Die italienischen Momente im Leben
kehrt meine gute Laune zurück. Ich stelle mich vor, bedanke mich im Voraus und erzähle, worum es geht.
»Was Ihnen mein Kollege aus dem Erdgeschoss zu erklären versucht hat, ist Folgendes: Sobald Genehmigungen einmal das Haus verlassen haben, sind sie bei uns leider nicht mehr nachzuverfolgen. Wenn die Post nicht für ihre Versandzeiten garantieren kann, ist das deren Problem … Sicher besteht die Möglichkeit, ein Duplikat zu bekommen, aber auch das muss im Vorgang verzeichnet werden, und der betreffende Schalter ist nur donnerstags geöffnet, also wieder in drei Tagen.«
»Das geht nicht, ich muss unbedingt morgen Vormittag drehen, der Beitrag geht übermorgen auf Sendung …«
»Dann empfehle ich Ihnen, eine Verlustanzeige bei den Carabinieri zu stellen. Kommen Sie damit wieder her, und dann sehen wir, wie wir die Sache beschleunigen können. Vielleicht können wir das Protokoll umgehen und direkt die Unterschrift des Abteilungsleiters bekommen.«
»Danke … Aber entschuldigen Sie, kommt es Ihnen nicht ziemlich absurd vor, dass ich ein Einschreiben als verschwunden anzeigen soll, das ich nie bekommen habe?«
»Ich habe es Ihnen doch schon erklärt. Wir können nicht für die tatsächliche Zustellung eines Schriftstücks garantieren … Deshalb müssten Sie sich nun eigentlich an die Postpolizei von Rom wenden. Aber Sie sind ja jetzt hier … Deshalb … hören Sie auf mich … zeigen Sie den Vorgang bei den Carabinieri an, und kommen Sie wieder zu mir. Ich sehe dann zu, dass ich Ihnen das Duplikat ausstelle.«
12.30 Carabinieri-Station
»Ich schätze Ihre Ehrlichkeit, mein Herr, aber Sie können keine Verlustanzeige für etwas aufgeben, was Sie nie gesehen oder besessen haben.«
»Das hat man mir aber geraten …«
»Sie können natürlich eine Verlustanzeige aufgeben, aber die Voraussetzung dafür wäre, dass Sie das betreffende Einschreiben erhalten und es inzwischen verloren hätten … verstehen Sie mich?«
Ich bin am Rand eines Nervenzusammenbruchs.
»Sie haben ja vollkommen recht, aber ich bin jetzt in ziemlichen Schwierigkeiten. Die von der Stadtverwaltung können mir bis Donnerstag nicht einmal ein Duplikat ausstellen, und ich muss morgen früh unbedingt diese Aufnahmen in den Kasten kriegen …«
»Verzeihen Sie, warum tun Sie nicht eins?«
»Was denn noch?«
»Gehen Sie zurück zur Stadtverwaltung, und unterschreiben Sie dort eine einfache Erklärung, in der Sie bestätigen, dass Sie das Einschreiben nie erhalten haben. Das geht ganz einfach! Lassen Sie sich das von einem Vorgesetzten dort unterschreiben, und Sie werden sehen, niemand hat etwas einzuwenden. Wenn morgen ein Polizist auf dem Domplatz kontrolliert, zeigen Sie ihm einfach dieses Schreiben, und das gilt als Duplikat. Basta.«
»Aber wenn es so einfach ist, warum hat man es mir nicht in der Stadtverwaltung gesagt?«
»Sie werden mit irgendeinem x-beliebigen Beamten gesprochen haben … Was soll der schon wissen! Wenden Sie sich direkt ans Verwaltungsbüro.«
14.00 Stadtverwaltung, Vorzimmer des Verwaltungsdirektors
»Entschuldigen Sie, kann ich nicht eine einfache Anfrage auf einem weißen Blatt stellen und mir das vom Direktor persönlich unterzeichnen lassen …?«
»Der Direktor ist nur vormittags da, sonst hätte ich schon Ihrer Bitte entsprochen. Lassen Sie mich nachdenken …«
Hektik bricht aus, und meine Vorzimmerdame berät sich mit den anderen beiden Sekretärinnen, um wieder einmal einenAusweg aus einer der unzähligen verfahrenen Situationen zu finden, in die der italienische Staat die Bürger und vor allem seine armen Beamten bringt. Mir schwant allmählich immer mehr, dass ich die Dreharbeiten absagen muss.
»Morgen um acht muss ich auf dem Domplatz sein. Ich habe schon die Jungs zum Dreh bestellt …«
Sie sieht mich erstaunt an, anscheinend hat irgendetwas an meinen Worten ihre Neugier erregt.
»Die Jungs?«
»Ja, die vom Filmteam.«
»Mein Sohn ist ein guter Requisiteur, er hat für den Film gearbeitet …«
»Ist er das auf dem Bild? Mein Kompliment, Signora, ein gut aussehender Junge. Versetzen Sie sich doch einmal in meine Lage, was soll ich den armen Leuten denn sagen: ›Das war nur Spaß, geht nach Hause, weil die Genehmigung nicht gekommen ist‹?«
14.20 Immer noch Stadtverwaltung, Vorzimmer des Verwaltungsdirektors
Die Lösung ist nahe. Die ältere Sekretärin hat einen Weg gefunden, wie man das Hindernis umgehen – sprich die Software austricksen – kann. Sie setzt sich vor den
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