereinfachung.«
Vielleicht hatte Brunelleschi Dante nicht gelesen, oder es gab schlichtweg damals noch keine Einschreiben. Bestimmt hätte er die geometrische Aussage eines anderen berühmten Italieners, der einige Jahrhunderte nach ihm geboren wurde, nicht geteilt: »Italien ist das Land, wo die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten eine Arabeske ist« (Ennio Flaiano).
8.
CINQUETERRE
1995
Wir sind zu viert in San Remo: ich, Jack und zwei weitere Schauspieler von der Truppe. Giacomo, Spitzname Jack, ist nicht nur unser Produzent, sondern ein regelmäßiger Gast in Spielkasinos. Er besucht uns ab und zu auf der Tournee, und zwar rein zufällig immer dort, wo er in der Nähe einen Spielautomaten oder einen Roulettetisch findet.
Und hier in diesem eleganten Ort an der Blumenriviera bestand er natürlich darauf, dass wir ihn in die berühmte Spielbank begleiten. Sein Instinkt hatte ihm die Vorahnung eingegeben, dass er dank eines besonderen Systems an diesem Abend eine hübsche Summe beim Roulette gewinnen würde. Als Gegenleistung für unsere Begleitung hatte er uns einen Ausflug in die Cinqueterre versprochen. Sein System stützte sich auf folgenden empirischen Grundsatz: »Vierundzwanzig Zahlen kommen öfter vor als die anderen dreizehn einschließlich der Null.« Ich brauche mich nicht lange mit der Gültigkeit dieses Gesetzes aufzuhalten, da es sich – wie er selbst zugibt – ganz eindeutig aus einer Wahrscheinlichkeitsrechnung ergibt, außerdem kann jeder in irgendeiner beliebigen Fachzeitschrift seine absolute Gültigkeit nachprüfen, indem er dort die Statistiken liest. Die Methode ist ganz einfach und lässt sich in den folgenden zwei Regeln zusammenfassen: 1) Man spielt gleichzeitig zwei Dutzend (oder Reihen) und setzt beim ersten Mal jeweilseinen Jeton auf jede Zahl. Wenn man gewinnt, hat man einen Jeton verdient und fängt von vorn an. 2) Verliert man, verdoppelt man den Einsatz des letzten Spiels und halbiert ihn beim nächsten gewonnenen Spiel. Haben wir zum Beispiel einen Einsatz von vier Jetons verloren, dann setzen wir beim nächsten Mal auf jedes Dutzend, das wir spielen, acht Jetons. Gewinnen wir bei einem Einsatz von vier Jetons, dann setzen wir beim nächsten Mal je zwei Jetons auf die entsprechenden Dutzend. Bei dieser Vorgehensweise erreicht man ein ausgeglichenes Ergebnis, weil man genauso oft gewinnt wie verliert.
Es ist einfacher, die Methode umzusetzen, als sie zu beschreiben, aber ich versichere Ihnen, dass sie an jenem Abend funktionierte und Jack über fünf Millionen Lire gewann!!!
Am nächsten Tag, einem Montag und deshalb wie immer frei, treffen meine beiden Kollegen und ich ihn pünktlich um zwölf Uhr am Bahnhof.
Die Cinqueterre lassen sich bequem mit dem Zug erreichen, nein, das ist sogar die angenehmste Art, sie zu besuchen. Eine kleine Regionalbahn, die sehr häufig verkehrt, verbindet die Dörfer miteinander. Die Anfahrt ist natürlich auch mit dem Auto möglich, aber dann könnte sich Ihr Aufenthalt in einen Albtraum
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